Trotz einer Aufwärtsbewegung im Frühjahr, beschreibt Andreas Ehlert, NRW-Handwerkspräsident, die aktuelle Situation als „Konjunktursumpf“. Weniger Aufträge und Investitionen verunsichern die Branche.
Handwerkspräsident klagtNRW-Handwerk steckt im „Konjunktursumpf“
Die Wirtschaftskrise in Deutschland hält trotz des überraschenden Mini-Wachstums im dritten Quartal an – und sie erreicht allmählich auch die bislang überraschend robusten Handwerksbetriebe an Rhein und Ruhr. Von der noch im Frühjahr erwarteten Aufwärtsbewegung sei nichts mehr zu spüren, klagte NRW-Handwerkspräsident Andreas Ehlert bei der Vorstellung des Herbstgutachtens im Kammerbezirk Düsseldorf. Sein besorgtes Fazit: „Das Handwerk steckt im Konjunktursumpf fest.“
Das Auftragspolster der Betriebe im Land ist demnach im Schnitt von 9,3 auf 8,7 Wochen geschrumpft. Nur noch 14 Prozent der Unternehmen planten für das kommende halbe Jahr Investitionen, was einen „seltenen Tiefstwert“ bedeute, so Ehlert. Das Zutrauen in eine schnellere Besserung der Situation sei verlorengegangen. Der Handwerkspräsident sprach von „verfestigtem Pessimismus“.
43 Prozent melden guten Geschäftseingang
Zwar sei die Lage für einen Großteil der Betriebe in NRW noch auskömmlich. 43 Prozent meldeten weiterhin einen guten Geschäftseingang. Doch 36 Prozent der Betriebe verzeichneten sinkende Auftragseingänge. Als problematisch erweist sich, dass vor allem die Baubranche als wichtigster Bereich des Handwerks aktuell am Boden liegt. Im September lag die Zahl der Baugenehmigungen auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten.
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Lediglich die sogenannten Klimagewerke wie Dachdecker, Installateure und Heizungsbauer stehen nach Angaben der Handwerkskammer weiterhin gut da. Als kuriose Spätfolge der Debatte um das umstrittene Heizungsgesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) markierte Ehlert die Tatsache, dass auffallend viele Hauseigentümer weiterhin nicht auf die klimaschonende Wärmepumpe setzten, sondern stattdessen auf neue Gas-Thermen: „Wir haben nach wie vor die Tendenz, dass viele Leute sich eine neue Gasheizung einbauen lassen und sagen: Da habe ich 20 Jahre Ruhe und nach mir die Sintflut“, so Ehlert.
Der Handwerkspräsident forderte von Bund und Land schnelle Abhilfe und nannte ein ganzes Füllhorn an Beispielen: deutlichen Bürokratieabbau, eine Absenkung der in Nordrhein-Westfalen vergleichsweise hohen Grunderwerbsteuer, eine Begrenzung der Lohnnebenkosten – und nicht zuletzt die Rückabwicklung des „komplett verkorksten Grundsteuermodells“.
Fachkräfte bleiben weiter gefragt
Es gibt jedoch auch einen Hoffnungsschimmer: Das NRW-Handwerk hat zwar in den vergangenen beiden Jahren jeweils ein Prozent seines Personalbestands verloren, doch noch immer sucht jeder dritte Betrieb Fachkräfte. Sogar die Zahl der Ausbildungsstellen hat sich leicht erhöht. „Das ist ein Zeichen, dass der Glaube an den eigenen Betrieb da ist“, sagte Hauptgeschäftsführer Axel Fuhrmann.
Am Dienstag hatten in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Koalitionspartner Christian Lindner (FDP) zu zwei unterschiedlichen „Wirtschaftsgipfeln“ eingeladen, was die Spekulationen über ein vorzeitiges Ende der zerstrittenen Ampel-Regierung und Neuwahlen bereits im März 2025 angefacht hat. NRW-Handwerkspräsident Ehlert erinnerte in diesem Zusammenhang an die Verantwortung der Politik für verlässliche Rahmenbedingungen. Wirtschaft sei zu mindestens 50 Prozent Psychologie: „Unsere Unternehmen brauchen keine realitätsfernen Superankündigungen zu schuldenfinanzierten Investitionsfonds.“