Auch in Mehrfamilienhäusern haben Mieter Anrecht auf eine Wallbox für ihr E-Auto – das lässt sich aber nicht immer umsetzen.
Wallbox im MehrfamilienhausE-Auto zu Hause laden – wie das auch für Mieter klappt
Summen statt brummen: Ab 2035 werden in der EU keine neuen Verbrenner-Fahrzeuge mehr zugelassen. Bis 2030 möchte die Bundesregierung 15 Millionen batteriebetriebene Fahrzeuge auf den Straßen haben, aktuell sind es laut Kraftfahrtbundesamt nur knapp 1,4 Millionen reine E-Autos. Denn bei vielen Autofahrerinnen und Autofahrern herrscht nach wie vor Skepsis. Neben dem hohen Kaufpreis ist es auch die unausgereifte Infrastruktur, die viele davon abhält, ein elektrisches Fahrzeug zu kaufen – es gibt schlicht zu wenig Ladesäulen in der Stadt. Und: Die wenigen öffentlichen Ladesäulen sind in der Regel teuer und unzuverlässig.
Wenig überraschend wohnen E-Auto-Besitzende in Deutschland zum überwiegenden Teil im Eigenheim. Da kann man sich die erforderliche Technik – eine Wallbox zum Laden – bequem in der Garage einbauen lassen. Doch Deutschland ist ein Mieterland: Über die Hälfte der Menschen hierzulande zahlt monatlich fürs Wohnen. Ein Spitzenwert in der EU, mit steigender Tendenz. Und wer in einem Mehrfamilienhaus in der Stadt wohnt, für den ist die Sache mit der eigenen Ladesäule noch einmal deutlich komplizierter.
Die Mobilitätswende wird ohne Mieterinnen und Mieter nicht gelingen
Doch das Vorhaben, die Anzahl der in Deutschland zugelassenen E-Autos bis 2030 knapp zu verzehnfachen, wird ohne Mieterinnen und Mieter wohl kaum gelingen. Das betont auch Friederike Pieper, Referentin für E-Mobilität von Transport & Environment (T&E): Die hohe Anzahl an Mietwohnungen „muss mitgedacht werden, damit die Mobilitätswende gelingt. Denn bei E-Mobilität für die breite Bevölkerung geht es nicht nur um günstige E-Autos, sondern auch um günstiges Laden.“ Die Fraunhofer-Institute ISI und ISE haben kürzlich im Auftrag von T&E eine Studie zur Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge veröffentlicht. Das Fazit: „Zwischen dem geplanten Ausbau und dem Bedarf an Ladepunkten droht bis 2030 eine relevante Lücke.“
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Eine neue EU-Richtlinie soll für eine verpflichtende Anzahl an Lademöglichkeiten sorgen, adressiert allerdings nur Neubauten und größere Renovierungsarbeiten. Mieterinnen und Mieter können aber auch selbst aktiv werden. Zwar haben sie bei ihrer Wohnung kaum Ansprüche auf bauliche Veränderungen, das Wohnungseigentumsgesetz enthält aber Ausnahmen: Neben Barrierefreiheit, Internetanschluss und Einbruchsschutz zählt auch das Laden elektronisch betriebener Fahrzeuge am angemieteten Stellplatz dazu. Hier müssen Vermietende ihre Zustimmung geben.
Stellplatz im Mietvertrag kann nicht einfach gekündigt werden
Theoretisch kann der Vermieter den Stellplatz zwar im Gegensatz kündigen, dann entfällt natürlich auch das Recht auf eine Wallbox. In der Praxis funktioniert das allerdings nur, „wenn es zwei getrennte Verträge gibt: einen für die Wohnung und einen für den Stellplatz. Ist der Stellplatz im Mietvertrag enthalten, was in den meisten Fällen so ist, kann er nicht einfach gekündigt werden. Denn dann gilt für die Kündigung des Stellplatzes das Wohnraummietrecht“, erklärt Jörg Hänsel vom Mieterverein Köln.
Vermietende müssen es ihren Mietern also ermöglichen, dass diese sich eine Lademöglichkeit für ihr E-Auto einrichten können. „Selbst dann, wenn der Vermieter das nicht möchte. Das ist schon ein sehr weitgreifendes Recht. Mehr Mieterschutz kann man sich an der Stelle eigentlich nicht wünschen“, sagt Hänsel. Einbau und Kosten müssen zwar grundsätzlich von den Mietern übernommen werden, dafür gehört ihnen die Wallbox aber auch. Bei einem Auszug können – beziehungsweise müssen – sie diese dann auch wieder mitnehmen.
Individuelle Einigung kann Kosten für Mieter reduzieren
Abseits dieser gesetzlichen Regelungen können sich Mietende und Vermietende natürlich auch jederzeit auf eine andere einvernehmliche Lösung einigen. „Zum Beispiel lässt sich vereinbaren, dass die Wallbox bei Auszug des Mieters am Stellplatz verbleibt. Das kann eine Win-win-Situation sein: Der Mieter muss die Kosten nicht allein tragen, der Vermieter kann nach Auszug des Mieters eine Wohnung mit Wallbox am Stellplatz vermieten. Das ist im Übrigen auch eine Wertsteigerung für das Objekt“, sagt Hänsel. „Solche Abmachungen sieht das Gesetz aktuell allerdings nicht vor, deshalb sollten beide Parteien ihre Vereinbarung in einem solchen Fall vertraglich festhalten.“
Gut zu wissen: Übernimmt der Vermieter die Kosten, kann das eine Mieterhöhung rechtfertigen. Denn gesetzlich gesehen sei das eine Renovierungsmaßnahme, sagt Hänsel. Acht Prozent der Kosten, abzüglich aller Fördermittel, könnten auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Im Endeffekt keine allzu große Summe.
Große Tiefgarage: Nicht jeder kann eine eigene Wallbox installieren
Doch wie das mit dem Recht so oft ist: Es gibt Einschränkungen, in Theorie und Praxis. So muss der Vermieter nicht zustimmen, wenn ihm die bauliche Veränderung nicht zumutbar ist. Hänsel nennt ein Beispiel: „Bei einer größeren Anzahl an Stellplätzen, zum Beispiel in einer Tiefgarage, ist die Rechtslage etwas komplizierter. Wenn bei 200 Stellplätzen jeder seine eigene Wallbox installiert und alle gleichzeitig laden, geht das Stromnetz in die Knie.“ Je mehr Parteien an einem Ort parken, desto eher muss also eine gemeinschaftliche Lösung gefunden werden. „Da sind aber die Vermieter gefragt, die eigene Konzepte darlegen müssen“, betont Hänsel. „Der klare Wille des Gesetzgebers ist es, Lademöglichkeiten zu Hause zu schaffen. Dem muss sich der Vermieter beugen.“
Zum Beispiel kann der Vermieter auch Schnellladesäulen installieren, die Mieter abwechselnd nutzen können. Einen Nachteil gibt es allerdings, wenn der Vermieter die Wallbox installiert: „Stellt der Vermieter ein Angebot zur Verfügung, legt er den Strompreis fest“, sagt Jörg Hänsel. „Wenn Mieter ihre eigene Wallbox installieren, können sie den Stromtarif selbst wählen.“
Mieterverein Köln rät: Anspruch auf Wallbox durchsetzen
Den Anspruch auf eine Lademöglichkeit am eigenen Wohnort sollten Mieter, die ein E-Auto besitzen, durchsetzen, sagt Hänsel. Auch dann, wenn sie in einem Haus mit mehreren Parteien wohnen. „Die Mieter benötigen erstmal lediglich einen Kostenvoranschlag für eine eigene Wallbox. Dann ist der Vermieter am Zug und muss sich ein Konzept überlegen, das sinnvoll ist.“
Der ADAC rät Mieterinnen und Mietern dazu, zunächst den Vermieter zu informieren und sich Mitstreiter zu suchen. Im Anschluss sollten sie geeignete Ladelösungen auswählen sowie Vorteile, Nachteile und Kosten aufbereiten. Mit diesen Informationen wird der Antrag beim Vermieter gestellt.
Sollten die Vermietenden ihre Zustimmung verweigern, könne man Klage einreichen, sagt Hänsel. Die Gesetzgebung sei in dem Fall sehr eindeutig. „Rechtlich gesehen ist es keine Frage, ob es eine Lademöglichkeit gibt, sondern nur, wie sie geschaffen wird.“