Prozess in KölnErzbistum Köln muss wohl keinen Schadenersatz bezahlen

Lesezeit 3 Minuten
Strafprozess gegen Pfarrer U.: Der Angeklagte wird im Februar 2022 zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal geführt

Strafprozess gegen Pfarrer U.: Der Angeklagte wird im Februar 2022 zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal geführt

Eine Frau, die als Kind von einem Priester schwer missbraucht worden ist, hat das Erzbistum Köln auf 830.000 Euro Schmerzensgeld verklagt. Doch der Richter macht ihr wenig Hoffnung.

Das Erzbistum Köln muss voraussichtlich keine 830.000 Euro Schmerzensgeld an eine Frau zahlen, die als Kind von einem Priester schwer sexuell missbraucht worden war. Das Landgericht Köln verkündete in der Sache zwar noch keine Entscheidung, machte aber deutlich, dass es für die Klägerin wenig Chancen sieht. Eine Entscheidung in der Sache soll am 17. September verkündet werden.

Für seine Taten bekam der Priester zwölf Jahre Haft

Die Frau klagt auf 830.000 Euro Schmerzensgeld für das ihr zugefügte Leid. Sie ist die frühere Pflegetochter eines Priesters, der im Februar 2022 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Der Mann hatte nach Feststellung des Kölner Landgerichts von 1993 bis 2018 neun Mädchen in Gummersbach, Wuppertal und Zülpich teils schwer sexuell missbraucht. Die Pflegetochter war in den 70er- und 80er-Jahren Opfer geworden. Inzwischen wurde der Mann aus dem Klerikerstand entlassen.

Der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern vertrat in einer Verhandlung die Auffassung, dass die Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts für die Verbrechen des Priesters nicht in Mithaftung genommen werden könne. „Es gibt eine Trennung zwischen Amtsausübung und sonstigem Handeln“, sagte Bern. Dass der Priester die Klägerin als Pflegekind habe aufnehmen dürfen, sei eine Entscheidung des Jugendamts gewesen. Das Jugendamt hätte prüfen müssen, ob der Priester dafür geeignet gewesen sei, das Sorgerecht zu bekommen, so der Richter.

Wann war der Vergewaltiger Priester?

Der Anwalt der Klägerin, Eberhard Luetjohann, hielt dem Gericht vor, dass der Priester der Klägerin oft unmittelbar nach dem sexuellen Missbrauch die Beichte abgenommen habe. „Sie werden zu entscheiden haben, wann der Vergewaltiger Priester war und wann nicht.“ Nach seiner Meinung sei beides untrennbar miteinander verwoben gewesen. Die Mitverantwortung der Kirche ergebe sich auch daraus, dass der Missbrauchstäter die Zwölfjährige in seinem Zimmer im Priesterseminar habe übernachten lassen. „Wenn er dort mit einem zwölfjährigen Mädchen ankommt, das hat doch jeder mitbekommen“, so Luetjohann.

Richter Bern vertrat hier jedoch die Ansicht, dass keine Beweise dafür geliefert worden seien, dass dies wirklich so der Fall gewesen sei und auch andere Bescheid gewusst hätten. „Hier fehlt die Brücke zu den Verantwortlichen“, sagte er. Er könne sehr gut verstehen, dass es in der Bevölkerung ein „Störgefühl“ gebe, wenn unter dem Dach der Kirche Missbrauchstaten begangen würden. Es gehe hier aber nicht um eine „Abrechnung mit einer Institution“. Aus juristischer Sicht sei die Frage entscheidend: „Ist das jetzt in Ausübung eines öffentlichen Amtes passiert, dieser Missbrauch?“ Nach derzeitiger Meinung des Gerichts war das nicht der Fall. Allerdings hat die Klägerseite jetzt noch bis Ende August die Möglichkeit, Beweise nachzuliefern. (dpa)

Nachtmodus
Rundschau abonnieren