Die US-Universitäten brauchen Solidarität, sagt der Kölner Uni-Rektor. Er will die Situation aber nicht ausnutzen.
USA und Harvard-DebatteDiese Auswirkungen hat Donald Trump an der Kölner Uni

An der Universität zu Köln zeigt man sich solidarisch mit den Wissenschaften in den USA.
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„Es braucht Mut, dass sich Harvard der Trump-Regierung entgegengestellt hat“, sagt Allan Drew Nelson anerkennend. Der US-amerikanische Wissenschaftler, der sich mit nachhaltiger digitaler Transformation und Lernprozessen beschäftigt, ist seit dem Sommersemester 2024 Gastdozent an der Universität zu Köln. Zuvor war er in Harvard.
„Wenn ich mich mit Wissenschaftlern in der Welt austausche, erfahre ich ausschließlich Unterstützung für Harvard“, sagt Nelson. US-Präsident Donald Trump setzt die Elite-Universität Harvard massiv unter Druck, droht mit dem Entzug von Fördermitteln. Inzwischen klagt die Hochschule gegen die Regierung.
Kölner Rektor: Trump nutzt Verunsicherung als Strategie
Auch wenn er den Druck unsäglich findet, überrascht Nelson Trumps Kurs nicht. „Es passt zu den Verdrehungen und dem Narrativ, die Trump und seine Anhänger pflegen“, sagt er. „Gerade wir in der Wissenschaft haben die Verantwortung, eine gewisse intellektuelle Selbstverteidigung gegen solche Verzerrungen zu entwickeln. Genau darauf sind meine Kurse ausgerichtet.“
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Er ist besorgt über die politische Entwicklung in den USA. „Diversität, Klimapolitik und auch universitäre freie Bildung ist dieser Regierung ein Dorn im Auge“, sagt Nelson. Er ist einer von derzeit 14 Forschenden aus den USA, die an der Kölner Uni sind.

Allan Drew Nelson ist US-amerikanischer Wissenschaftler.
Copyright: NIck Ross
Joybrato Mukherjee, Rektor der Universität zu Köln und Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) setzt vor allem auf Solidarität mit den US-amerikanischen Hochschulen. „Die Situation ist sehr dynamisch, und die US-amerikanischen Universitäten wurden zunächst von der Wucht der Erlasse schier überrollt. Auch jetzt noch herrscht große Verunsicherung über Maßnahmen aus Washington“, sagt Mukherjee.
Er glaubt, dass diese Verunsicherung Teil der Strategie der Trump-Regierung sein könne.„ Mit der Klage der Harvard-Universität gegen die angedrohte Streichung der staatlichen Finanzmittel gibt es nun aber erste weithin sichtbare Zeichen der Gegenwehr“, begrüßt der Kölner Rektor die Reaktion aus Harvard.
Uni Köln spekuliert nicht auf Top-Wissenschaftler
Auch wenn unter der Trump-Regierung bereits von einem „Brain-Drain“, dem Abwandern von Top-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern, die Rede war, spekuliert der Kölner Rektor nicht offensiv auf einen Zuwachs aus den USA. „Die Universität zu Köln ist schon seit Jahren eine gute Adresse auch für Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus den USA. Wir sind selbstverständlich offen für Bewerbungen aus der führenden Wissenschaftsnation. Die jetzt avisierten Förderprogramme des Bundes können uns in die Lage versetzen, gezielt neue Stellen für diese hochqualifizierten Personen einzurichten“, sagt Mukherjee.

Protest vor der John Harvard Statue in Harvard.
Copyright: AFP
Er möchte die angespannte Situation in den USA jedoch nicht ausnutzen. Sondern er betont: „Ich möchte allerdings als Rektor der Universität zu Köln und als DAAD-Präsident davor warnen, nun mit gezielten Kampagnen offensiv Spitzenpersonal aus den USA abzuwerben. Die Universitäten und Forschungseinrichtungen dort benötigen unsere Solidarität ebenso wie einzelne Forschende. Ihre Situation zu unserem Vorteil auszunutzen und damit das Wissenschaftssystem zu schwächen, wäre ein großer Fehler. Schließlich sind wir auf intensive Kooperationen angewiesen.“
Ich möchte davor warnen, nun mit gezielten Kampagnen offensiv Spitzenpersonal aus den USA abzuwerben. Die Universitäten und Forschungseinrichtungen dort benötigen unsere Solidarität ebenso wie einzelne Forschende. Ihre Situation zu unserem Vorteil auszunutzen und damit das Wissenschaftssystem zu schwächen, wäre ein großer Fehler.
Der Kölner Rektor betont, dass im Wettstreit um Top-Forschende auch andere Länder, die sich traditionell in Richtung USA orientierten, für deutsche Universitäten interessant sein könnten. „Forschende zum Beispiel aus China, Indien oder Südamerika schauen zurzeit womöglich eher in Richtung Großbritannien, Australien oder Kanada. Sie sind auch für uns interessant, und wir sollten ihnen attraktive Angebote machen“, sagt Mukherjee.
Dazu würde seiner Meinung nach aber auch gehören, dass bürokratische Hürden abgebaut und die Ausstattung der Lehrstühle verbessert werde.„ Deutschland spielt im Wettbewerb der Nationen um die klügsten Köpfe zwar schon vorn mit, aber hier ist noch Luft nach oben“, sagt Mukherjee.

Joybrato Mukherjee, Rektor der Uni Köln
Copyright: Nabil Hanano
Noch bemerkt die Uni Köln kein verstärktes Interesse von US-amerikanischen Forschenden. „Zentral können wir einen solchen Trend noch nicht bestätigen, denn diese Menschen wenden sich kaum direkt an das Rektorat oder die Personalabteilung. Wir gehen davon aus, dass einzelne Forschende aus den USA zurzeit verstärkt nach passenden offenen Stellen oder Programmen bei uns Ausschau halten, und dass sie mit Kolleginnen und Kollegen über Perspektiven sprechen“, sagt Mukherjee.
Wir gehen davon aus, dass einzelne Forschende aus den USA zurzeit verstärkt nach passenden offenen Stellen oder Programmen bei uns Ausschau halten, und dass Sie mit Kolleginnen und Kollegen über Perspektiven sprechen.
Im New Yorker Büro der Kölner Universität, das ein Knotenpunkt für die akademischen Beziehungen in die USA ist, findet derzeit ein reger Austausch statt. „Dort gibt es zurzeit besonders viel Austausch, sowohl mit einzelnen Forschenden als auch mit unseren Partnerinstitutionen. Wir sind über das Büro sehr nah dran an den aktuellen Entwicklungen“, bestätigt Mukherjee.
Auswirkungen auf USA-Stipendien noch unklar
In seiner Funktion als DAAD-Präsident hat Mukherjee auch einen Überblick auf die Nachfrage nach Stipendien in den USA, die bisher als führende Wissenschaftsnation gelten. Noch könne man nicht absehen, ob sich die Nachfrage aufgrund der Politik von Trump verändere. Die Bewerbungszahlen liegen erst im Spätsommer vor. „Die weiterhin disruptive Politik der Trump-Regierung gegenüber Hochschulen dürfte die Attraktivität der USA als Studienstandort beeinflussen“, glaubt Mukherjee.
Zahl der US-Forschenden an der Uni Köln
Im Studienjahr 2023/24 haben 61 Kölner Studierende an einer Partneruniversität zum Austauschsemester in den USA studiert, 32 sind von dort als Exchange students an der Universität zu Köln gekommen. Im vergangenen Wintersemester waren zudem 94 Studierende aus Nordamerika für ein „degree seeking“ Studium eingeschrieben, sie streben also einen Abschluss hier an.
Zu den Gastforschenden: Es sind zurzeit 14 Forschende mit US-Staatsangehörigkeit an der Universität Köln anwesend. „Für das Jahr 2025 haben wir insgesamt 29 Forschende zu Gast“, erläuterte der Rektor auf Nachfrage. Nicht alle Forschenden mit US-Staatsangehörigkeit seien allerdings in der Datenbank erfasst. Es gebe auch Aufenthalte, die dezentral von einzelnen Instituten oder Forschungszentren organisiert werden.