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Elektroschocker als Schirm getarnt

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BONN. Auf den ersten Blick sieht es wie ein ganz gewöhnlicher Taschenregenschirm aus, was Kriminaltechniker Georg Prüfling da in der Hand hält. Zieht man die Hülle ab, kommt jedoch kein hübsch gemusterter Regenschutz zum Vorschein, sondern ein dicker Elektroschocker: Bei 40 000 Volt und mehr kann damit jeder im Handumdrehen außer Gefecht gesetzt werden.

Nach dem Gesetz waren und sind solche gefährlichen „Kuriositäten“, wie sie in der Asservatenkammer der Bonner Polizei liegen, verboten. Mit der Neuregelung des Waffenrechts, die mit dem heutigen 1. April in Kraft tritt, wird die Liste der verbotenen Waffen um einges länger: Ob Wurfsterne oder Butterflymesser, Springmesser oder Reizstoffsprays, Schlagringe oder Soft-Air-Pistolen ab einem bestimmten Energiewert - wer damit erwischt wird, macht sich strafbar.

„Es sind insbesondere Waffen verboten worden, die immer wieder in den Händen von Jugendlichen gefunden worden sind“, erklärte Erster Hauptkommissar Prüfling gestern vor der Presse. „Die Eltern sind meistens überrascht, wenn sie von meinen Mitarbeitern damit konfrontiert werden, dass ihre Kinder mit Waffen irgendwelchen Unsinn angestellt haben“, ergänzte Polizeipräsident Wolfgang Albers. Er riet ihnen, einmal genau nachzuschauen, was ihre Kinder in den Schubladen und Taschen aufbewahren.

Jürgen Nimptsch, Leiter der Gesamtschule in Beuel, schloss sich dem Appell an. Aber auch die Prävention sei wichtig: „Vor vier Jahren habe ich bei einem 13-Jährigen eine Waffe entdeckt. Die Eltern wussten nichts davon“, berichtete er. „Wir haben danach in Zusammenarbeit mit der Polizei Aufklärungsarbeit geleistet, was dazu geführt hat, dass wir in den vergangenen vier Jahren keinen einzigen Fall mehr an unserer Schule hatten.“

Auch für Gas- oder Schreckschusspistolen gelten ab heute neue Regelungen. Für sie benötigt man einen „kleinen Waffenschein“, sofern man sie außerhalb der eigenen vier Wände mit sich führen will. Er wird gegen eine Gebühr von 50 Euro vom Bonner Polizeipräsidium ausgestellt. Jeder, der ohne diese Bescheinigung erwischt wird, riskiert eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Gerade mit Gas- und Schreckschusspistolen hatte die Bonner Polizei in der Vergangenheit des öfteren zu tun: „Bei der Mehrzahl der Raubüberfälle auf Tankstellen oder andere Verkaufsstellen werden von den Tätern genau diese Waffentypen verwendet“, sagte Georg Prüfling. „Sie sind von der Industrie bewusst so gemacht, dass sie scharfen Waffen täuschend ähnlich sehen.“ Nicht einmal Kollegen könnten sie auf den ersten Blick auseinander halten.

Der Polizei beschert die Verschärfung des Gesetzes zunächst einmal einen Haufen Arbeit: „Sie führt zu einem erheblich höheren Verwaltungsaufwand. Wir müssen verstärkt Personen überprüfen, haben detailliertere Verfahren durchzuführen und damit deutlich längere Bearbeitungszeiten“, sagte Polizeipräsident Albers. Er verwies auf eine Amnestie-Regelung, die bis zum 31. August gilt: Wer bis dahin bei der Bonner Polizei Waffen abgibt, für die er keine Erlaubnis hat, kommt straffrei davon.

www.polizei-bonn.de