Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Fox News erinnert an HiroshimaGrönland-Besuch von J.D. Vance sorgt für Kritik, Häme und Empörung

Lesezeit 6 Minuten
US-Vizepräsident J.D. Vance bei seinem Besuch in der US-Basis Pituffik auf Grönland. (Archivbild)

US-Vizepräsident J.D. Vance bei seinem Besuch in der US-Basis Pituffik auf Grönland. (Archivbild)

Dänemark ist empört, Kremlkritiker ziehen Vergleiche und bei Fox News spricht man von „A-Bombs“ – US-Vize J.D. Vance war kurz in Grönland.

Drei Stunden besuchte US-Vizepräsident J.D. Vance mit seiner Frau Usha und anderen amerikanischen Regierungsvertretern am Freitag den US-Stützpunkt Pituffik auf der dänischen Insel Grönland. Kontakt zur lokalen Regierung oder Bewohnern der größten Insel der Welt hatte Trumps Vize dabei nicht –Vance war bei den Grönländern nicht willkommen. Regierungschef Mute B. Egede wies die Reisepläne bereits im Vorfeld deutlich zurück. Und auch die normalen Bürger wollten mit den amerikanischen Besuchern offenbar nichts zu tun haben.

Berichten zufolge hatte die US-Delegation zuvor nach Grönländern gesucht, die Interesse an einem Treffen mit Vance und seiner Frau gehabt hätten – ohne Erfolg. Und so traf Vance bei seiner Grönland-Reise am Ende vor allem amerikanische Soldaten, die in der eisigen Einöde Pituffiks im Norden der riesigen Insel stationiert sind. Zum Affront kam es trotzdem.

J.D. Vance: Können Trumps „Verlangen nicht ignorieren“

Er hoffe, dass sich die Menschen auf Grönland „für eine Partnerschaft mit den USA“ entscheiden würden, sagte Vance. Washington gehe davon aus, dass Grönland die Unabhängigkeit von Dänemark anstrebt. „Und dann werden wir Gespräche führen.“

„Wir können das Verlangen des Präsidenten nicht einfach ignorieren“, erklärte der US-Vizepräsident und setzte zur Frontalattacke an: „Unsere Botschaft an Dänemark ist sehr einfach: Sie haben keine gute Arbeit für die Menschen in Grönland geleistet. Sie haben zu wenig in die Menschen in Grönland investiert und Sie haben zu wenig in die Sicherheitsarchitektur dieser unglaublichen, wunderschönen Landmasse investiert.“

Ambivalente Rede von J.D. Vance in Pituffik

Vance‘ Rede blieb ambivalent. Washington glaube nicht, dass militärische Mittel zum Einsatz kommen müssten, erklärte der Vizepräsident. Donald Trump hatte das zuvor nicht überzeugend ausgeschlossen. Auch, dass Vance von Grönland als unabhängiges Land sprach, erscheint wie eine Abschwächung der bisherigen Äußerungen des US-Präsidenten, die eine Annexion denkbar erschienen ließen. Man kann die Worte des Vizepräsidenten jedoch auch als Bekräftigung der aggressiven US-Pläne deuten.

„Wenn Vance sagt, Dänemark schütze Grönland und den Stützpunkt nicht, dann wünscht er sich jahrzehntelange Zusammenarbeit und das Nato-Bündnis selbst weg“, kommentierte der amerikanische Historiker und Totalitarismus-Forscher Timothy Snyder die Worte des Vizepräsidenten. „Dänemark war Gründungsmitglied der Nato, es ist bereits die Aufgabe der Amerikaner, Dänemark und Grönland zu verteidigen, genauso wie es die Aufgabe Dänemarks ist, die Vereinigten Staaten zu verteidigen“, erklärte Snyder.

Eisige Reaktion aus Dänemark: „Wir schätzen den Ton überhaupt nicht“

Entsprechend eisig fiel auch die Reaktion aus Dänemark aus: Eine stärkere Präsenz des US-Militärs auf Grönland sei durchaus denkbar. „Wenn es das ist, was ihr wollt, lasst uns darüber reden“, erklärte Außenminister Lars Løkke Rasmussen in einer Videobotschaft auf der Plattform X. Dann äußerte Rasmussen scharfe Kritik an Vance: „So redet man nicht mit engen Verbündeten.“ Dänemark sei stets offen für Kritik, betonte der Außenminister, „aber um ganz ehrlich zu sein: Wir schätzen den Ton, in dem das vorgetragen wird, überhaupt nicht“, fügte Rasmussen hinzu.

Auch Regierungschefin Mette Frederiksen reagierte auf Vance‘ unerwünschten Trip nach Pittufik – und kündigte ihrerseits einen Besuch auf Grönland in der nächsten Woche an. Sie freue sich darauf, mit dem künftigen grönländischen Regierungschef Jens Frederik Nielsen die „enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Grönland und Dänemark“ fortzusetzen, erklärte Frederiksen am Samstag – und betonte damit, dass sie bei den Bewohnern der Insel willkommen ist, im Gegensatz zu J.D. Vance. Inhaltlich hatte die dänische Regierungschefin die Kritik des US-Vize bereits am Freitag zurückgewiesen.

Gegenwind für Trumps Grönland-Pläne auch in den USA

Auch in den Vereinigten Staaten gibt es scharfen Gegenwind für Vance und Trumps „Verlangen“, sich die dänische Insel einzuverleiben. „Was zum Teufel macht J.D. Vance in Grönland?“, fragte der demokratische Abgeordnete Eric Swalwell bei X. „Sie wollen ihn dort nicht. Wir brauchen ihn dort nicht“, betonte Swalwell und fügte an: „Warum geht er nicht nach Greensboro oder Green Bay, um zu sehen, wie viel Trumps Zollsteuer die Menschen kostet?“

Auch Michael McFaul, Politikwissenschaftler und ehemaliger US-Botschafter in Russland, äußerte scharfe Kritik am Vorgehen der US-Regierung. „Konflikte mit unseren loyalsten demokratischen Verbündeten in Europa und Kanada zu erfinden, muss zu den schlimmsten außenpolitischen Entscheidungen aller bisherigen neuen Regierungen gezählt werden“, schrieb McFaul bei X. Für die USA bringe das keinerlei „Gewinne“, sondern nur „Kosten“ mit sich, führte der Ex-Diplomat aus.

Umfragen: Amerikaner lehnen Übernahme von Grönland ab

Auf die Frage von Yahoo News und YouGov, ob sie „eine Annexion Grönlands durch die USA befürworten oder ablehnen würden“, antworteten in der letzten Woche derweil lediglich 19 Prozent der befragten US-Bürger, dass sie diesen Schritt gutheißen würden.

Auch bei einer Umfrage im Auftrag von Fox News sprachen sich nur 30 Prozent der Befragten für die Grönland-Pläne der Regierung aus. Trump und Vance handeln offenbar also nicht nur gegen den Willen der Grönländer, wo zuletzt 85 Prozent gegen eine Übernahme durch die USA votiert haben, sondern auch gegen den der Amerikaner.

J.D. Vance: Spott und Häme für „Trumps Medwedew“

Vance musste sich für seine Grönland-Reise dementsprechend viel Spott gefallen lassen. Insbesondere seine Aussage, dass man Trumps „Verlangen“ nicht einfach ignorieren könne, brachte ihm in den sozialen Netzwerken reichlich Häme ein.

Nicht zum ersten Mal verpasste der ehemalige russische Schachweltmeister Garri Kasparow dem US-Vizepräsidenten den Spitznamen „Medwedew“, angelehnt an den ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, der insbesondere seit Kriegsbeginn immer wieder mit schrillen Tönen und wilden Drohungen an die Öffentlichkeit tritt.

Fox News erinnert an Atombomben auf Japan

„Morgen und übermorgen wird er etwas noch Erbärmlicheres sagen. Das ist seine Stellenbeschreibung – J.D. ‚Medwedew‘ Vance“, kommentierte Kasparow, der in New York lebt, bei X. „J.D. Vance ist wirklich Trumps Medwedew“, pflichtete Julia Davis dem Kremlkritiker bei. Die US-Journalistin betreibt den „Russian Media Monitor“ und berichtet regelmäßig über die radikalen Töne, die im russischen Staatsfernsehen angeschlagen werden.

An russische Staatsmedien erinnerte unterdessen manchen Beobachter am Wochenende auch Trumps Hof-Sender Fox News. „Wir brauchen keine Freunde. Wenn wir ein paar Brücken zu Dänemark abbrechen müssen, um Grönland zu erobern, dann soll es so sein“, erklärte dort Moderator Jesse Watters freimütig und brachte sogar die amerikanischen Atomwaffen zur Sprache.

„Rhetorik ähnelt der von Putin, der mit Atomwaffen droht“

„Wir sind große Jungs. Wir haben Atombomben über Japan abgeworfen, und jetzt sind sie unsere Verbündeten im Pazifik“, erinnerte der Moderator an die verheerenden amerikanischen Angriffe auf Nagasaki und Hiroshima im Zweiten Weltkrieg. „Vielleicht müssen wir eine Brücke abbrechen, um eine große, schöne neue Brücke zur nächsten Generation zu bauen“, fügte Watters an.

Dass Japan im Gegensatz zu Dänemark damals nicht mit den USA verbündet war, verschwieg der Moderator dabei genauso wie den Umstand, dass die japanischen Streitkräfte vor dem Einsatz der Atombomben Pearl Harbor zerstört hatten. Dänische Angriffe auf die USA sind derweil nicht bekannt. 

„Diese Rhetorik ähnelt der von Putin, der mit Atomwaffen gegen die Ukraine droht und behauptet, Russland und die Ukraine seien brüderliche Nationen“, kommentierte der ehemalige ukrainische Wirtschaftsminister Tymofij Mylowanow die Worte des Fox News-Moderators, die den Tönen, die im russischen Propaganda-TV regelmäßig angeschlagen werden, tatsächlich nahekamen. Auch dort geht es regelmäßig um Atomwaffen – allerdings nicht bloß unter historischen Gesichtspunkten, wie bei Watters.