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Zukunft der SPDAm Samstag fällt eine Vorentscheidung über die Groko

Lesezeit 3 Minuten
SPD-Vorsitz_Kandidaten

Die Kandidaten-Duos für den SPD-Vorsitz, Olaf Scholz (l-r, SPD), Bundesminister der Finanzen, Klara Geywitz (SPD), Norbert Walter-Borjans (SPD) und Saskia Esken (SPD) 

Berlin – Am frühen Samstagabend wird das Ergebnis nach Auszählung der Stimmen in der Parteizentrale in Berlin verkündet. Für die Zukunft der SPD und des schwarz-roten Regierungsbündnisses sind es entscheidende Stunden  – gesicherte Prognosen über den Ausgang der Stichwahl gibt es nicht.

Der Ton bei den Sozialdemokraten war in den vergangenen Tagen rauer geworden – schließlich treffen Welten aufeinander. Hier der machtbewusste Vizekanzler und Finanzminister sowie seine ebenfalls pragmatische Team-Partnerin – da die Kritiker des bisherigen SPD-Kurses, die Verfechter einer Politik der Ideale und der gesellschaftlichen Umverteilung. Das Duo, das die Groko fortsetzen will, gegen das Team, das mit dem Groko-Austritt liebäugelt.

Unterstützer von Scholz/Geywitz

Das Partei-Establishment hat sich ziemlich geschlossen hinter das Duo gestellt, das den SPD-Regierungskurs verkörpert. Manche freundlich-zurückhaltend, wie Außen-Staatsminister Niels Annen und der Parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider: „Sie stehen für Erfahrung und Erneuerung.“

Scholz_Geywitz

Olaf Scholz und Klara Geywitz

Manche aber auch warnend. So meinte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in einem Interview, insbesondere Esken habe Dinge von sich gegeben, „bei denen sich mir die Nackenhaare sträuben“. Weil warf ihr pauschale Abwertung von vielem vor, wofür die SPD zuletzt gekämpft habe.

Fans von Walter-Borjans/Esken

Die gibt es, etwa bei der nordrhein-westfälischen SPD, bei der der ehemalige NRW-Finanzminister als „Robin Hood der Steuerzahler“ in Erinnerung ist, der mehr als sieben Milliarden Euro mit Steuer-CDs in die Staatskasse holte. Und bei den Jusos, allen voran bei deren Chef Kevin Kühnert.

Wobei Kühnerts politische Zukunft selbst von der Spitzenpersonalie abhängt, will er doch womöglich einen der Vizechef-Posten der SPD übernehmen. Doch ob Scholz einen seiner schärfsten Kritiker zu seinem Stellvertreter macht?

Walter-Borjans_Esken

Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken

Zumindest seinen Juso-Posten könnte Kühnert dann abgeben müssen. Vom Juso-Bundeskongress kürzlich am stärksten in Erinnerung ist jedenfalls der umjubelte Spruch einer Delegierten: „Für uns ist klar: Am Nikolaus ist Groko-Aus.“

Für was die Kontrahenten stehen

Scholz steht für viele für das, was man von der SPD kennt. Bereits mit der im Juni zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles verfolgte er die Doppelstrategie: In der Koalition möglichst viele sozialdemokratische Projekte auf den Weg bringen – und die Partei programmatisch nach links rücken.

Solide und regierungserfahren – das sind seine Markenzeichen. Ihm haftet zwar auch an, mit für die Wahlniederlagen der vergangenen Monate zu stehen. Dennoch sieht er sich als künftigen Kanzlerkandidaten.

Walter-Borjans und Esken grenzten sich in Interviews dagegen nach Möglichkeiten vom bisherigen Kurs ab. „Wir haben uns von Lobbyisten und falschen Ratgebern in die neoliberale Pampa führen lassen“, sagte Walter-Borjans. „Scholz gibt sich mit den Groko-Kompromissen zu schnell zufrieden“, kritisierte Esken. Gerade durch einen Neuaufbruch – so ihr Credo – könne die SPD wieder stärker werden.

Wie es weitergeht

Wenn feststeht, wer die älteste deutsche Partei künftig führt, dauert es noch eine Woche bis zum Showdown über die Groko auf dem SPD-Parteitag Ende kommender Woche. Geywitz/Scholz dürften im Fall ihres Siegs bis dahin dafür sorgen, dass den Delegierten eine Groko-freundliche Empfehlung gegeben wird – Esken/Walter-Borjans dagegen stehen für eine kritische.

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Zunächst sollen nach der Eröffnung am Freitag die Sieger des Mitgliederentscheids von den Delegierten bestätigt werden. Spätestens am Samstag soll es um die Groko gehen: Wie weiter – oder raus?

Esken und Walter-Borjans wollen den Verbleib im Bündnis von einem „Update des Koalitionsvertrags“ abhängig machen – mit einem Mindestlohn von 12 Euro und weiteren Milliardeninvestitionen in Klima und Infrastruktur. Wenn das nicht klappt, ist Esken für „einen geordneten Rückzug“.

Die CDU will aber von weiteren Zugeständnissen an die SPD nichts wissen. Bei einem Sieg der Groko-Gegner in der SPD wird es spannend werden, wie der Ausstieg ablaufen soll. Einen großen Streit gibt es in der Koalition derzeit nicht. Im Gegenteil demonstrierten Union und SPD nun eine Woche lang Harmonie anlässlich ihres 362-Milliarden-Euro-Haushalts für 2020. (dpa)