„Ich habe mich damals geirrt“, erklärt Sahra Wagenknecht im ZDF mit Blick auf Russlands Krieg. Kritik an ihr gibt es danach trotzdem.
Interview mit ZDF-„heute journal“Wagenknecht räumt zentralen Irrtum zu Russlands Krieg ein – und sorgt für Ärger
Die Vorsitzende des BSW, Sahra Wagenknecht, hat eine Fehleinschätzung bezüglich der Lage kurz vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 eingeräumt. „Ich habe mich damals auch geirrt. Ich habe gedacht, das ist eine Drohgebärde“, sagte Wagenknecht am Mittwochabend im ZDF-„heute journal“ mit Blick auf die Zeit kurz vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine.
Russland hatte damals mit massiven Truppenbewegungen im Grenzgebiet zur Ukraine Ängste vor einer Invasion geschürt. Moskau dementierte aber jegliche Angriffspläne. Wagenknecht hatte kurz vor dem russischen Einmarsch gesagt, dass Russland kein Interesse daran habe, in die Ukraine einzumarschieren. „Damals war das die Einschätzung des (Bundesnachrichtendienstes) BND, über die wir auch im Bundestag unterrichtet wurden. Die war falsch“, räumte Wagenknecht nun im ZDF ihre falsche Prognose ein, die somit den damaligen russischen Angaben entsprach.
Sahra Wagenknecht: „Ich habe gedacht, das ist eine Drohgebärde“
Dass Wagenknecht bei ihren zahlreichen TV-Auftritten oftmals russische Narrative verbreite, wird ihr von Kritikerin immer wieder seit Kriegsbeginn vorgeworfen. Von politischen Gegnern wurde sie mitunter bereits als „Putins Pressesprecherin“ bezeichnet. Kritik wurde dementsprechend auch nach dem Auftritt im „heute journal“ am Mittwochabend laut, den Wagenknecht nicht nur für ihr Eingeständnis nutzte, sondern auch, um erneut ihre Sicht auf den von Russland begonnenen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu verbreiten.
„Vieles war durchaus vorhersehbar und dieser Krieg hätte sicherlich vermieden werden können, wenn man mehr darauf geachtet hätte, die roten Linien der Russen nicht zu überschreiten“, erklärte die BSW-Chefin nun im ZDF – und zog damit neuen Ärger auf sich. „Wagenknecht verbreitet weiter ihre Präventivkriegslüge und behauptet, die USA hätte vor Februar 2022 in der Ukraine Militär- und CIA-Einheiten stationiert“, kommentierte der Historiker Bert Hoppe den Auftritt der BSW-Chefin.
„Wagenknecht verbreitet weiter ihre Präventivkriegslüge“
Moskau versucht seit Kriegsbeginn den Eindruck zu vermitteln, es sei zum Angriff auf die Ukraine gezwungen worden und behauptet immer wieder wahrheitswidrig, in Kiew sei ein „Nazi-Regime“ an der Macht. Russlands Imperialismus, die Aberkennung des Existenzrechts der Ukraine und die Propagandamaschine des Kremls spielten bei Wagenknechts Bewertung der Kriegsgründe keine Rolle, kritisierte auch Dietmar Pichler, Gründer des „Disinfo Resilience Network“, auf der Plattform X. Die Organisation beschäftigt sich mit Propagandaeinflüssen von autoritären Staaten.
Wagenknecht ist seit Kriegsbeginn eine scharfe Kritikerin der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und spricht sich für Verhandlungen mit Russland und die Wiederaufnahme vom Gas-Handel mit Moskau aus. „Wir müssen, denke ich, als Deutschland wieder eine Stimme der Vermittlung werden, eine Stimme der Diplomatie in dieser Welt, die tatsächlich alles daran setzt, militärische Konflikte auf dem Verhandlungsweg zu beenden“, sagte die frühere Linken-Politikerin im „heute journal“.
Wagenknecht fordert trotz eisiger Signale aus Moskau Verhandlungen
Derartige Forderungen kommen vom BSW immer wieder – auch ungeachtet eindeutiger Signale aus Moskau. Dort herrscht weiterhin keine Verhandlungsbereitschaft, Kremlchef Wladimir Putin beharrt auf Maximalforderungen, die einer Kapitulation der Ukraine gleichkommen.
Auch die deutsche „Stimme der Diplomatie“ scheint in Moskau nicht willkommen zu sein. Das jüngste Telefonat mit Putin sei „frustrierend“ verlaufen, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kürzlich. Der Kanzler hatte am 15. November erstmal seit zwei Jahren mit dem Kremlchef telefoniert. Russland eskalierte den Krieg nach dem Gespräch weiter – und brachte erstmals Truppen aus Nordkorea in Kursk und die Mittelstreckenrakete Oreschnik in der Ukraine zum Einsatz. (das/afp)