Merz bleibt diplomatisch, Scholz und Robert Habeck vertreten differenzierte Positionen zu Trump, während Alice Weidel ihre Begeisterung offen zeigt. Wir werfen einen Blick auf deutsche Politiker.
Analyse zur deutschen PolitikWer am besten mit Donald Trump könnte
Im November 2020, das war Friedrich Merz noch nicht einmal neuer Parteichef der CDU, sagte er einen Satz, der jetzt manchem wieder in Erinnerung kommt. „Trump und ich – wir kämen schon klar“, meinte Merz kurz vor der Präsidentenwahl in den USA. Damals allerdings konnte der Demokrat Joe Biden die Wahl für sich entscheiden. Es war nicht absehbar, dass sich die Frage, wie ein deutscher Bundeskanzler mit Trump zurechtkommt, noch einmal stellen würde.
Jetzt stellt sie sich umso drängender. Dass die Amtsübernahme des Republikaners in Washington das Zeug hat, den deutschen Wahlkampf gehörig durcheinander zu wirbeln, zeichnete sich schon vorher ab. Da gab es zum einen die offene Wahlempfehlung für die AfD durch Trump-Berater und Milliardär Elon Musk. Dann dessen Live-Gespräch mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf X. Musk bezeichnete Olaf Scholz als „Narr“ und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als „Tyrannen“.
Bei der Inaugurationsfeier in Washington stand Musk nah bei Trump, er zählt zweifellos zum engsten Kreis. Spricht Musk also aus, was auch Trump denkt? Auch die Gästeliste war bemerkenswert. AfD-Sprecher Tino Chrupalla war vor Ort und schwärmte anschließend vom Optimismus in den USA. Olaf Scholz, Robert Habeck, Friedrich Merz waren nicht dabei, dafür Rechtspopulisten aus aller Welt.
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Es steht zu Beginn von Trumps Amtszeit nicht zum besten mit dem deutsch-amerikanischen Verhältnis. Dafür sorgte unter anderem eine Analyse des deutschen Botschafters in Washington, die am Wochenende vor Trumps Amtsübernahme offenbar gezielt an mehrere deutsche Medien gespielt wurde, was Washington nicht entgangen sein dürfte.
Darin warnt der Botschafter in deutlichen Worten vor Trump. Es seien „maximale Disruption“ und „Rachepläne“ zu befürchten, die USA verabschiedeten sich von der Gewaltenteilung, Medien würden unter Kontrolle gebracht.
Dass die vertrauliche Analyse das Licht der Öffentlichkeit erblickte, ist für den Botschafter Andreas Michaelis ein GAU, dürfte aber kaum ein Zufall gewesen sein. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock spielte den Vorfall anschließend herunter. Es sei Aufgabe eines Botschafters klarzumachen, auf welche Herausforderungen sich Deutschland einstellen müsse. Die USA blieben der engste Partner. Ob das allerdings auch Trump so sehen wird, nach diesem Papier?
Die Spitzenkandidaten im deutschen Wahlkampf heute senden unterschiedliche Signale. Die Kandidaten im Trump-Check:
Robert Habeck schaltet auf Angriff
Der Kanzlerkandidat der Grünen empfahl in der Sendung „Maischberger“, Donald Trump „mit eigener Stärke“ zu begegnen und nicht „mit dieser Geste der Unterwerfung“. Soviel Gas und Öl zu fördern wie es nur gehe, bedeute, den Planeten in Flammen zu setzen. Wenn Deutschland glaube, man müsse es machen wie Trump, um ökonomisch erfolgreich zu sein, „dann sind wir auf einem abwegigen Pfad“. Wenn man nicht abhängig sein wolle von Technik und Werten der USA, „dann müssen wir es besser selber machen“. Besonders Trumps Ankündigung, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen, stieß bei den Grünen auf scharfe Kritik. An anderer Stelle sagte Habeck, Europa müsse sich auf ein „Armdrücken“ mit Donald Trump vorbereiten.
Friedrich Merz bleibt verbindlich
Der CDU-Kanzlerkandidat fand deutliche Worte für das Gutachten des deutschen Botschafters. Dies sei in der Sprache eines „politischen Aktivisten“ verfasst, kritisierte Merz. Am Tag der Inauguration schickte Merz Trump ein Glückwunschschreiben und gratulierte dem 47. US-Präsidenten zu seinem „bemerkenswerten“ Wahlsieg. Das amerikanische Volk habe ihn, Trump, mit einem starken Führungsauftrag versehen. Merz weist darauf hin, dass er einen beachtlichen Teil seiner Karriere der Stärkung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses gewidmet habe. Für den Fall, dass er Kanzler werde, habe es für ihn Priorität, mit Trump ein neues Kapitel dieser Beziehung aufzuschlagen.
In einer Videobotschaft, die Merz“ Team über die sozialen Medien verbreitet, versucht sich Merz an einem zuversichtlichen Blick auf die Zeit mit Trump. „Für uns ist das kein Grund zur Sorge. Wir sind 450 Millionen Europäer - mehr als die USA und Kanada zusammen. Wenn wir geschlossen sind und unsere Interessen selbstbewusst vertreten, können wir optimistisch in die Zukunft blicken.“ Kein Trump-Bashing von Merz also, obgleich durchaus durchklingt, dass er den neuen US-Präsidenten als Herausforderung ansieht.
Olaf Scholz auf dem Mittelweg
Auch der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte. Auf der Plattform X schrieb er, einmal auf Englisch, einmal auf Deutsch: „Heute tritt Präsident Trump sein Amt an. Glückwunsch! Die USA sind engster Verbündeter und ein gutes transatlantisches Verhältnis ist stets Ziel unserer Politik“.
Auch Scholz will selbstbewusst auftreten. Der Verweis auf die EU als „eine starke Gemeinschaft“ mit mehr als 400 Millionen Menschen fehlt auch bei ihm nicht. Scholz allerdings gilt als Freund von Trump-Vorgänger Joe Biden. Seit dem Ukraine-Krieg stimmte Scholz sich eng mit Biden ab, fast schon zu eng, wie manche politische Beobachter in Deutschland befanden.
Als Trump noch vor seiner Amtseinführung öffentlich darüber nachdachte, sich Grönland und den Panama-Kanal einzuverleiben, übte Scholz offen Kritik. In einer eilig anberaumten Pressekonferenz tadelte er Trump, verglich ihn indirekt sogar mit dem russischen Präsidenten Putin. Er äußerte „ein gewisses Unverständnis, was aktuelle Äußerungen aus den USA angeht.“ „Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land - egal ob es im Osten von uns liegt oder im Westen“, so Scholz. Nach Trumps Amtsübernahme empfahl der Kanzler: „Nicht jede Pressekonferenz in Washington, nicht jeder Tweet sollte uns gleich in aufgeregte, existenzielle Debatten stürzen.“ Kühle Köpfe seien jetzt gefragt - und meinte damit vor allem sich selbst.
Alice Weidel biedert sich an
Herzchen auf X für die First und die Second Lady der USA, „wärmste Glückwünsche“ zur Inauguration von Donald Trump. AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel ließ auf X ihrer Begeisterung über den neuen US-Präsidenten freien Lauf.
Dazwischen kam von ihr eine Rüge für den deutschen Botschafter. „Er demonstriert die Arroganz der etablierten Parteien die jeden als Feindbild betrachten, der nicht ihrer Ideologie folgt.“ Die AfD ist geradezu fasziniert vom Tatendrang des neuen US-Präsidenten. Weidel schwärmt: „Trump erfüllt nach seiner Vereidigung binnen 10 Minuten 100 Versprechen: Stärkung der Kernenergie, sichere Grenzen, Ende des Genderwahns. Das ist auch in Deutschland möglich - jedoch nur mit der AfD.“ Weidel setzt ganz offensichtlich auf Rückenwind für ihren Wahlkampf durch Trump - und lässt keinen Zweifel daran, dass sie bestens miteinander auskämen.