Jonathan Tah spricht über die Vorfreude auf die Heim-EM, die Herausforderungen der Nationalmannschaft sowie seinen persönlichen Erfolgsweg.
Bayer 04Jonathan Tah - Schlüsselspieler für Leverkusen und die Nationalmannschaft?
Wenn Jonathan Tah an das Fußball-Highlight des Jahres denkt, überkommt ihn schon jetzt ein wohliges Schaudern. „Ich freu“ mich extrem. Eine Heim-EM mit dieser Mannschaft, mit diesem Trainer, da kann man nichts anderes tun, als sich darauf zu freuen“, findet der Innenverteidiger des – nach dem späten, aber hochverdienten 1:0-Erfolg am Samstag in Augsburg – frischgebackenen Herbstmeisters Leverkusen.
Die schlechte Bilanz der deutschen Nationalmannschaft im vergangenen Jahr ist Tah dabei natürlich geläufig. „Es ist definitiv für uns alle gerade keine einfache Situation“, sagt er. „Aber man muss sehen, was für ein Potenzial in dieser Mannschaft steckt. Jetzt müssen wir es schaffen, mit dem, was die Spieler im Verein zeigen, als Mannschaft auch in der DFB-Auswahl aufzutreten.“
Für Tah selbst war ein Auftritt im Jahr 2023 besonders wichtig: Beim 2:1 Mitte September gegen Vizeweltmeister Frankreich beorderte ihn DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der für dieses eine Spiel als Teamchef für den entlassenen Bundestrainer Hansi Flick aushalf, direkt in die Startelf. Drei Tage zuvor, als Flick beim 1:4 gegen Japan noch das Sagen hatte, saß Bayers Abwehrchef 90 Minuten lang auf der Bank. In den Länderspielen zuvor war er erst gar nicht in den Kader berufen worden, sondern wartete stattdessen seit Juni 2022 auf eine Nominierung.
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Viel Training, Bücher und gute Ernährung
Doch dann kam das Intermezzo von Völler, über zwei Jahrzehnte hinweg Spieler, Trainer und Funktionär in Leverkusen. Klar, das habe geholfen, sagt Tah zu dieser speziellen Konstellation. Bei seinem Besuch im „Aktuellen Sportstudio“ fügte der gebürtige Hamburger, der unter Flicks Nachfolger Julian Nagelsmann nun Stammkraft ist, aber auch hinzu: „Ich mag nicht so gerne von Glück sprechen. Denn Glück kann man sich auch ein Stück weit erarbeiten.“
So wie Jonathan Tah, der in seinem privaten Gym Extraschichten schiebt, im Sommer mit einem eigenen Fitnesscoach trainiert, lieber Bücher liest als Serien schaut, auf seine Ernährung achtet – und Anfang letzten Jahres seinen Berater gewechselt hat. „Ich hatte schon immer das Gefühl, dass ich mehr tun möchte – und dass mir das, was ich im Verein mache, vielleicht nicht reicht“, skizziert der 27-Jährige den Weg zu seinem persönlichen Wohlbefinden als Profi. Er habe wissen wollen, was ihm gut tut, was er braucht. Und dafür habe er die richtigen Leute um sich geschart.
Der Lohn für den Tüchtigen: Nach einer schon starken Rückrunde in der vergangenen Saison avancierte er in der Hinrunde zum besten Innenverteidiger der Bundesliga. Er verbesserte sein Stellungsspiel, seine Passgenauigkeit und Treffsicherheit. Und mit einem Topspeed von 35,81 km/h zählt Tah zu den sieben schnellsten Kickern in der Liga.
Die flinken Beine des 21-maligen Nationalspielers gehören dabei zum Grundrepertoire, um das betont hohe Verteidigen des Tabellenführers, das immer wieder zu Laufduellen mit gegnerischen Angreifern führt, zu ermöglichen. „Meine Geschwindigkeit hilft mir dabei definitiv“, betont Tah – den Leverkusens Cheftrainer Xabi Alonso lobt: „Er ist sehr mutig, den Ball nach vorne zu spielen. Mit kurzen Pässen, mit langen Pässen.“
Auch die haben mit dazu beigetragen, dass die Werkself die bajuwarischen Serienmeister zumindest zur Halbzeit der Saison auf Distanz hält. In zwei Drittel aller Fälle führt dieser Zwischenerfolg im Frühjahr dann auch zur richtigen Meisterschaft. „Ich glaube, wir machen es gerade ganz gut“, kommentiert Jonathan Tah, der wegen einer drohenden Gelbsperre und mit Blick auf das Topspiel am nächsten Samstag in Leipzig im frostigen Augsburg 90 Minuten auf der Bank saß, in kokettem Understatement. Und auf die Frage, ob Leverkusen als Vorbild für die Nationalmannschaft dienen könne, antwortet er: „Ja, auf jeden Fall.“