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Fall WoelkiBonner Stadtdechant Wolfgang Picken warnt vor Erdrutsch

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Picken

Wolfgang Picken

Rom – Die Nachricht aus dem Vatikan war am Montag eine Überraschung: Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki hat offenbar nicht gegen das Kirchenrecht verstoßen, als er den Fall des mittlerweile verstorbenen Priesters O., der des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde, nicht nach Rom gemeldet hat. Für den Bonner Stadtdechanten Wolfgang Picken, der im Januar „totale Transparenz“ und Konsequenz in der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln gefordert hatte, ist der Fall damit aber noch nicht erledigt.

Gegenüber dieser Zeitung mahnte Picken vielmehr einheitliche Standards für den Umgang mit Verfehlungen von Bischöfen und Leitungsverantwortlichen in der Missbrauchsaufarbeitung an.

Kirchen-Bewegung

In einer Pressemitteilung vom Montag zeigt sich die die Kirchen-Bewegung „Wir sind Kirche“ verwundert über die Entscheidung des Vatikans, auf die Untersuchung eines Vertuschungsvorwurfs gegen den Kölner Kardinal Rainer Woelki zu verzichten. Sie fordert, dass die genaue Begründung des Vatikans umgehend veröffentlicht wird und verweist auf den Vertrauensschaden, den das „widersprüchliche Herumlavieren von Kardinal Woelki innerhalb wie außerhalb der Kirche“ ausgelöst habe. (sdj)

„Wenn die katholische Kirche in Deutschland wieder ernst genommen werden will und die Chance haben möchte, sich auf ihre Kernbotschaft konzentrieren zu können, wird es ohne schmerzliche Einschnitte nicht gehen“, sagte Picken. Die Deutsche Bischofskonferenz müsse zu Standards finden, wie mit den Verfehlungen von Verantwortlichen umzugehen sei. Vor allem aber sei es nötig, dass Bischöfe und Verantwortliche, „die um ihre Fehler wissen, aus eigenem Antrieb und in Verantwortung für die Kirche ihre Konsequenzen ziehen, bevor sie Gutachten oder eine mediale Öffentlichkeit dazu zwingen“. Geschehe dies nicht, werde es in den kommenden Jahren im Zuge der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs immer wieder Skandale und öffentliche Rücktrittsforderungen geben, „die die Glaubwürdigkeit der deutschen Kirche stets aufs Neue erschüttern und jede Reformbemühung verpuffen lassen“.

Warnung vor einem Erdrutsch im Episkopat

Picken warnte zudem vor einem „Erdrutsch im deutschen Episkopat“, sollte Woelki nach der Vorlage des Missbrauchsgutachtens am 18. März seinen Rücktritt einreichen. Noch immer stünden gegen ihn und den Hamburger Erzbischof Stefan Heße Rücktrittsforderungen im Raum. „Eine deutsche Kirche, bei der man in dem einen Fall auf öffentlichen Druck mit Rücktrittsforderungen reagiert und sich in anderen Fällen wegduckt, weil diese weniger skandalisiert werden, macht sich moralisch weiter unglaubwürdig“, sagt Picken. „Mit Blick auf die Konsequenzen müssen überall dieselben Maßstäbe zur Anwendung können.“

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Eine entsprechende Gleichbehandlung aller Verantwortlichen, denen Fehler im Umgang mit dem Missbrauch nachgewiesen sind, hätte Picken zufolge auch Auswirkungen auf Andere: „Das moralische Versagen wie beispielsweise bei den Bischöfen Franz-Josef Overbeck oder Franz-Josef Bode, durch die Missbrauchstäter nachweislich weiter als Priester zum Einsatz kamen, wäre vergleichbar zu bewerten.“

Keinesfalls dürfe sich der Verdacht verfestigten, so der Bonner Stadtdechant, dass eine reformorientierte Haltung beim Synodalen Weg begründe, dass einzelne Bischöfe verschont blieben. Überall müssten unabhängig vom Ansehen der Person oder der theologischen Überzeugung die vermeintlichen Fehler der Verantwortlichen nach denselben Kriterien bemessen und vergleichbar beurteilt werden. Picken hatte schon während der Videokonferenz des synodalen Wegs in der vergangenen Woche Kritik an Bode und Overbeck geäußert.