In Königswinter stehen 700 Wohnungen leer und mehr 800 Grundstücke werden nicht bebaut. Mieterbund und Haus & Grund haben einen Rat für die Stadt.
Trotz WohnungsnotIn Königswinter stehen mehr als 700 Wohnungen und 800 Grundstücke leer

Mehr als 800 nicht bebaute Baugrundstücke gibt es in Königswinter (hier ein Symbolfoto). Hinzu kommen mehr als 700 leerstehende Wohnungen.
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Alle Welt redet von Wohnungsmangel oder gar Wohnungsnot, aber in der Stadt Königswinter stehen Hunderte Wohnungen leer. Gleichzeitig sind in der Drachenfelsstadt mehr als 800 Grundstücke, für die Planungsrecht besteht und auf denen insgesamt mehr als 1300 Wohneinheiten geschaffen werden könnten, nicht bebaut. Ein Riesenpotenzial, das ungenutzt schlummert? Und warum?
„Das sind für unsere Region sehr viele leerstehende Wohnungen“, sagt auf Anfrage Peter Kox, der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg/Ahr, über die Angaben der Stadt Königswinter. Die Redaktion dieser Zeitung hat sie ihm mit der Bitte um Einordnung vorgelegt.
„Die Leerstände sind größer als gedacht“
Den etwas sperrigen Titel „Erhebung der Bauflächenreserven (2. Fortschreibung zum 31.12.2024)“ trägt das Papier der Stadtverwaltung, das dem Ausschuss für Stadtentwicklung in seiner jüngsten Sitzung vorlag. „Die Leerstände sind größer als gedacht“, meinte Ulrike Ries-Staudacher (Königswinterer Wählerinitiative). „Wir müssen überlegen, was wir dagegen tun können“, betonte Dirk Lindemann (SPD).
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Es ist nicht so, dass zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 31. Dezember 2024 in Königswinter nicht gebaut worden wäre. Dem Bericht zufolge wurden 27 Flächen mit einer Gesamtgröße von 1,7 Hektar erstmals „für wohnbauliche Zwecke in Anspruch genommen“. Auf ihnen entstanden 42 neue Wohneinheiten.
Die Leerstände in Wohnungen kosten auch der Allgemeinheit Geld
Die Wohnbauflächen, für die bereits Baurecht besteht, die also mit Häusern bebaut werden könnten, sind aber weitaus größer. 635 unbebaute Baulücken (47,5 Hektar) und 132 geringfügig bebaute Flächen (10,1 Hektar) seien im ganzen Stadtgebiete als Reserve vorhanden. Hinzu kämen 45 Baulücken in den Neubaugebieten Am Limperichsberg, Taubenbergweg und Lilienweg (zusammen 2,6 Hektar).
Gravierend aber auch die Leerstandszahlen bei den bereits vorhandenen Wohnungen. 712 Wohnungen standen laut Verwaltung im Mai 2022 leer (aktuellere Zahlen gibt es nicht), davon waren 366 Wohnungen länger als ein Jahr nicht genutzt. Die Zahlen stimmten ihn „nachdenklich“, sagte der Ausschussvorsitzende Michael Ridder (CDU).
„Jedes leere Haus stellt sich anders dar“, meinte mit Blick auf die jeweiligen individuellen Hintergründe Christoph Schwarz (Grüne). „Aber 700 leere Wohnungen – das ist schon ein Pfund.“ Die Leerstände kosteten die Stadt (und damit den Steuerzahler beziehungsweise die Allgemeinheit) auch Geld, betonte Dirk Lindemann. So habe man unlängst zwei Millionen Euro bewilligen müssen, um Wohncontainer für geflüchtete Menschen zu beschaffen, die man sonst nicht untergebracht bekommt.
Björn Seelbach (SPD) brachte die sogenannte Grundsteuer C ins Gespräch, die manche Kommunen inzwischen für Wohngrundstücke erheben, für die Baurecht besteht, die aber nicht bebaut würden. Bisher erheben die Kommunen die Grundsteuer B für bebaute Grundstücke, die über die Nebenkosten auf die Miete umgelegt werden kann, und die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen.
Spekulation mit Grundstückspreisen wohl eher in Großstädten ein Problem
Zur Einordnung: Die Grundsteuer B spült 2025 rund 11,4 Millionen Euro in die städtische Kasse, die Grundsteuer A nur 75.000 Euro. „Die Grundsteuer C ist eine relativ neue Möglichkeit“, sagt Peter Kox vom Mieterbund Bonn/Rhein-Sieg/ Ahr. Sie könne sich aber nur gegen spekulative Nichtnutzung von Bauflächen richten, deren Eigentümer auf höhere Verkaufserlöse spekulierten. Das betreffe eher die Großstädte. Der kleine Grundstückseigentümer werden dagegen durch eine Grundsteuer C nur zusätzlich finanziell belastet.
Ähnlich kritisch sieht diese Lösung Markus Gelderblom. Der Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Bonn Rhein-Sieg betont, dass die von seinem Verband vertretenen kleinen Eigentümer keine spekulativen Gründe haben, wenn sie Baugrundstücke liegen lassen. Gelderblom plädiert dafür, in jedem Einzelfall zu fragen, warum jemand nicht baue.
Beispielsweise könne es sich um eine Erbengemeinschaft handeln, die sich nicht einig werde. Zuletzt seien aber auch die Baupreise und die Baustoffpreise sowie die Mietpreisbremse „nicht dazu angetan, im großen Stil zu bauen“. „Beratung ist das A und O“, betonte Peter Kox und nennt als Beispiel die Möglichkeiten der NRW-Bank. Oft verhinderten wirtschaftliche Gründe eine Sanierung oder Modernisierung. „Ganz viele Eigentümer brauchen Hilfe.“
Und Kox verweist auf das auch in Bonn diskutierte „Karlsruher Modell“, wonach es Zuschüsse für Wohnungssanierungen gibt und die Stadt sich im Gegenzug ein Belegungsrecht für zehn Jahre sichert. In eine ähnliche Richtung zielte im Ausschuss für Stadtentwicklung Björn Seelbach, der den Einsatz beispielsweise von Werkstudenten ins Gespräch brachte, um den Einzelfällen nachzugehen und Kontakt zu Eigentümern aufzunehmen.
Technischer Dezernent verweist auf Personalmangel bei der Stadt
Fabiano Pinto, der Technische Beigeordnete, stellte zwar aus seiner Sicht klar, dass in seinem Dezernat gerade mehr als zwei Planstellen nicht besetzt seien, da gebe es keine Kapazitäten. Aber auch Ausschussvorsitzender Michael Ridder sieht im Gespräch mit dieser Zeitung nur eine Lösung: „Die Stadt muss proaktiv auf die Leute zugehen.“