Nach der offensichtlichen Riesen-Panne verleumdet Hegseth in einem Offenbarungseid Jeffrey Goldberg. Donald Trump gibt sich ahnungslos.
Kritik nach Chat-Eklat„Diese US-Administration ist nicht nur inkompetent. Sie ist dumm“

Donald Trump und Pete Hegseth müssen einen Kommunikations-Skandal moderieren (Archivbild).
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Führende US-Regierungspolitiker schmieden Kriegspläne und ein Journalist liest mit. Trotz der offensichtlichen Riesen-Panne stellen sich Hegseth und Trump ahnungslos. Dieser Kurs allerdings dürfte sie nicht lange halten lassen, denn die Kritik an der US-Regierung wird immer lauter.
Es handelt es sich um eine der gravierendsten Sicherheitspannen in der jüngsten US-Militärgeschichte: Bei einer Gruppenunterhaltung führender Regierungsvertreter über die Messenger-App Signal liest der Chefredakteur des renommierten US-Magazins „The Atlantic“, Jeffrey Goldberg, mit. Er war nach eigenen Angaben versehentlich in die Gruppe aufgenommen worden und machte den Vorgang später publik. Im Chat soll es unter anderem um den – da noch bevorstehenden – Angriff auf die Huthi-Miliz im Jemen gegangen sein. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, bestätigte, dass der Chatverlauf höchstwahrscheinlich authentisch sei.
Pete Hegseth reagiert auf Riesen-Panne mit Anschuldigungen
Eine derart schwere Panne fordert Aufarbeitung – und lässt sich nicht einfach so leugnen. Genau das allerdings versuchte Pete Hegseth in einem ersten Statement am Montag. Der Verteidigungsminister bestritt den „Atlantic“-Bericht vehement. „Niemand hat Kriegspläne getextet“, so seine Antwort am Flughafen in Hawaii auf eine entsprechende Frage einer Reporterin – obwohl das Weiße Haus den Vorfall zuvor bereits bestätigt hatte.
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Hegseth ging anschließend sogar in die Offensive und beschimpfte Goldberg als „betrügerischen und diskreditierten sogenannten Journalisten“, der regelmäßig Falschmeldungen verbreite. Belege nannte er dafür nicht.
Donald Trump gibt sich ahnungslos
Ähnlich abwertend hatte sich zuvor bereits US-Präsident Donald Trump über das Blatt geäußert, dessen Chefredakteur Jeffrey Goldberg ist. Er wisse nichts von dem Skandal und sei „kein großer Fan von The Atlantic“, so Trump am Montagabend.
Die Faktenlage samt veröffentlichter Screenshots und detaillierten Beschreibungen der Chatinhalte jedoch scheint erdrückend. Demnach wächst nun der Druck auf die Verantwortlichen, insbesondere auf Hegseth. Vor seinem Amtsantritt als neuer US-Verteidigungsminister war der 44-Jährige als Moderator des rechtslastigen TV-Senders Fox News tätig gewesen. Hegseths Eignung für die Pentagon-Spitze bestritten seine Kritiker unter anderem wegen seiner mangelnden Führungserfahrung. Die könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden.
Die Opposition im US-Parlament will die mutmaßliche Kommunikationspanne der Regierung untersuchen lassen. Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sprach auf der Plattform X von „amateurhaftem Verhalten“ und forderte eine umfassende Aufarbeitung. Die Zeitung „The Hill“ und der Sender ABC zitierten ihn mit den Worten, es handele sich um „eine der unglaublichsten Verletzungen“ militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.
USA: Druck auf Pete Hegseth wächst
Sprecher Brian Hughes kündigte eine interne Prüfung an. Der demokratische Senator und Militärexperte Jack Reed erklärte, „wenn diese Geschichte wahr ist, stellt sie eines der ungeheuerlichsten Versäumnisse in Bezug auf die operative Sicherheit und den gesunden Menschenverstand dar, die ich je gesehen habe“. Militäroperationen müssten mit äußerster Diskretion und über genehmigte, sichere Kommunikationswege abgewickelt werden, denn es gehe um das Leben von Amerikanern. „Die Nachlässigkeit, die das Kabinett von Präsident Trump zeigt, ist erstaunlich und gefährlich. Ich werde sofort Antworten von der Regierung einfordern.“
Kritik auch aus Deutschland: „Diese US-Administration ist nicht nur inkompetent. Sie ist dumm“
Die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton postete den „Atlantic“-Artikel auf X und schrieb dazu: „Das soll wohl ein Scherz sein.“ Der damalige Präsidentschaftskandidat - und heutige Präsident – Donald Trump hatte ihr im Wahlkampf 2016 immer wieder vorgeworfen, E-Mails über einen privaten Account verschickt und damit Sicherheitsregeln missachtet zu haben.
Heftige Kritik kam auch aus Deutschland. „Diese US-Administration ist nicht nur inkompetent. Sie ist dumm“, kommentierte etwa der Kölner Politologe Thomas Jäger den unglaublichen Vorgang auf X. Mit Blick auf Hegseth äußerte sich auch Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala höhnisch: „Als sie einen Frauenschläger mit Alkoholproblemen zum Verteidigungsminister der USA machten, konnte ja niemand ahnen, wie lustig das werden würde.“
Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen. (mit dpa und afp)