Tipps vom Augenexperten„Das trockene Auge ist eine der häufigsten Krankheiten“
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Köln – Das Auge ist das Fenster zur Welt, obwohl das menschliche Auge „nur“ ein Kompromiss-Auge ist, „das relativ viel kann, aber weder das eine noch das andere ganz ausgezeichnet“, so der Augenexperte Professor Claus Cursiefen von der Uniklinik Köln. Kein Grund zu verzweifeln. „Jedes Geschöpf, ob Mensch oder Tier, hat das Auge, das es braucht.“ Womit erklärbar wird, dass ein Mensch nicht so scharf sehen können muss wie ein Adler, der in schwindelerregender Höhe zielsicher seine Beute am Boden orten kann. Hätte ein Adler die Bandbreite des menschlichen Auges, hätte er dort oben zwar einen schönen Panoramablick, doch seine „Mahlzeit“ würde ihm wahrscheinlich entwischen. Für Mediziner wie Cursiefen ist das menschliche Auge auch Fenster zum Gehirn und zu den Gefäßen. Beim Blick in die Augen erkennt er Bluthochdruck, Diabetes, Rheuma, erhöhten Hirndruck und vieles mehr. Tröstlich ist, dass das menschliche Auge Risiken trotzt und gelernt hat viel auszuhalten, um den klaren Blick möglichst lange zu erhalten.
Allerdings macht unser gegenwärtiger Lebensstil den Augen zu schaffen. „Das trockene Auge ist eine der häufigsten Krankheiten, die die Menschen zum Arzt treibt, was der zunehmenden Arbeit am Bildschirm, mit Tablet oder Smartphone geschuldet ist. Zehn Prozent der Bevölkerung hat ein trockenes Auge, knapp die Hälfte von ihnen einen schweren Verlauf dieses Krankheitsbildes, was im Extremfall zur Erblindung führen kann.“ Der Patient leidet zum Teil extrem. Die Schmerzen können sich anfühlen als wäre Stacheldraht im Auge, aber „das Auge sieht ganz normal aus“, so Cursiefen. „Als Arzt muss man aufpassen, dass man dem Patienten nicht Unrecht tut. Es gibt gut wirksame Stufenkonzepte für die Therapie: Tropfen, die den Tränenfluss stabilisieren, entzündungshemmende Tropfen und Tabletten.“
Der tagtägliche mehrstündige Blick auf den Bildschirm reduziert die Lidfrequenz. Wer sich konzentriert, zwinkert weniger und die Tränenschicht außen vor dem Auge trocknet aus. „Diese Wasserschicht ist aber für das Sehen und die Transparenz wichtig. Man kann das mit der Windschutzscheibe am Auto vergleichen. Wenn die Waschanlage defekt ist und Schlieren die Scheibe bedecken, sieht man alles verschwommen oder gar nicht mehr.“
Das menschliche Auge ist nicht gemacht für stundenlanges Lesen. „Bei Nah-Arbeit jedweder Art alle 30 Minuten in die Ferne gucken. Die Amerikaner empfehlen sogar alle sieben Minuten, um den Augenmuskel zu entspannen.“ Wer das vernachlässigt, sollte wissen: Durch zu viel Naharbeit in der Phase des Augenwachstums, also bis etwa 18 Jahre, steigt indirekt das Risiko einer Netzhautablösung. „Mensch und Bildschirm arbeiten zudem meist in klimatisierten Räumen. Eine Kombination, die das Austrocknen des Auges beschleunigt.“ Die beste Medizin gegen das „Office Eye Sydrom“: Raus ans Tageslicht. Augen erholen sich selbst bei bewölktem Himmel.
Zentrum für Augenheilkunde
Das Zentrum für Augenheilkunde der Uniklinik Köln ist die größte singuläre Uni-Augenklinik Deutschlands und das größte Hornhaut-Transplantationszentrum bundesweit und in Europa. Zudem ist die Uni-Augenklinik nationales Referenzzentrum für Netzhaut, Hornhaut, Glaukome, Schieler und Augentumoren.
Den Status einer Volkskrankheit erzielt in der alternden Gesellschaft zunehmend der graue Star, die Trübung der Augenlinse. Verursacht werden kann der graue Star auch durch Cortison, wenn man damit über Monate in hoher Dosis therapiert wird. Die Graue-Star-Operation, ein Eingriff, dem sich mittlerweile fast jeder Erkrankte unterzieht, stuft Claus Cursiefen als „die gefährlichste Operation ein, weil sie am häufigsten durchgeführt wird“.
Viele denken, es sei nur ein kleiner routinierter Eingriff und alles ist wieder gut. „Die Gefahr, dass Bakterien ins Auge eindringen, wo sie sich sehr wohl fühlen, sich vermehren und zum Verlust des Auges führen können, ist nicht zu unterschätzen.“ 99 Prozent der Kataraktoperationen verlaufen gut, da die Operation aber so häufig durchgeführt wird, gibt es auch Komplikationen. „Bei jeder Operation können durch minimale Öffnungen Bakterien ins Auge krabbeln. Eine Mini-Menge an Bakterien ist bereits hoch riskant. Es ist anzuraten, nicht beide Augen gleichzeitig operieren zu lassen.“
Brillenträger im Vorteil
In Corona-Zeiten scheinen Brillenträger im Vorteil zu sein. Dazu gehören 67 Prozent der Deutschen, die eine Brille tragen müssen – Tendenz steigend, so das „Ärzteblatt“. Der Grund: Kurzsichtigkeit, verursacht durch Bildschirmarbeit und Smartphones. In Pandemiezeiten können sich Brillenträger jedoch sicherer fühlen als Menschen ohne. Prof. Dr. Claus Cursiefen: „Die Brille ist Schutzfaktor vor Infektionen und Aerosolen.“ Viren können dank des schützenden Brillenglases nicht so leicht ins Auge „schlüpfen“, an der Bindehaut andocken, vom Auge in die Nase, von dort in den Rachenraum und weiter in die Lunge gelangen. Das hat, so Cursiefen, eine ernst zu nehmende Studie in China belegt. Brillenträger und Nicht-Brillenträger sollten aufgrund der aktuellen Situation eine eher harmlose Bindehautentzündung ernst nehmen. „In zehn Prozent der Fälle kann das ein Zeichen für eine Corona-Infektion sein“, so Cursiefen.
Dieser Gefahr setzen sich auch Patienten mit einer feuchten Makula-Degeneration aus, bei der die Krankheit mit regelmäßigen Medikamenteninjektionen therapiert wird. „Diese Spritzen werden über Monate oder sogar Jahre gesetzt. Das Risiko einer Infektion ist gegeben.“ Die Ursache dieser häufigen Erkrankung kennt man bisher noch nicht. Man vermutet jedoch als Auslöser entzündliche Prozesse aufgrund der Ablagerung von Stoffwechsel-Endprodukten im Auge. Die trockene Makula-Degeneration gilt bisher als nicht therapierbar.
„Wir wissen aber, dass die Art der Ernährung direkten Einfluss auf die Gesundheit der Augen hat. Je nach Stadium der trockenen Makula-Degeneration kann eine bestimmte Kombination von Vitaminen und Mineralien den Verlauf günstig beeinflussen.“ Der Forschungsdruck ist groß, um endlich auch die trockene Makula-Degeneration behandeln zu können. „In drei bis fünf Jahren wird es etwas geben. Es werden wohl auch Spritzen sein.“ Die setzt dann vielleicht ein Roboter, der „präziser und kostengünstiger als der Mensch arbeitet. Aber sich von einer Maschine ins Auge piksen zu lassen, ist eine gewöhnungsbedürftige Vorstellung“.
Online-Veranstaltung „Augen-Blicke“
Mittwoch, 20. Januar, 19 Uhr
Experte im studio dumont: Prof. Dr. Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde und der Klinik und Poliklinik für allgemeine Augenheilkunde an der Uniklinik Köln
Moderation: Marie-Anne Schlolaut
Karten für Online Präsentation: 5,00 Euro pro Veranstaltung zzgl. VVK-Gebühren.
Die Tickets sind online buchbar unter www.forumblau-akademie.de oder bei KölnTicket: 0221/ 28 01. Abonnenten mit Bonuskarte melden sich bitte unter: 0221/ 28 03 44
Dagegen sind Transplantationen mit eigener oder fremder Hornhaut längst nichts Ungewöhnliches mehr, schon gar nicht an der Uniklinik Köln, die auf dem Gebiet führend ist. Die Patienten sind entweder sehr jung oder über 70 Jahre alt. In der Regel werden Minimengen der Spender-Hornhaut von Verstorbenen genommen, um erkrankte Hornhautschichten zu ersetzen. „Früher wurde die ganze Hornhaut ausgetauscht und mit Fäden festgenäht.“ Rund eineinhalb Jahre dauerte es, bis alles verheilt war.
„Heute entfernt man die drei- bis fünftausendstel Millimeter dicke Innenschicht der Hornhaut und ersetzt sie. Die Methode mit dem Teilmengen-Ersatz hat den Vorteil, dass der Heilungsprozess schneller geht.“ Der Patient muss nur ein bis zwei Tage auf dem Rücken liegen, bis alles angewachsen ist. „Nach drei, vier Wochen kann man wieder richtig gut gucken. Der Eingriff ist sicher, weil man kein Loch ins Auge machen muss.“ Das Risiko, dass die Minimenge an Fremdgewebe abgestoßen wird, ist mehr als gering.
Eingriffe am Auge, diesem Vielkönner im Kleinstformat, verlangen absolute Präzision. Mediziner wie Cursiefen operieren auch Kinder und Neugeborene. „Vor 40 Jahren sagten die ganz Coolen, wir brauchen kein Mikroskop, echte Chirurgen können das ohne. Heute wird nichts ohne Mikroskop gemacht. Fäden von einer Stärke von 25tausendstel Millimeter sieht man nur mit dem Mikroskop.“