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Erstes Flüssiggas-Terminal soll Ende 2022 starten

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Wilhelmshaven – Die Bundesregierung drückt beim Aufbau einer Infrastruktur zum Import von Flüssigerdgas (LNG) massiv aufs Tempo.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterzeichnete am Donnerstag Pachtverträge für vier schwimmende Terminals, sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU). Die erste dieser schwimmenden Plattformen soll noch bis Jahresende in Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Am Donnerstag erfolgte dort auch der erste Rammschlag für einen Anleger, an dem die LNG-Tanker festmachen sollen.

„Wir haben eine gute Chance, das zu schaffen, was eigentlich in Deutschland unmöglich ist: Innerhalb von etwa zehn Monaten ein LNG-Terminal zu errichten, und es anzuschließen an die deutsche Gasversorgung”, sagte Habeck in Wilhelmshaven. Eine zweite FSRU-Anlage soll Anfang 2023 in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein an den Start gehen. Auch im niedersächsischen Stade ist eine Terminal geplant. Ziel ist es, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern und die Importe aus dem Land zu ersetzen.

Künftig rund 10 Milliarden Kubikmeter Gas

Bis vor kurzem bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Jahresbedarfs von insgesamt rund 90 Milliarden Kubikmetern Erdgas aus Russland. Inzwischen sei der Anteil auf 35 Prozent reduziert worden, so Habeck. Allein über das neue LNG-Terminal Wilhelmshaven sollen künftig rund 10 Milliarden Kubikmeter Gas in die Netze geleitet werden.

Der Betrieb der vier FSRU erfolgt durch RWE und Uniper, mit denen der Bund jeweils Dienstleistungsverträge schließt. Dafür stehen Haushaltsmittel der Bundesregierung von 2,94 Milliarden Euro zur Verfügung. Konkret mietete Habecks Ministerium jeweils zwei Schiffe von den Anbietern Höegh beziehungsweise Dynagas.

Habeck, der von den niedersächsischen Ministern Olaf Lies (SPD/Umwelt) und Bernd Althusmann (CDU/Wirtschaft) begleitet wurde, sprach zwar von einem guten Tag, an dem auch Geschichte geschrieben werde. Allerdings könne der Hintergrund dafür nicht düsterer sein, betonte er mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Dort leiste die ukrainische Armee mit „Heldenmut” und enormer Kampfkraft Widerstand. In dem zügigen Aufbau einer LNG-Infrastruktur als Alternative zu russischem Erdgas sah Habeck auch ein Signal an Moskau, dass man sich nicht erpressen lasse.

Für den rund 370 Meter langen Anleger sollen 150 Stahlpfähle in den Boden gerammt werden, die jeweils 50 Meter lang sind. Der Anleger entsteht in der sogenannten Umschlaganlage Vosslapper Groden. An die schwimmende Anlande- und Speicherplattform (FSRU) sollen die LNG-Tanker direkt festmachen. Bevor das auf minus 162 Grad heruntergekühlte LNG in die Gasnetze geleitet werden kann, muss es erwärmt und regasifiziert werden.

Der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE) will eine rund 30 Kilometer lange unterirdische Pipeline bauen - von dem geplanten LNG-Terminal in Wilhelmshaven bis zum nächsten Anschluss an das Gas-Fernleitungsnetz im ostfriesischen Etzel (Landkreis Wittmund).

Kritik von Umweltschutzverbänden

Bei mehreren Umweltschutzverbänden stießen die Terminal-Pläne auf erhebliche Kritik. So forderte die Deutsche Umwelthilfe einen sofortigen Baustopp. Mit dem Bau drohe die unumkehrbare Zerstörung eines Unterwasser-Biotops, außerdem würden Schweinswale gefährdet, teilte der Verein mit.

Die Geschäftsführerin des BUND-Landesverbandes Niedersachsen, Susanne Gerstner, kritisierte, der vorzeitige Baubeginn sei ohne Offenlegen der Unterlagen und ohne Beteiligung der Umweltverbände genehmigt. „Die Genehmigung ist in keiner Weise nachvollziehbar”, betonte sie. Im Baubereich befinde sich ein gesetzlich geschütztes Biotop, das durch die Baumaßnahmen teilweise zerstört würde.

Habeck hatte zuvor vor gerichtlichen Klagen gegen den beschleunigten Bau von LNG-Import-Terminals gewarnt. In der Sendung „RTL Direkt” sagte der Grünen-Politiker am Mittwochabend: „Sollten wir die LNG-Terminals nicht haben, und sollte das Gas nicht aus Russland kommen, ist die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gewährleistet.” Fehlende Importkapazitäten wären dann ein Problem.

© dpa-infocom, dpa:220505-99-165594/5 (dpa)