Gazelle Sharmahd äußert sich zur Ermordung ihres Vaters. Auch Mariam Claren, Tochter der inhaftierten Kölnerin Taghavi, findet deutliche Worte.
Empörung über „kaltherzigen“ Kanzler„Dem Tod überlassen“ – Sharmahd-Tochter attackiert Scholz nach Hinrichtung im Iran
Nach der Ermordung des deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd durch das Regime in Teheran werden scharfe Kritik an der Bundesregierung und Forderungen nach „schweren Strafen“ für den Iran laut. Die Tochter des mutmaßlich hingerichtetem Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd hat Beweise für den Tod ihres Vaters und Konsequenzen für den Iran gefordert.
In einem Beitrag bei der Plattform X erklärte Gazelle Sharmahd in der Nacht zu Dienstag, sie warte darauf, die US- und die Bundesregierung zu sprechen und zu prüfen, ob diese Beweise für die Hinrichtung ihres Vaters haben. Sie forderte die „sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig)“ und eine „schwere Strafe für die Mörder des islamischen Regimes“.
Tochter von Jamshid Sharmahd fordert „schwere Strafe“ für Teheran
Bereits im August hatte Gazelle Sharmahd im „Kölner Stadt-Anzeiger“ scharfe Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz geäußert und mangelndes Engagement für ihren Vater kritisiert. Scholz lasse den Deutsch-Iraner in Teheran im Gefängnis „verrotten“, hatte die Tochter nach einem Gefangenenaustausch mit Russland, bei dem Kremlkritiker freigekommen waren, erklärt, und dem Kanzler mangelnden Einsatz vorgeworfen. Ähnlich äußerte sich damals auch Mariam Claren, Tochter der nach wie vor im Iran inhaftierten Kölnern Nahid Taghavi.
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„Was haben sie vier Jahre lang getan, als ein deutsch-amerikanischer Staatsbürger in Dubai entführt und mit Gewalt in den Iran gebracht wurde?“, fragte Gazelle Sharmahd nun nach den Berichten über die Hinrichtung ihres Vaters. Sollte ihr Vater tatsächlich getötet worden sein, müsse sein Leichnam „sofort nach Hause“ gebracht werden, forderte Sharmahd weiter.
Kritik an der Bundesregierung: „Was haben sie vier Jahre lang getan?“
Ihr Vater sei von Teheran „brutal und schamlos entführt, gefoltert und vier Jahre lang als Geisel gehalten“ worden. Nun sei er offenbar von „der größten Terrororganisation der Welt“ ermordet worden, führte die Tochter aus, die sich bis zuletzt unermüdlich für ihren Vater eingesetzt hat.
Sie vermutet eine Vergeltung Irans für die jüngsten israelischen Angriffe als Grund für die nunmehrige Vollstreckung des Todesurteils. Für das Regime in Teheran müsse das „unmittelbare, unmissverständliche und schwerwiegende Konsequenzen haben“, forderte die Tochter des getöteten 69-jährigen Deutschen.
Olaf Scholz spricht von „Skandal“ – und bekommt scharfe Kritik
„Wollen sie ernsthaft die mutmaßliche Leiche meines Vaters schutzlos in den Händen von Terroristen lassen?“, fragte Sharmahd in Richtung von Scholz. „Wir wollen keine Erklärungen oder Beileidsbekundungen, die nicht die sofortige Rückkehr meines Vaters (tot oder lebendig) und eine harte Bestrafung für die Mörder des islamischen Regimes beinhalten.“
Ein solches Statement hatte Scholz kurz vor Sharmahds Stellungnahme jedoch abgegeben. Der Bundeskanzler nannte die Hinrichtung des Deutschen bei X einen „Skandal“, die Bundesregierung habe sich immer wieder intensiv für die Freilassung Sharmahds eingesetzt, versicherte Scholz. „Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie“, hieß es weiter in dem Beitrag des Kanzlers. Von Konsequenzen für Teheran sprach der SPD-Politiker nicht.
Annalena Baerbock kündigt „schwerwiegende Folgen“ für Iran an
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte zuvor jedoch erklärt, die Tötung Sharmahds zeige erneut, „was für ein menschenverachtendes Regime in Teheran“ herrsche. Dem Iran sei immer wieder unmissverständlich klargemacht worden, „dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird“, erklärte die Grünen-Politikerin, konkrete Maßnahmen benannte Baerbock dabei zunächst nicht.
Die Stellungnahme des Kanzlers sorgte schnell für scharfe Kritik. „Wollen Sie uns verarschen?“, schrieb die Aktivistin Daniela Sepehri bei X in Richtung von des Kanzlers. „Jahrelang sich nicht eingesetzt für Jamshid Sharmahd und dann mit so einem Tweet daher kommen? Schämen Sie sich“, fügte die Deutsch-Iranerin an.
Auch die Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi kritisierte Scholz’ Wortwahl im Fall Sharmahd. „Hätte die Islamische Republik einen Jens Maier hingerichtet, würde die Bundesregierung nicht derartig gleichgültig reagieren“, schrieb Sahebi bei X. „Es könnte kaum offensichtlicher sein.“
Tochter von in Iran inhaftierter Kölnerin über Kanzleramt: „Kaltherzige Menschen“
Zuspruch bekam die Politikwissenschaftlerin dabei von der Tochter der im Iran inhaftierten Kölnern Taghavi. „Das Kanzleramt und der Bundeskanzler haben sich noch nie für deutsche Staatsbürger, die im Iran inhaftiert sind, interessiert“, schrieb Mariam Claren am Dienstagmorgen. „Sämtliche Anfragen von uns Familien mit der Bitte um ein Treffen blieben stets unbeantwortet“, führte Claren aus. „Selten so kaltherzige Menschen gesehen“, fügte die Kölnerin an.
Irans Justiz hatte Sharmahds Hinrichtung am Montag verkündet. Er war im Frühjahr 2023 in einem Scheinprozess zum Tode verurteilt worden. Angehörige und Menschenrechtler wiesen die vom iranischen Regime gegen Sharmahd erhobenen Anschuldigungen stets vehement zurück.
Jamshid Sharmahd in Scheinprozess zum Tode verurteilt
Deutschland hatte in der Vergangenheit die Aufhebung des Urteils gegen Sharmahd gefordert. Irans Justiz verweigerte bis zuletzt konsularischen Zugang. Unter anderem Sharmahds Tochter Gazelle warf der Bundesregierung jedoch immer wieder Untätigkeit vor. Andere Europäer waren im Rahmen von Gefangendeals freigekommen.
Experten hatten den Prozess gegen Sharmahd stets als grob unfair kritisiert – er durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als „Richter des Todes“, der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.
Friedrich Merz fordert Ausweisung des iranischen Botschafters
„Jamshid Sharmahd hat nicht einmal die Gelegenheit erhalten, sich im Prozess gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen“, hatte nun auch Kanzler Scholz erklärt, der sich zuvor kaum zu dem inhaftierten Deutschen öffentlich geäußert hatte.
Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) forderte angesichts der Hinrichtung Sharmahds unterdessen, den iranischen Botschafter aus Deutschland auszuweisen. „Die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen auf die Geschäftsträgerebene ist angezeigt“, schrieb Merz bei X. Der CDU-Chef sprach von einem „scheußlichen Verbrechen“. Merz hatte die politische Patenschaft für Sharmahd übernommen.
Gazelle Sharmahd fand unterdessen in einem weiteren Beitrag erneut deutliche Worte für das Engagement der Bundesregierung und den USA. Ihr Vater sei „entführt und im Stich gelassen“ worden, schrieb sie bei X. „Er wurde vier Jahre lang als Geisel gehalten, während Sie NICHTS taten, und er wurde jedes Mal zurückgelassen, wenn die USA oder die EU mit den Terroristen verhandelten. Sie haben ihn dem Tod überlassen.“