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TrauerzeremonienWie in Deutschland Kanzler zu Grabe getragen wurden

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Altbundeskanzler Konrad Adenauer wurde im Kölner Dom aufbgebahrt.

Berlin – Für Helmut Kohl wird es keinen deutschen Trauerstaatsakt wie bei seinen fünf Vorgängern geben. Die Ehrung für den am 16. Juni gestorbenen Altkanzler findet stattdessen auf europäischer Ebene in Straßburg statt. Anschließend ist am 1. Juli im Dom zu Speyer eine Totenmesse geplant, danach ein militärisches Abschiedszeremoniell. Doch wie wurden die früheren Kanzler gewürdigt?

Konrad Adenauer

Nachdem Adenauer am 19. April 1967 im Alter von 91 Jahren in seinem Haus in Rhöndorf gestorben ist, ordnet der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke Staatsakt und Staatsbegräbnis für den ersten Bundeskanzler an. Zunächst wird der Sarg mit den sterblichen Überresten im großen Kabinettssaal des Bundeskanzleramtes und dann im Kölner Dom aufgebahrt, um auch der Bevölkerung Gelegenheit zum Abschied zu geben. Hunderttausende ziehen am Sarg vorbei.

Am 25. April erweisen beim Staatsakt im Plenarsaal des Bundeshauses in Bonn und beim anschließenden Pontifikal-Requiem im Kölner Dom zahlreiche Staatsoberhäupter und Regierungschefs, darunter der französische Präsident Charles de Gaulle und US-Präsident Lyndon B. Johnson, dem CDU-Politiker die letzte Ehre. Der Sarg wird schließlich mit einem Schnellboot der Marine in einem Konvoi rheinaufwärts gebracht. Wieder begleiten Menschenmassen die eineinhalbstündige Fahrt vom Ufer aus. Adenauer wird im Familiengrab auf dem Waldfriedhof in Rhöndorf im engsten Familienkreis beigesetzt.

Ludwig Erhard

Im Alter von 80 Jahren stirbt der CDU-Kanzler und frühere Wirtschaftsminister am 5. Mai 1977 an Herzversagen in einem Bonner Krankenhaus. Fünf Tage später wird sein Sarg im Palais Schaumburg aufgebahrt, tags darauf sprechen Bundespräsident Walter Scheel und Kanzler Helmut Schmidt beim Staatsakt im Plenarsaal des Bundeshauses. Ausländische Staaten schicken ihre Diplomaten. Am 12. Mai wird Erhard auf dem Bergfriedhof von Gmund am Tegernsee beerdigt.

Kurt Georg Kiesinger

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Mit militärischem Zeremoniell wird Kurt Georg Kiesinger gewürdigt.

Ein Staatsakt für den am 9. März 1988 im Alter von 83 Jahren gestorbenen Altkanzler und früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg wird in der Stuttgarter Domkirche begangen. Reden halten etwa Bundeskanzler Helmut Kohl und Präsident Richard von Weizsäcker, ausländische Regierungen werden von ihren Repräsentanten vertreten. Nach dem militärischen Zeremoniell vor dem Stuttgarter Schloss wird der CDU-Politiker am selben Tag, dem 18. März, im engsten Familienkreis in Tübingen beerdigt.

Willy Brandt

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 Bundespräsident Richard von Weizsäcker hinter dem aufgebahrten Sarg mit den sterblichen Überresten Willy Brandts während des Staatsaktes im Berliner Reichstag.

Am 8. Oktober 1992 stirbt der erste SPD-Kanzler im Alter von 78 Jahren in seinem Einfamilienhaus am Rheinufer in Unkel. Am 16. Oktober nimmt die Berliner Bevölkerung im Schöneberger Rathaus von ihrem langjährigen Bürgermeister Abschied - etwa 20 000 ziehen an dem aufgebahrten Sarg vorbei. Einen Tag später finden sich im Reichstag rund 1600 Gäste aus aller Welt zum Staatsakt ein, darunter der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow, Frankreichs Präsident François Mitterrand und Prinz Charles.

Hunderte Berliner verfolgen später das militärische Zeremoniell vor dem Reichstag. Auf dem Waldfriedhof in Zehlendorf geben seine Witwe Brigitte Seebacher-Brandt und seine vier Kinder dem Friedensnobelpreisträger im engen Kreis das letzte Geleit. Rut Brandt, langjährige Ehefrau und Mutter seiner drei Söhne, ist auf Veranlassung der Witwe nicht dabei. Rut Brandt sagt damals allerdings: „Ich habe nie an Willys Beerdigung teilnehmen wollen. (...) Wir sind seit zwölf Jahren geschieden und ich gehöre deshalb nicht mehr zu seinen nächsten Angehörigen.“

Helmut Schmidt

Schmidt

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht neben dem Sarg des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt in der St. Michaeliskirche in Hamburg. 

Zum Staatsakt für den SPD-Politiker kommen am 23. November 2015 rund 1800 Gäste in die Hamburger Michaeliskirche, darunter der frühere französische Staatspräsident Valery Giscard d'Estaing. Gedenkreden für den Altkanzler, der am 10. November mit 96 Jahren in seinem Haus in Hamburg-Langenhorn gestorben ist, halten Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Henry Kissinger, der frühere US-Außenminister und enge Freund Schmidts.

Auffällig ist, dass es neben dem Sarg im Altarraum kein Foto gibt. Am Ende des Trauergottesdienstes gehen Schmidts Lebensgefährtin Ruth Loah, seine Tochter Susanne und Bundespräsident Joachim Gauck hinter dem Sarg vor die Kirche. Nach einem militärischen Zeremoniell fährt der Trauerzug durch die Stadt bis zum Ohlsdorfer Friedhof. Tausende erweisen Schmidt die letzte Ehre, viele applaudieren. Am folgenden Tag wird die Urne in aller Stille im Familiengrab bei seiner Frau Loki und seinen Eltern beigesetzt. (dpa)