Pro und ContraBraucht Deutschland wirklich kinderfreie Zonen?
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Ruhezonen in Biergärten, „Adults Only“-Hotels, kinderfreie Cafés – nun sorgt auch noch ein Campingplatz für Aufsehen, der keine Kinder unter 14 Jahren gestattet. „In Großbritannien ist so etwas schon lange üblich“, sagt die Betreiberin der Anlage, Christiane Erdmann. Auf ihrem Campingplatz am Großen Wentowsee in Fürstenberg-Tornow sollten Erwachsene nicht von lärmenden Kindern gestört werden.
Ist das eine Diskriminierung von Familien oder einfach ein zielgruppengerechter Service?
Dazu gehen die Meinungen auseinander. Auch unsere Redakteurinnen Lisa Harmann und Janina Kahling haben unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema.
Die Deutschen lieben sie, die Trennkost. Hier das Gemüse, da das Fleisch. Doch nicht nur auf den Tellern haben viele Menschen hierzulande einen Sinn für die ordentliche Trennung. Auch gesellschaftlich wird getrennt. Die Alten ins Altenheim. Die Kinder in den Kindergarten.
Im Urlaub in Italien fotografieren wir gerührt die alten Herren, wie sie mitten auf dem Marktplatz im Schatten auf einer Bank sitzen. Wir bestaunen die Kinder, die bis abends nach 22 Uhr ganz selbstverständlich mit ins Café gehen. In Deutschland lassen sich solche Szenen nur selten erleben. Und das ist schade!
Wir alle können so sehr voneinander profitieren! Die Alten von den Jungen, die Jungen von den Alten, die Rund-um-die-Uhr-Kreativen von den 9-to-5-Jobbern, die Jugendlichen von den Mittvierzigern. Wir sprechen über Inklusion, über gesellschaftliche Teilhabe aller. Wir sprechen über Integration, wir wollen keine Ghettos, wir wollen die Mischung. Aber leider ist Reden nicht alles.
Ein Campingplatz, der keine Kinder erlaubt? Damit entwickeln wir uns in genau die andere Richtung. Langweilige Trennkost, statt deftiger Eintopf. Wie schade! Das heißt nicht, dass es keine nervigen Kinder gibt. Aber es gibt ja auch nervige Erwachsene, die wir nicht einfach ausschließen, oder? Sorry, wir haben leider schlechte Erfahrungen mit Anwälten/Rentnern/Singles gemacht, Ihr dürft hier leider nicht campen. Unvorstellbar! Aber mit Kindern kann man es machen?
Müssen wir uns als Eltern bald zu Hause einschließen, um niemandem mit unserer familiären Lebendigkeit auf den Geist zu gehen? Kein Kinderlachen mehr im Urlaub oder Biergarten?
Eine traurige Vorstellung ist das. Denn am Ende profitieren wir alle voneinander. Und zwar zusammen – und nicht getrennt.
Die Pro-Argumente lesen Sie hier
Wir sind kein kinderfeindliches Volk! Wir wollen nur manchmal unsere Ruhe
Von Janina Kahling
Kinder sind großartig. Wirklich. Uneingeschränkt. Immer. Aber das sehen nicht alle so. Und wenn die, die immer und ständig über Kinder meckern, jetzt einen Campingplatz nur für sich haben, wo sie alle zusammen in Ruhe meckern können, ohne Kinder und Eltern zu stören, ist das doch wunderbar.
Außerdem: In Deutschland existieren unzählige Campingplätze, wo jeder willkommen ist. Und sehr viele Campingplätze, die sich gezielt an Familien mit Kindern richten. Wer einen Familienurlaub machen will, hat deutlich mehr Auswahl als jemand, der ein reines Erwachsenenhotel sucht. In einigen anderen Ländern gibt es da ein deutlich größeres Angebot als in Deutschland. Wir sind kein kinderfeindliches Volk. Im Gegenteil.
Die Hotels und Anlagen mit dem sogenannten „Adults-only“-Label sind eine weitere Nische in unserer hyperindividualisierten Welt. Schließlich gibt es schon lange Reisen ausschließlich für Kinder, für Jugendliche, für Senioren oder besser gesagt „Best Ager“, für Singles, für Nudisten, für Wanderer, für Pilates-Jünger, für Weinliebhaber… die Liste ließe sich unendlich fortsetzen.
Ich glaube, es hilft nicht, in dieser Diskussion dogmatisch zu sein. Schließlich gibt es ja auch noch eine andere Version von „Adults-Only“-Urlaubern: Eltern, die sich ein bisschen Ruhe wünschen, die vielleicht selbst ihre Kinder für ein Wochenende bei Oma und Opa abgegeben haben, um sich mal wieder um sich als Paar zu kümmern.
Eltern, die vielleicht auch ganz dankbar für einen Entspannungstrip ohne Kinder sind. Ja, eben auch ohne die Kinder der anderen, die womöglich im Nachbarzelt rund um die Uhr schreien. Klar, man kann sich als Ruhesuchender auch über laute Partytouristen oder über pöbelnde Erwachsene ärgern, aber die kann man ja ansprechen, oder sich notfalls tatsächlich beschweren. Aber nie im Leben würden Eltern sich über ein Baby beschweren, das schreit. Eltern wissen ja, wie das ist, wenn Babys gerade zahnen, Schmerzen oder Hunger haben. Von zu Hause.
Also: Fahren sie für ein Wochenende in ein Hotel oder auf einen Campingplatz, wo sie gar nicht erst in diese Bredouille kommen, und alle sind glücklich. Oder nicht?