Im Schweigegeld-Prozess versucht der Trump-Anwalt den Kronzeugen zu diskreditieren. Der sorgt bei den Geschworenen für Belustigung.
Wirres KreuzverhörAnwalt nimmt Kronzeugen in die Mangel – Donald Trump döst im Gericht
Im Schweigegeld-Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hat die Verteidigung den Kronzeugen Michael Cohen ins Kreuzverhör genommen. Ihr Bestreben wurde dabei schnell klar: Cohen, jahrelang enger Vertrauter und „Ausputzer“ von Trump, als unglaubwürdigen und rachsüchtigen Lügner darzustellen.
Donald Trump: Schweigegeld-Prozess geht in entscheidende Phase – Michael Cohen im Kreuzverhör
Gleich zu Beginn setzt Todd Blanche, der Donald Trump vor Gericht vertritt, den Ton für das Kreuzverhör. „Herr Cohen, mein Name ist Todd Blanche. Sie haben mich nie getroffen, oder?“, begann Trumps Anwalt die Befragung. Nachdem Cohen verneint, fügte hinzu: „Aber nach dem Prozessbeginn im April sind Sie auf Tiktok gegangen und haben mich ein heulendes kleines Stück Scheiße genannt.“
Es ist der Auftakt zu einem konfrontativen Schlagabtausch, der bereits im Vorfeld erwartet worden war. Cohen reagiert zurückhaltend: „Klingt nach etwas, das ich sagen würde“, räumt er ein. In der Folge gibt der frühere persönliche Anwalt von Donald Trump immer wieder ähnliche Antworten, beruft sich teilweise auf Erinnerungslücken. Später räumt Cohen zudem ein, er wolle Trump hinter Gittern sehen. Der Ton ist zu Beginn des Kreuzverhörs so scharf, dass der Richter die Anwälte zwischenzeitlich zu sich holt und offenbar darum bittet, dass das Kreuzverhör etwas gesitteter abläuft.
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Kreuzverhör in Trump-Prozess: Verteidigung nimmt Michael Cohen in die Mangel
Dass Todd Blanche alles daran setzt, Michael Cohen vor den Geschworenen zu diskreditieren, ist nachvollziehbar. Er ist vielleicht der wichtigste Zeuge der Staatsanwaltschaft, weil er bei seiner vorherigen Befragung durch die Anklage eine direkte Verbindung zwischen Trump und einer Zahlung an Pornostar Stormy Daniels herstellen konnte.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Trump, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin verbessern wollen. Zwar war die von keiner Seite bestrittene Transaktion selbst nicht illegal. Der heute 77-Jährige soll aber bei der Erstattung des von Cohen ausgelegten Betrags Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Zahlung zu verbergen. Aus Sicht der Anklage handelte es sich deshalb um illegale Wahlkampffinanzierung.
Michael Cohen erklärt plötzliche Abkehr von Donald Trump
Blanche konfrontiert Cohen immer wieder mit dessen scharfen Angriffen auf Trump. Er zeichnet das Bild eines Mannes, der von Rachegedanken gegen seinen früheren Boss besessen ist, seitdem dieser ihn fallen ließ.
Michael Cohen, der unter anderem auf die Spitznamen „Pitbull“ und „Fixer“ hört, hatte fast zwölf Jahre lang für seinen Chef Probleme gelöst. Einst sagte Cohen, er würde gar eine Kugel für Trump abfangen. 2018 endete die Zusammenarbeit. Ihm sei wegen Trump sein „moralischer Kompass“ abhandengekommen, so Cohen über die Zeit. Ein Gespräch mit seiner Familie im August 2018 habe ihn davon überzeugt, seine Meinung zu ändern, sich schuldig zu bekennen und die Wahrheit über Trump zu sagen, erklärt Cohen den Geschworenen. Todd Blanche bilanziert, dass Cohen in den Jahren 2015 und 2016 Trump noch öffentlich gelobt habe, die Bewunderung ab dem Sommer 2018 allerdings in Hass umgeschlagen sei.
Donald Trump verfolgt Aussage erneut mit geschlossenen Augen
Teilweise gelingt es dem Trump-Anwalt, Cohen in die Ecke zu treiben, wenn sich der Zeuge wiederholt ahnungslos zeigt oder gereizt antwortet. Oft eröffnet der Trump-Anwalt dabei allerdings Nebenschauplätze, die für den Prozess kaum Relevanz haben.
Trump erschien am Dienstag in dunkelblauem Anzug und gelber Krawatte vor Gericht. Er verhielt sich während des Kreuzverhörs auffallend passiv. Statt seinem Anwalt bei dem Versuch zuzusehen, die Glaubwürdigkeit seines Widersachers zu untergraben, hatte er – wie schon bei der vorherigen Befragung Cohens durch die Staatsanwaltschaft – oft die Augen geschlossen und verhielt sich ruhig. US-Medien hatten am Vortag gar gemutmaßt, Donald Trump sei während der Aussage von Cohen eingeschlafen.
Trump brachte auch wieder eine große Entourage von Unterstützern mit zum Prozess. Neben seinem Sohn Eric Trump und dessen Frau Lara waren auch der republikanische Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, Mike Johnson, und der rechtspopulistische Republikaner Vivek Ramaswamy dabei. Dieser gilt für die Wahl im November als möglicher Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten an Trumps Seite. Seine Frau Melania Trump gehörte erneut nicht der Entourage an.
US-Medien ziehen Bilanz zu Schweigegeld-Prozess – Donald Trump droht harte Strafe
Die Bilanz in den US-Medien zum Kreuzverhör fiel anschließend unterschiedlich aus. Einige US-Kommentatoren vertraten die Meinung, dass es Anwalt Blanche zumindest im ersten Teil des Kreuzverhörs nicht gelungen sei, Cohens Vorwürfe zu diskreditieren. Teils sei er während der Befragung so schnell von einem Thema zum nächsten gesprungen, dass es nicht leicht gewesen sei, ihm zu folgen. Die teilweise sehr unverblümten Antworten Cohens, der mehrmals „Klingt nach etwas, das ich sagen würde“ antwortete, hätten amüsant gewirkt. Die „New York Times“ bemerkte, die Geschworenen seien offensichtlich belustigt gewesen.
Cohen gilt wegen wiederholter Lügen in seiner Vergangenheit als problematischer Zeuge. Die Schweigegeldzahlungen an Daniels beschäftigen die US-Justiz schon seit Jahren. Cohen wurde in diesem Zusammenhang bereits 2018 schuldig gesprochen und saß unter anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe ab. Damals war Trump noch Präsident und wurde von der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich verfolgt. Das Kreuzverhör soll am Donnerstag weitergehen, am Mittwoch pausiert der Prozess.
Die Staatsanwaltschaft ließ wissen, dass Cohen ihr letzter Zeuge gewesen sei. Trumps Anwälte könnten bereits am Donnerstag mit dem Kreuzverhör fertig sein. Danach wäre es an der Verteidigung, entlastende Zeugen aufzurufen, bevor es zu den Schlussplädoyers kommt. Auch Trump selbst könnte dann aussagen – vorausgesetzt, er möchte.
Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Trump droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Das Verfahren könnte sich auch auf den Wahlkampf in den USA auswirken. Trump, der im November erneut zum US-Präsidenten gewählt werden will, hat auf nicht schuldig plädiert. Die zwölf Geschworenen müssen in eine einstimmige Entscheidung treffen. Richter Juan Merchan würde im Falle einer Verurteilung das Strafmaß festlegen. (mit dpa)