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Mehr Unfälle - Gleitschirmverband mahnt zur Vorsicht

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Gmund am Tegernsee – Die Zahl der gemeldeten Gleitschirmunfälle deutscher Piloten ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Wurden im Jahr 2001 noch 159 Unfälle im In- und Ausland gemeldet, waren es im vergangenen Jahr 269.

Bis Anfang August seien im Jahr 2022 zudem mehr meldepflichtige Unfälle erfasst worden als im Vorjahreszeitraum, sagte der Sicherheitsreferent des Deutschen Hängegleiterverbands (DHV), Karl Slezak. Demnach stieg deren Zahl von 70 auf 96, die Zahl der tödlichen Unfälle von 3 auf 5.

Bei den Zahlen sei aber zu beachten, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen das Gleitschirmfliegen für sich entdeckt hätten, teilte der Verband im oberbayerischen Gmund am Tegernsee mit. Seien im Jahr 1997 nur knapp 20.000 DHV-Mitglieder Gleitschirm-Piloten gewesen, waren es im vergangenen Jahr mit mehr als 37.000 fast doppelt so viele.

Mehr Vorfälle gemeldet

Sicherheitsreferent Slezak betonte zudem, dass die Piloten inzwischen mehr Vorfälle meldeten, die sie gar nicht melden müssten. Die Zahl der Unfälle mit Schwerverletzten, 113 im Jahr 2021, sei dagegen relativ zur Zahl der Piloten sogar gesunken. Die Zahl der tödlichen Unfälle blieb in den vergangenen Jahren auf niedrigem Niveau - mit 15 als Höchstwert im Jahr 2001 und 4 als niedrigstem Wert im Jahr 2020.

Dass trotz immer mehr Gleitschirmfliegern nicht mehr tödliche Unfälle gemeldet werden, liegt laut Slezak an mehreren Faktoren. Zum einen gehöre inzwischen ein professionelles Sicherheitstraining über Wasser und das Üben gefährlicher Flugzustände standardmäßig zur Ausbildung von Gleitschirmfliegern. Zum anderen helfe verbesserte Ausrüstung wie Protektoren und Live-Daten von Flugrouten, tödliche Unfälle zu vermeiden und verunglückte Piloten schneller zu retten.

Sorgen bereitet dem Verband aber der Klimawandel. „Das Fluggerät Gleitschirm ist nicht für das Fliegen in stärkeren Turbulenzen geeignet”, sagte Slezak. „Deshalb spüren wir die Auswirkungen des Klimawandels durch mehr Wetterlagen mit starkem Wind und starken thermischen Turbulenzen in den letzten Jahren deutlich.”

Unfallorte

Besonders häufig verunglückten deutsche Gleitschirmflieger an bergigen Startplätzen im Alpenraum - vor allem in Bayern und Österreich. Dort seien Wind und Wetter an den Hängen trotz verbesserter Daten schwerer einschätzbar als beim Start an einer Schleppwinde im Flachland, sagte Slezak.

Wind und Wetter richtig beurteilen zu können, müsse deshalb „Kernkompetenz” am Gleitschirm sein, mahnte der DHV-Sicherheitsreferent. Dazu seien auch nach Erwerb der Fluglizenz Weiterbildungen wichtig. Viele Gleitschirmflieger würden „nicht verstehen, dass nur Training und Erkenntniszuwachs das eigene Fliegen sicherer macht”, sagte Slezak. „Das ist die Krux der Lizenzierung: Man denkt, mit Erhalt der Lizenz nach Ausbildung und Prüfung ist man ein fertiger Pilot - und irrt dabei mächtig.” Man müsse seine Fähigkeiten vielmehr „kontinuierlich verbessern”.

Kommt es dennoch zu einem Absturz oder einer Notlandung, sollten Gleitschirmflieger einige Verhaltensregeln beachten, sagte der Bundesarzt der Bergwacht des Deutschen Roten Kreuzes, Volker Lischke. „Wenn sie in einem Baum gelandet sind, sollten die Piloten nicht versuchen, sich aus dem Gurt zu befreien und selbst herunterzuklettern.” Die Bergwacht habe extra ein Verfahren entwickelt, um Gleitschirmflieger aus mehreren Metern Höhe zu bergen.

Beim Warten auf die Rettungskräfte sollten in den Gurten hängende Gleitschirmflieger zudem darauf achten, ihre Beine zu bewegen. „Wenn der Pilot länger hängt, besteht das Risiko eines Hängesyndroms”, sagte Lischke. Sammle sich zu viel Blut in den Beinen, könne der Pilot oder die Pilotin in Ohnmacht fallen und im schlimmsten Fall sogar sterben. Grundsätzlich gelte auch, was bei anderen Notfällen angebracht sei: „Ruhe bewahren, Notruf absetzen.”

© dpa-infocom, dpa:220903-99-613802/2 (dpa)