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Aktienkauf zum besten Zeitpunkt?Wie Anleger auf die von Trump ausgelösten Börsenturbulenzen reagieren sollten

Lesezeit 3 Minuten
New York: Eine Donald-Trump-Wackelfigur steht auf dem Tresen, während der Händler Jonathan Mueller auf dem Parkett der New Yorker Börse arbeitet.

New York: Eine Donald-Trump-Wackelfigur steht auf dem Tresen, während der Händler Jonathan Mueller auf dem Parkett der New Yorker Börse arbeitet.

US-Aktienmärkte sind aufgrund von Trumps Politik unter Druck. Langfristige Anleger erkennen Chancen, während Risiko für Kurzfristinvestoren hoch bleibt.

Seit Donald Trump mit seiner erratischen Zollpolitik und öffentlich inszenierten Machtspielen die Wirtschaftswelt verunsichert, haben US-Aktien teilweise deutlich an Wert verloren. Die Frage, die sich viele Privatanleger jetzt stellen: Ist das der ideale Zeitpunkt, um günstig in amerikanische Aktien einzusteigen – oder steckt noch mehr Sprengkraft in der Lage?

„Der Trump-Trade ist längst zum Sell-America-Trade geworden“, sagt Jochen Stanzl, Chefmarktanalyst beim Finanzdienstleister CMC Markets. Die Lage sei ernst: „Fallen Aktien, US-Dollar und Staatsanleihen gleichzeitig, stimmt etwas grundlegend nicht.“ Und genau das passiert derzeit. Was einst als wirtschaftsfreundliche Politik verkauft wurde, hat sich für Anleger zu einem Pulverfass entwickelt.

Gefährlicher Streit mit Notenbankchef

Stanzl warnt eindringlich vor einem weiteren Absturz, sollte Donald Trump seine Angriffe auf Währungshüter fortsetzen: „Greift Trump die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed an, droht ein US-Aktien-Crash von historischem Ausmaß“, erklärt der Analyst. Der Präsident hat bereits mehrfach Notenbankchef Jerome Powell attackiert – für Investoren ein gefährliches Signal. „Trumps öffentliches Sägen an Jerome Powells Stuhl fügt dem nun weiteren Schaden zu und überschreitet eine rote Linie für Anleger.“

Für viele Investoren ist der Vertrauensverlust bereits Realität. „Im Zweifel stimmen sie mit dem Verkaufsknopf ab“, so Stanzl. Die Märkte reagieren mit Nervosität – und mit Kursverlusten, die sich nicht nur auf Aktien beschränken. Selbst der Dollar, bislang als stabile Weltwährung geschätzt, gerät unter Druck. „Geht die Unabhängigkeit der Fed verloren, bricht das Vertrauen in den US-Dollar ein – ebenso sein Status als Weltreservewährung“, warnt Stanzl. Was bleibt, sind offene Fragen: „Steckt ein Plan zur Abwertung dahinter oder spielt Trump mal wieder nur den Provokateur?“

Trotz dieser bedrohlichen Szenarien rät der Experte Privatinvestoren, die Lage differenzierter zu betrachten. Für Langfristanleger könnten gerade jetzt Chancen entstehen: „Langfristig steigen Aktien im Wert. Wer das erwartet, sieht Kursrückgänge als Kaufgelegenheit“, erklärt Stanzl.

Dabei sei Geduld entscheidend. „Dann sollte man nicht täglich die Kurse beobachten. Die Abrechnung erfolgt erst mit dem Eintritt in die Entnahmephase, zum Beispiel mit der Rente oder sogar später.“ Wer einen langen Atem mitbringt, könne auch aus der aktuellen Korrektur gestärkt hervorgehen. „An die heutige Korrektur wird sich im Zweifel in 25 Jahren niemand mehr erinnern.“

Vorsicht beim schnellen Geld

Anders sieht es bei jenen aus, die kurzfristige Gewinne suchen. Für sie gelte es, vorsichtig zu sein: „Wer es mit dem Verkaufen etwas eiliger hat, sollte sich mit den Details auseinandersetzen.“ Der Markt befinde sich weiterhin im Abwärtstrend, ein technischer Boden sei noch nicht gefunden. „Wer jetzt kauft, greift damit quasi in ein fallendes Messer.“ Zur Wahrheit gehört aber auch: Niemand kann den absoluten Tiefpunkt im Markt vorhersagen.

„Ideale Einstiegszeitpunkte, die man durch sogenanntes Market-Timing ausnutzen könnte, gibt es für eine langfristige Aktienanlage nicht“, warnt der Verhaltensökonom Sebastian Ebert. Schließlich können die Kurse nach einem Crash wieder hochgehen – oder sogar noch weiter sinken. Und das kann mal schnell gehen oder dauern.

lDer Wirtschaftsexperte erklärt das Prinzip anhand einer einfachen Beispielrechnung: „Nehmen wir an, Tag X wäre als idealer Einstiegspunkt bekannt. Dann würden alle an Tag X kaufen wollen. Deswegen wären die Kurse an dem Tag aber höher“, erklärt Ebert. Damit wäre der Tag nicht mehr ideal zum Kaufen. „Die Kurse pendeln sich also so ein, dass sie für Chance und Risiko an jedem Tag angemessen sind“, so Ebert weiter.

Für Investoren mit langfristigem Anlagehorizont kann ein zwischenzeitlicher Einbruch der Kurse jedoch tatsächlich eine Gelegenheit sein – allerdings nur, wenn sie bereit sind, zwischenzeitliche Verluste auszuhalten. Wer kurzfristige Gewinne erwartet, sollte sich lieber zurückhalten. Die Märkte bleiben volatil – und die Politik in Washington unberechenbar.