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„Es gibt keinen Grund zu weinen“

Lesezeit 3 Minuten

Bundeskanzlerin Angela Merkel (r.) begrüsst Lotte Multhaupt (l.) und Libeth Werhahn, Töchter Konrad Adenauers.

BAD HONNEF-RHÖNDORF. Es ist nur ein kurzer Augenblick. Gerade ist Angela Merkel auf dem Weg vom Auto zur Kirche. Da bleibt sie stehen, dreht sich nach links, gibt dem jungen Mann die Hand und begrüßt ihn freundlich. Dann verschwindet die Bundeskanzlerin im Innern des Gotteshauses. Martin Trojahn wirkt ein wenig verdutzt. Gemeinsam mit seinen Mitschülern vom Nell-Breuning-Berufskolleg ist er gekommen, um Deutschlands Regierungschefin einmal live zu erleben. Dass sie ihm persönlich die Hand geben würde, damit hat er wirklich nicht gerechnet.

Nicht viele

Schaulustige

Neben den gut 20 Schülern von „Haus Rheinfrieden“ sind gestern Vormittag nicht viele Schaulustige auf den Straßen, um einen Blick auf Angela Merkel zu erhaschen, die am 40. Todestag Konrad Adenauers zu seinem Gedenken nach Bad Honnef gekommen ist.

Die Kirche ist etwas mehr als halb gefüllt, als Monsignore Paul Adenauer gemeinsam mit Monsignore Dechant Franz Lurz, Studiendirektor Herbert Breuer und Diakon Franz Gunkel den Gedenkgottesdienst zelebriert. Die persönlichen Erinnerungen an seinen Vater in Verbindung mit der Predigt, in der er Konrad Adenauer mit dem heiligen Thomas vergleicht, bewegt die Menschen. „Als ich heute vor 40 Jahren mit meinen sechs Geschwistern am Sterbebett saß, zeigte mein Vater auf ein Bild, das über seinem Bett hing, und sagte: ,Es gibt keinen Grund zu weinen. Dann starb er“, erzählt Paul Adenauer. Das Bild, sagt er, zeigte Gottvater mit ausgebreiteten Armen, den Gekreuzigten auf einem Stuhl vor sich.

Nach dem Ende des Gottesdienstes geht alles ganz schnell: Angela Merkel, begleitet von Bundestagspräsident Norbert Lammert und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, steigt in ihren Dienstwagen, die geladenen Gäste in Taxis - und schon geht es zur Kranzniederlegung. Diese dauert keine fünf Minuten. Nächste Station ist dann auch schon die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus.

Während sich die Gäste nach und nach im Ausstellungsgebäude einfinden, zeigen die Adenauer-Kinder Paul und Georg Adenauer, Libet Werhahn und Lotte Multhaupt der Bundeskanzlerin das frühere Wohnhaus Konrad Adenauers. Die Presse darf nicht dabei sein - ein paar private, familiäre Momente.

Kurz Merkels Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bad Honnef, dann begrüßt die frühere Bundesministerin Dorothee Wilms, Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung, die Regierungschefin in der Ausstellung - ganz offiziell. „Von Konrad Adenauers Zielsetzungen Frieden, Freiheit und Einheit für Deutschland und Europa ist vieles in den vergangenen 40 Jahren realisiert worden“, sagt Wilms. Merkel sei übrigens nicht das erste Mal zu Gast, aber zum ersten Mal als Bundeskanzlerin - und als EU-Ratspräsidentin.

Angela Merkel lobt die Verdienste Konrad Adenauers: Der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland habe mit Prinzipientreue und christlichem Menschenbild grundsätzliche Entscheidungen getroffen, die das Bild des geachteten Deutschlands in der Völkergemeinschaft auch heute noch prägten. Seine politischen und menschlichen Leitlinien seien nach wie vor hochaktuell.

Von einer „großen Ehre für die gesamte Familie“ spricht Libet Werhahn mit Blick auf den hohen Besuch. Sie erinnert daran, dass die Familie noch 1967 - also kurz nach dem Tod Konrad Adenauers - Haus, Garten und den schriftlichen Nachlass der Bundesregierung schenkte, die ihrerseits die Gedenkstätte gründete, die seither an das Leben und Wirken Adenauers erinnert. Knapp drei Millionen Menschen aus der ganzen Welt waren in den vergangenen vier Jahrzehnten bereits zu Besuch. „Es ist ein Ort des Erinnerns und des Lernens“, sagt Libet Werhahn. Denn er sei nicht nur eine Gedenkstätte mit Museum, sondern auch ein Archiv und eine Forschungseinrichtung.

Zum Dank für ihr Kommen überreicht Libet Werhahn der Kanzlerin die neueste Publikation der Stiftung: das Buch „Freundschaft in schwerer Zeit“ mit größtenteils unbekannten Briefen Konrad Adenauers zwischen 1933 und 1949 an Dora Pferdmenges. Es ist gestern im Buchhandel erschienen. POLITIK SEITE 5