Köln – Das Erzbistum Köln kommt nicht zur Ruhe. Nachdem wochenlang über die Frage debattiert wurde, ob Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im Fall des verstorbenen Düsseldorfer Priesters O. eine kirchenrechtlich vorgeschriebene Meldung nach Rom unterlassen habe, veröffentlichte eine Boulevardzeitung am Dienstag nun den Fall des Priesters M., bei dem Woelki und der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße eine Strafanzeige erst vier Jahre nach seinem Bekanntwerden gestellt haben sollen. Das Erzbistum dementierte am Mittwoch.
Der Zeitung zufolge soll M. im September 2014 gegenüber der Personalabteilung des Erzbistums angegeben haben, dass er zwischen 1971 und 1996 mehrere Jungen und Mädchen sexuell missbraucht habe. 2016 soll er das Geständnis wiederholt haben. Erst im Folgejahr seien die Taten jedoch zur Anzeige gebracht worden.
Nicht alle Situationen waren Straftaten
Wie das Kölner Erzbistum am Mittwoch mitteilte, seien jedoch nicht alle der von Pfarrer M. im April 2014 beschriebenen Situationen „Übergriffe“ oder Straftaten gewesen. „So war der letzte Vorfall aus dem Jahr 1996 eine Handlung unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit“, heißt es in einer Presseerklärung. „Schon daher war nicht zu allen Vorgängen eine Strafanzeige geboten.“ Sicher sei, dass bereits 2014 alle Vorgänge nach damaliger Rechtslage strafrechtlich verjährt gewesen seien.
Im Unterschied zum Fall des Düsseldorfer Pfarrers O. meldete Woelki den Fall M. für ein eventuelles Kirchenstrafverfahren an die Glaubenskongregation nach Rom. Diese bat Woelki, durch „geeignete Maßnahmen außerhalb eines Strafprozesses der Gerechtigkeit wieder Geltung zu verschaffen“. Woelki erließ im März 2017 ein Dekret, das die bereits im September 2016 beschlossenen Auflagen gegenüber Pfarrer M. bestätigte. Untersagt waren die öffentliche Ausübung des priesterlichen Dienstes und alle Situationen, in denen Minderjährige allein seiner Einflussnahme ausgesetzt sein könnten.
Picken fordert einheitliche Regeln
Unterdessen erneuerte der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken seine Forderungen nach einheitlichen Verfahrensregeln im Umgang mit Missbrauchstaten in der Bischofskonferenz. Wenn es um die Vertuschung von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen gehe, sei es mit Entschuldigungen nicht getan. „Es könnte sein, dass für einen glaubwürdigen Neubeginn auch der Rücktritt von Bischöfen notwendig ist“, sagte Picken am Mittwoch in Bonn. Wichtig sei, dass Bischöfe, denen bewusst sei, dass sie Fehler gemacht hätten, selbst Konsequenzen zögen, bevor sie durch Gutachten oder durch eine mediale Öffentlichkeit dazu gezwungen würden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Die Deutsche Bischofskonferenz müsse einheitliche Standards erarbeiten, wie sich Verantwortliche verhalten müssten, wenn sie Fehler gemacht hätten, forderte Picken. „Es wäre ein Skandal mit verheerender und unabsehbarer Wirkung, wenn teure Gutachten Vertuschungen und Fehlentscheidungen aufdecken und nichts passiert“, warnte Picken. Das würden „die Gläubigen nicht verzeihen“.