Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich über Bundeskanzler Olaf Scholz ausgelassen – dafür gibt es nicht nur aus der SPD scharfe Kritik.
„Über das Ziel hinausgeschossen“Strack-Zimmermann bedauert Aussage über Bundeskanzler – keine Entschuldigung für Scholz
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich für Interview-Äußerungen über Kanzler Olaf Scholz (SPD) entschuldigt. Sie habe sich zu einem unpassenden Vergleich hinreißen lassen und Menschen mit Autismus verletzt, sagte die Spitzenkandidatin ihrer Partei der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Donnerstag. „Das tut mir sehr leid und dafür bitte ich um Verzeihung. Mit vielen Betroffenen stehe ich bereits in Kontakt.“ Bei Scholz entschuldigte sie sich nicht.
Strack-Zimmermann hatte Scholz in einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ als „krassen Rechthaber“ mit „geradezu autistischen Zügen“ bezeichnet.
„Verbale Entgleisung“: SPD-Chef fordert Entschuldigung
SPD-Chef Lars Klingbeil hatte ihr eine Entschuldigung nahegelegt. „Das ist eine verbale Entgleisung, die ich absolut unanständig finde. Wenn Frau Strack-Zimmermann Anstand hat, entschuldigt sie sich beim Bundeskanzler“, sagte Klingbeil der „Bild“-Zeitung.
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Man habe sich unter den demokratischen Parteien auf einen fairen Europawahlkampf verständigt. „Ich gehe fest davon aus, dass das auch für die FDP-Spitzenkandidatin gilt.“ Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese bezeichnete die Äußerungen als „Total-Ausfall“. Sie seien abwertend gemeint, unwürdig und befremdlich. Strack-Zimmermann hatte Kanzler Scholz in einem Interview als „krassen Rechthaber“ mit „geradezu autistischen Zügen“ bezeichnet.
„Ich gebe zu, das Handeln von Olaf Scholz und seine mangelnde Bereitschaft zum Diskurs und die herablassenden Äußerungen gegenüber Abgeordneten der eigenen Koalition, wenn diese nicht seiner Meinung waren, haben mich in den letzten knapp drei Jahren extrem frustriert und Spuren hinterlassen“, erklärte Strack-Zimmermann nun. „Es schadet aus meiner Sicht nicht nur der politischen Landschaft, sondern auch dem Land.“
Sie bedauere es, dass sie mit ihren Worten über das Ziel hinausgeschossen sei, betonte Strack-Zimmermann. „Seit vielen Jahren setze ich mich selbst für Kinder, Jugendliche und Menschen mit besonderen Fähigkeiten und Bedürfnissen ein. Diese dürfen besonders von der Politik eine hohe Sensibilität erwarten.“ Sie fügte hinzu: „Ich bedaure, dass ich dem hier nicht gerecht geworden bin und verspreche, achtsamer zu sein und auch hier dazuzulernen.“
SPD-Chef Lars Klingbeil fordert Entschuldigung von Marie-Agnes Strack-Zimmermann
„Nach drei Jahren stelle ich fest, dass er geradezu autistische Züge hat, sowohl was seine sozialen Kontakte in die Politik betrifft als auch sein Unvermögen, den Bürgern sein Handeln zu erklären“, hatte Strack-Zimmermann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ gesagt. Die FDP-Verteidigungsexpertin betonte, ihre Kritik beziehe sich nicht nur auf den Ukraine-Kurs des Kanzlers. „Das betrifft alle Belange und wird mir auch von seinen Parteifreunden bestätigt.“ Strack-Zimmermann fuhr fort: „Man erreicht ihn nicht, weil er ein krasser Rechthaber ist.“
Vor Klingbeil hatten auch andere prominente SPD-Vertreter die FDP-Politikerin für ihre Wortwahl scharf kritisiert. „In Talkshows wird geschrien und beleidigt. Und nun erleben wir auch noch die Pathologisierung des Konkurrenten“, sagte SPD-Europaspitzenkandidatin Katarina Barley der „NOZ“ am Mittwoch. „Das überschreitet eine rote Linie im demokratischen Wettbewerb.“ Sie sei „froh, dass der Kanzler überlegt, bevor er entscheidet, und dann besonnen handelt“, sagte Barley.
Scharfe Kritik an Strack-Zimmermann: „Das überschreitet eine rote Linie“
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sprach von einer „respektlosen Psychologisierung des Bundeskanzlers“. Wer keine Argumente mehr habe, würdigte den politischen Mitbewerber verbal herab, monierte Kühnert in der „Rheinischen Post“. „Bei Frau Strack-Zimmermann ist es längst zur Methode geworden, andere Meinungen unter Zuhilfenahme von Kraftausdrücken anzugreifen.“
Kritik an Strack-Zimmermann gab es derweil nicht nur aus der SPD. „In Deutschland haben laut AOK rund 1 % Autismus“, schrieb der Landesvorsitzende der Grünen in NRW, Tim Achtermeyer, bei X. „Wie man als gestandene Politikerin auf die Idee kommt, die Formulierung ‚Autistische Züge‘ als politischen Fausthieb zu verwenden, ist mir absolut schleierhaft. Jedenfalls ist es daneben“, fügte Achtermeyer an.
Olaf Scholz reagiert nicht auf Äußerungen von Strack-Zimmermann
Strack-Zimmermann sei ein Profi und hätte „aus dem Ärmel 10 andere Formulierungen“ finden können, führte der Grünen-Politiker aus. „Auf diese konkrete kann man einfach verzichten.“
Bundeskanzler hat sich bisher nicht zu der persönlichen Attacke aus den Reihen eines Koalitionspartners geäußert. (mit dpa)