Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Denkfehler beim Investieren?Diese 7 Anlagefehler gilt es unbedingt zu vermeiden

Lesezeit 4 Minuten
Unscharfe Geldscheine

Welche Denkfehler oft zu Verlusten führen und welche bewussten Strategien dabei helfen, klug zu investieren.

Experten empfehlen, Anlagestrategien am persönlichen Risikoprofil und nicht an Trends oder Emotionen auszurichten. Wir verraten die gefährlichsten Anlage-Fallen.

Anleger haben meist eines gemeinsam: Sie treffen oft falsche Entscheidungen – nicht aus Unwissenheit, sondern weil Denkfehler und Emotionen ihre Urteile verzerren. Wie aber können sie sich vor fatalen Fehlentscheidungen schützen? Die Verhaltensökonomin Mara Grunewald vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rät: „Für den einzelnen Anleger kann das Bewusstmachen der potenziellen Denkfehler hilfreich dabei sein, diese zu umgehen“ – und finanzielle Verluste zu vermeiden.

1. Warten auf den perfekten Zeitpunkt

Finanzexpertin Margarethe Honisch weiß, wie Anleger ticken. Sie warnt: „Viele warten auf den perfekten Moment, um zu investieren – und unterschätzen dabei die Zeit als entscheidenden Faktor.“ Wer früh startet, profitiert überproportional vom Zinseszinseffekt. Statt zu zögern, sollte man lieber mit wenig Kapital anfangen. „Es ist besser, mit kleinen Beträgen zu starten, als große Chancen durch Zögern zu verpassen“, rät Honisch.

2.  Zu einseitige Investments

Bei vielen Einsteigern ist ein weltweit streuender ETF besonders beliebt. Dabei fokussieren sich Anleger jedoch meistens auf den US-Markt, weil sie nicht bedenken, dass ein solcher ETF, ein sogenannter MSCI, bereits über 70 Prozent aus US-Aktien besteht, erklärt Honisch. Einseitige Investments bergen aber hohe Risiken. „Wer nicht bewusst gegensteuert, investiert unfreiwillig einseitig.“ Eine breite, wirklich globale Streuung schützt besser vor Schwankungen – insbesondere in Krisenzeiten.

3. Orientierung am falschen Risikoprofil

Eine Anlagestrategie sollte zur eigenen Lebenssituation passen. „Gute Anlagestrategien orientieren sich immer am persönlichen Risikoprofil – nicht an Trends oder Emotionen“, betont Honisch. Junge Anleger können mehr Risiko eingehen, während ältere Investoren stärker auf den Erhalt ihres Kapitals setzen sollten. Denn Verluste lassen sich im hohen Alter schwieriger ausgleichen.

4. Der Ankereffekt: Blick in die Vergangenheit

Verhaltensökonomin Mara Grunewald vom Institut der deutschen Wirtschaft warnt Anleger davor, sich an vergangenen Kursen oder dem Einstandspreis zu orientieren, statt auf die Zukunftsperspektive zu schauen. Dieser sogenannte Ankereffekt kann dazu führen, dass Anleger irrational an verlustreichen Anlagen festhalten oder auf Basis historischer Trends falsche Kaufentscheidungen treffen. „Doch sollte für die Bewertung einer Anlage nicht der vergangene Wert, sondern die erwartete zukünftige Wertentwicklung maßgeblich sein“, so Grunewald. Allerdings ist es schwierig, sich von einem solchen Anker zu lösen: Studien zeigen, dass der Ankereffekt selbst dann wirkt, wenn Anleger ausdrücklich darauf hingewiesen werden. „Verschiedene Faktoren können den Ankereffekt verstärken oder abschwächen. Persönlichkeiten, die eher verträglich, gewissenhaft und offen für neue Erfahrungen sind, sind anfälliger für vorgegebene Anhaltspunkte.“

5. Verluste aussitzen statt konsequent handeln

Viele halten verlustreiche Aktien zu lange, während Gewinne schnell mitgenommen werden. Der Schmerz über Verluste wird stärker empfunden als die Freude über gleich hohe Gewinne, so Grunewald. Diese Verlustaversion führt dazu, dass Anleger Verluste aussitzen und zu spät handeln. Die bewährte Börsenregel lautet daher: „Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen.“ Experten empfehlen, bereits vor dem Kauf festzulegen, wie viel Kursverlust erträglich ist.

6. Home Bias: Heimatliebe schadet der Rendite

Viele Anleger bevorzugen inländische Aktien, weil sie sich damit sicherer fühlen. Ähnliche Zahlen finden sich weltweit. „Hintergrund für diesen Effekt ist der Glaube, sich besser mit den Unternehmen des Heimatlandes auszukennen“, erklärt Grunewald. Doch wer sein Geld vor allem in heimische Unternehmen steckt, verpasst Chancen auf internationaler Ebene. Und: Eine breite Streuung über mehrere Länder reduziert Schwankungsrisiken erheblich.

Auch innerhalb eines Unternehmens gibt es diesen Effekt: Mitarbeiter investieren oft überproportional in ihre eigene Firma. Der Fall des US-amerikanischen Energiekonzerns Enron zeigt, wie gefährlich das sein kann – als das Unternehmen 2001 Insolvenz anmeldete, verloren viele Angestellte nicht nur ihren Job, sondern auch ihre Pensionsrücklagen.

7. Impulsiver Konsum und Handel

Kurzfristige Belohnungen haben eine starke Anziehungskraft: Sofortiger Konsum aktiviert nämlich das Belohnungssystem im Gehirn. Um der Versuchung zu widerstehen, kann es helfen, automatische Sparpläne mit schrittweiser Erhöhung einzurichten. Studien belegen, dass sich durch solche Maßnahmen die Sparraten deutlich steigern lassen.

Auch schnitten langfristig orientierte Investoren in Studien besser ab als aktive Händler. Denn Anleger, die oft Aktien handeln, schaden sich damit selbst: Wer zu oft kauft und verkauft, zahlt hohe Transaktionskosten und erzielt geringere Renditen.

Zudem zeigte sich ein Geschlechterunterschied: Männer handelten häufiger und erzielten dadurch im Schnitt schlechtere Renditen als Frauen. Um impulsives Handeln zu vermeiden, kann es helfen, sich für jede Investitionsentscheidung ein Gegenargument zu überlegen.

Fazit: Anleger, die sich diese Fehler bewusst machen, können leichter rationale Entscheidungen treffen und langfristig erfolgreicher investieren. Wer Emotionen und Denkfehler im Griff hat, erhöht seine Chancen auf eine solide Rendite.