Der Kreml erklärt nach dem Mord an einem russischen Top-General in Moskau westliche Journalisten zu „legitimen Zielen“.
Journalisten nun „legitime Ziele“Moskau droht nach Mord an General – Trump-Gesandter attestiert Kiew schlechte „Idee“
Als Reaktion auf die Berichterstattung über den tödlichen Bombenanschlag in Moskau hat der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew den Journalisten der britischen „Times“ gedroht und diese als „legitime militärische Ziele“ bezeichnet. Zuvor hatte die Zeitung den Anschlag auf General Igor Kirillow in einem Leitartikel als „legitimen Verteidigungsakt“ der Ukraine bezeichnet.
„Diejenigen, die Verbrechen gegen Russland begehen, haben immer Komplizen. Auch sie sind mittlerweile legitime militärische Ziele. In diese Kategorie könnten auch die elenden Schakale der ‚Times‘ fallen, die sich feige hinter ihrem Leitartikel versteckten“, schrieb Medwedew in seinem Telegram-Kanal.
Moskau attackierte zuvor bereits deutschen Journalisten
Damit sei das gesamte Führungsteam der Zeitung gemeint, fügte der enge Putin-Vertraute hinzu und drohte recht unverhohlen, dass Journalisten der „Times“ „vorsichtig sein“ sollten, da „in London alles möglich ist“. Zuvor hatte bereits die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sich über einen Beitrag eines deutschen Journalisten im sozialen Netzwerk X empört. Nun kommen aus Moskau die offenen Drohungen in Richtung der „Times“-Journalisten hinzu.
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Der britische Außenminister David Lammy reagierte am Mittwochabend auf Medwedes Pöbeleien: Dessen „Gangsterdrohung gegen ‚Times‘-Journalisten riecht nach Verzweiflung“, schrieb Lammy bei X zu einem Foto, das ihn beim Lesen der „Times“ zeigt.
„Unsere Zeitungen repräsentieren die besten britischen Werte: Freiheit, Demokratie und unabhängiges Denken.“ Der Sprecher des britischen Premierministers Keir Starmer sagte dem „Guardian“, Medwedews Äußerungen seien Beispiel für die „verzweifelte Rhetorik der Putin-Regierung“.
Russischer Top-General Kirillow mit Sprengsatz in Moskau getötet
Medwedew, der in seiner Zeit als Präsident Russlands (2008–2012) als liberaler Politiker galt, ist seit Kriegsbeginn immer wieder mit scharfen Drohungen wie etwa dem Einsatz von Atomwaffen gegen den Westen aufgefallen. Zuletzt hatte der Moskauer Hardliner angedeutet, Russland könne sich in Zukunft um weitere „neue Regionen“ erweitern. Er gilt als enger Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin.
Kirillow, der mit einem Sprengsatz in einem E-Scooter getötet worden war, war der Kommandeur der russischen Truppen zur Abwehr von Angriffen mit radioaktiven, biologischen und chemischen Kampfstoffen. Er ist der ranghöchste Vertreter des russischen Militärs, der seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Jahr 2022 auf russischem Boden getötet wurde.
Russland nimmt Mann nach Anschlag auf General fest
Neben Kirillow kam auch sein Adjutant ums Leben. Ermittler stuften die Explosion als Terroranschlag ein. Einen Tag nach dem Anschlag nahm der russische Inlandsgeheimdienst FSB nach eigenen Angaben einen Tatverdächtigen fest. Der Mann aus Usbekistan habe gestanden, dass er vom ukrainischen Geheimdienst SBU angeworben worden sei und den Sprengsatz erhalten habe. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.
Aus Geheimdienstkreisen in Kiew verlautete kurz nach der Explosion, dass Kirillow bei einem „Spezialeinsatz“ des ukrainischen Geheimdienstes SBU getötet worden sei. „Kirillow war ein Kriegsverbrecher und ein absolut legitimes Ziel, da er den Befehl zum Einsatz verbotener chemischer Waffen gegen das ukrainische Militär gab“, hieß es weiter.
General Kirillow soll Chemiewaffen eingesetzt haben
Laut dem Geheimdienst wurden seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs mehr als 4800 Einsätze mit „chemischer Munition“ durch die russische Armee dokumentiert. Russland weist diese Anschuldigungen entschieden zurück.
Im Oktober war Kirillow von Großbritannien wegen des Vorwurfs des Einsatzes von Chemiewaffen in der Ukraine mit Sanktionen belegt worden. London und Washington werfen Russland vor, den Kampfstoff Chlorpikrin gegen ukrainische Soldaten eingesetzt zu haben. Ein Sprecher des britischen Premierministers Keir Starmer sagte am Dienstag, seine Regierung werde nicht den Tod eines Menschen betrauern, der „eine illegale Invasion propagiert und dem ukrainischen Volk Leid und Tod gebracht hat.“
Donald Trumps Sonderbeauftragter tadelt Kiew: „Nicht wirklich klug“
Kritik musste sich die Ukraine derweil aus den USA gefallen lassen. „Es gibt Regeln für die Kriegsführung, und es gibt bestimmte Dinge, die man einfach nicht tun sollte“, erklärte der vom designierten US-Präsidenten Donald Trump nominierte Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg, beim US-Sender Fox News.
Während ein General auf dem Schlachtfeld ein legitimes Ziel sei, stelle ein gezielter Angriff auf „Nichtkombattanten“ – also Personen außerhalb aktiver Gefechte – eine Überschreitung dieser Regeln dar. „Wenn man (…) Generäle in ihrer Heimatstadt tötet, dann hat man das irgendwie ausgedehnt“, sagte Kellogg.
Der Angriff sei „nicht wirklich klug“ gewesen, erklärte Kellogg weiter, betonte aber auch, er halte das Attentat auf Kirillow nicht für einen militärischen Rückschlag. „Wenn man dafür einen Söldner anheuert, ist das meiner Meinung nach überhaupt keine gute Idee“, sagte er. „Aber das ist Krieg. Und Krieg ist hässlich.“ (mit dpa/afp)