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Mini-Solaranlagen boomen in NRWLohnt sich ein Balkonkraftwerk für mich und wird es vom Staat gefördert?

Lesezeit 4 Minuten
Solarmodule für ein sogenanntes Balkonkraftwerk hängen an einem Balkon.

Solarmodule für ein sogenanntes Balkonkraftwerk hängen an einem Balkon. (Symbolbild)

An immer mehr deutschen Balkonen hängen Solarzellen, die meisten in NRW. Aber wie viel Stromkosten sparen die Mini-Solaranlagen wirklich ein?

Sie haben viele Namen: Balkonkraftwerk, Mini-Solaranlage, Plug-In-PV-Anlage oder auch Steckersolar-Anlage. Korrekt heißen die Geräte steckerfertige Solaranlage, die in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erlebt haben.

Spitzenreiter NRW: So viele Balkonkraftwerke gibt es

Mehr als 400.000 steckerfertige Solaranlagen sind derzeit in Betrieb, wie aus dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur hervorgeht. Die tatsächlichen Zahlen könnten jedoch noch höher liegen, da nicht alle Geräte registriert sind. Zum Vergleich: Vor neun Monaten waren es etwa 230.000 Stück. Nordrhein-Westfalen ist Spitzenreiter, denn hier befinden sich mit 80.000 die meisten Anlagen.

Der Boom ist einfach erklärt, sind die Geräte doch eine relativ einfache und bezahlbare Möglichkeit selbst für Mietende, sich an der Energiewende zu beteiligen oder einfach Stromkosten zu sparen. Ein Blick auf Nutzen, Kosten und Zukunft der Solarzellen.

Was ist ein Balkonkraftwerk?

Das Gerät wandelt Sonnenlicht in elektrischen Strom um. Damit der für Haushaltsgeräte brauchbar ist, fließt er in einen Wechselrichter – das Herzstück des Kraftwerks. So entsteht Wechselstrom, der direkt in den Stromkreis der Wohnung läuft – idealerweise über die Steckdose.

Der auf dem Balkon erzeugte Strom fließt dann in den Fernseher, die Zimmerlampe und das Handy. Dadurch verringert sich der Strombedarf am öffentlichen Netz, wodurch wiederum die Energiewende vorangetrieben wird. Wenn der Balkon-Strom nicht ausreicht, dann wird einfach zusätzlicher Strom vom Versorger aus dem Netz bezogen.

Wie viel Strom erzeugt ein Balkonkraftwerk?

Aktuell dürfen Steckersolargeräte eine Spitzenleistung von 2000 Watt erreichen, während die Wechselrichter der Geräte maximal 600 Watt einspeisen dürfen. Die Bundesregierung will die Einschränkung auf das EU-weite Niveau von 800 Watt anheben.

Lohnt sich ein Balkonkraftwerk für mich?

Ein Gerät eignet sich grundsätzlich für Balkonbrüstungen, Terrassen, Gärten, Dächer und Hauswände, die weitgehend unverschattet sind und eine Steckdose in Reichweite haben. Wie viel Strom erzeugt werden kann, hängt unter anderem von Positionierung, Effizienz und Größe des Moduls ab. Laut Verbraucherzentrale produzieren die Geräte in der Regel genug Strom, um „an sonnigen Tagen einen wesentlichen Teil der Grundlast eines Haushaltes zu decken.“

Ein Beispiel: Ein Standardmodul ist etwa 1 mal 1,70 Meter groß und hat eine Leistung von circa 400 Watt und kostet zwischen 350 und 600 Euro. Im Jahr liefert es unter optimalen Bedingungen ungefähr 280 Kilowattstunden Strom, wodurch sich der Eigenverbrauch um etwa 200 Kilowattstunden reduziert. Das entspricht etwa dem jährlichen Verbrauch eines Kühlschranks und einer Spülmaschine in einem Zwei-Personen-Haushalt. Das würde eine jährliche Ersparnis von rund 70 Euro bringen.

Für eine erste individuelle Schätzung empfiehlt die Verbraucherzentrale NRW den Stecker-Solar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin), der zeigt, wie viel Strom und Geld mit ei­nem Stecker­solar­gerät einge­spart wird.

Fördert der Staat Balkonkraftwerke?

Der Staat bezuschusst das private Stromkraftwerk auf unterschiedliche Weise. Zum einen über Steuerbefreiungen. Die Bundesregierung hat die Mehrwertsteuer von 19 Prozent für Solaranlagen abgeschafft. Ob das an die Verbraucher weitergegeben wird, hängt letztendlich von dem Händler ab. Der selbst erzeugte Strom ist ebenso steuerfrei. Auch die Handwerkerkosten für die Installation können laut dem Bund der Deutschen Steuerzahler von der Steuerabrechnung abgesetzt werden.

Außerdem können Privatpersonen Fördermittel beantragen. Ein bundesweites Förderprogramm gibt es aktuell nicht. Dafür subventionieren viele Kommunen den Kauf in Höhe von 50 bis 500 Euro. Die Stadt Köln steuert bis zu 300 Euro pro Wohneinheit und bis zu 600 Euro für Köln-Pass-Inhaber bei. Auch der Rheinisch-Bergische Kreis hat eine 200-Euro-Förderung beschlossen.

Sind Balkonkraftwerke meldepflichtig?

Bisher musste das Balkonkraftwerk im Marktstammdatenregister eingetragen und zusätzlich bei dem Netzbetreiber angemeldet werden. In Zukunft soll eine Anmeldung im Register reichen. Das will die Ampel-Regierung noch in diesem Jahr mit dem „Solarpaket I“ ändern. Das sieht vor, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) anzupassen, um den Ausbau der Solarenergie durch Bürokratieabbau voranzutreiben.

Eine Zustimmung der Vermietenden wird in der Regel benötigt, da die Geräte meist nach außen sichtbar sind. Auch hier will die Regierung ran. Im Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht soll die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen werden. Das sind bauliche Veränderungen, die von Vermietern und Wohnungseigentümergemeinschaften nicht einfach blockiert werden können.

Das heißt: Künftig sollen Mietende vom Vermieter grundsätzlich verlangen können, dass ihnen die gegebenenfalls notwendige bauliche Veränderung zur Installation des Geräts gestattet wird. Aber: Ein Anspruch besteht nicht, wenn die Installation des Steckersolargeräts den Vermietenden nicht zugemutet werden kann, so das Justizministerium zum Gesetzentwurf. Was genau dies bedeute, werde aber nicht klar, kritisierte der Deutsche Mieterbund in einer Bundestags-Anhörung. (mcl mit dpa)

Korrektur: In der Originalversion des Artikels hieß es, dass die Stadt Köln seit Oktober 2023 keine Neuanträge zur Förderung von Balkonkraftwerken zulässt. Allerdings sind Neuanträge über ein neues Förderprogramm möglich. Die entsprechende Stelle wurde korrigiert.