Düsseldorf/Köln – Nach erneut chaotischen Szenen an den Sicherheitskontrollen der Flughäfen Düsseldorf und Köln Bonn während des Pfingstwochenendes wird der Ruf nach einer staatlichen Neuorganisation des Check-In immer lauter.
Die Kritik
„Was Fluggästen und Mitarbeitern zugemutet wurde, ist ein absolutes Desaster. Das war ein Chaos mit Ansage“, kritisierte Verdi-Sekretär Özay Tarim gegenüber unserer Redaktion. Warteschlangen hätten sich zeitweise durch die gesamten Flughafengebäude gezogen. Tarim forderte Bundes- und Landesregierung zu einer grundlegenden Neuorganisation auf: „Die Sicherheitskontrolle als Geschäftsmodell für gewinnorientierte Unternehmen hat ausgedient. Der Staat muss in die Verantwortung.“
In gleiche Horn stieß die SPD-Opposition im Landtag: „Wir machen uns schon lange für eine Neustrukturierung der Flughafenkontrollen stark und haben dazu bereits vor drei Jahren einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht“, sagte Innenexperte Hartmut Ganzke unserer Redaktion. Sicherheitschecks müssten wieder staatliche Aufgabe werden.
Neue Anstalt soll übernehmen
Die SPD fordert die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts, die die Kontrollen übernehmen soll. „Der Wettbewerbs- und Kostendruck würde dadurch wegfallen, die Arbeitsbedingungen für das Personal besser und die Abläufe optimiert werden“, so Ganzke.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hegt Sympathien für eine solche Anstalt öffentlichen Rechts. Luftsicherheitsassistenten des Bundes könnten schwerpunktgerecht und flexibel eingesetzt werden. Die bisher bei privaten Dienstleistern Beschäftigten würden vom Bund übernommen.
Das Personalproblem
Bereits 1993 wurden die Luftsicherheitskontrollen vom Staat auf private Sicherheitsunternehmen übertragen. Seither beauftragt die Bundespolizei verschiedene Dienstleister mit der Aufgabe. Angesichts gestiegener Fluggastzahlen und strengerer Sicherheitsanforderungen wird es jedoch immer schwieriger, eine ausreichende Zahl an Mitarbeitern zu bekommen. Der Stundenlohn ist mit aktuell 19,81 Euro zwar vergleichsweise hoch, doch viele Firmen stellen nur Teilzeitkräfte ein.
Idee aus Bayern
Der Freistaat Bayern hat sich damit beholfen, eine eigene Landesgesellschaft zu gründen. CDU und Grüne, die in NRW über die Bildung einer Landesregierung beraten, dürften nach dem Pfingst-Chaos unter Druck geraten, zumindest dem bayerischen Vorbild zu folgen.
Die Situation der Flughäfen
Das Düsseldorfer Flughafenmanagement ist Leidtragende der Situation: „Wir bedauern es sehr, dass es aktuell immer wieder zu langen Schlangen und deutlichen Verzögerungen an den Sicherheitskontrollstellen des Airports kommt“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Im Kern sei sie auf den Personalmangel beim Dienstleister der Bundespolizei zurückzuführen. Der Flughafen fordert als Sofortmaßnahme das Engagement eines zweiten Sicherheitsdienstleisters.
Ein Sprecher des Flughafens Köln Bonn verwies auf die Zuständigkeit der Bundespolizei für die Sicherheitskontrollen , bestätigte aber, dass es in den Spitzenzeiten zu längeren Wartezeiten gekommen sei. Nach Schätzung von Verdi-Sekretär Tarim fehlen in Köln rund 100 Mitarbeiter beim Check-In, in Düsseldorf sogar 500. „Das Problem ist von der Branche völlig verschlafen worden. Schon zu Ostern gab es Engpässe. Bis zu den Sommerferien ist das nicht mehr zu beheben. Und nur Flickschusterei möglich“, so Tarim.
Personalmangel zieht Kreise
Nicht nur bei den Sicherheitskontrollen mangelt es an Personal. Der Flughafen Köln Bonn sucht aktuell Mitarbeiter für Flugzeugabfertigung und Gepäckdienst. Wegen der Sicherheitsauflagen für die Stellenbesetzung an Flughäfen, der „Zuverlässigkeitsüberprüfung“ können Mitarbeiter allerdings nicht von heute auf morgen eingestellt werden.
Weltweite Komplikationen
Auch bei großen europäischen Airlines gab es am Pfingstwochenende Probleme, etwa Flugausfälle und Tausende im Ausland gestrandeten Passagiere. Auch hier fehlt es massiv an Personal, weshalb die Sorge vor chaotischen Zuständen in der Hauptreisezeit wächst.
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Am Wochenende sind nach Medienberichten wegen etlicher Flugausfälle unter anderem Tausende Briten im Ausland gestrandet. Die auf die Reisebranche spezialisierte Beratungsagentur PC Agency schätzte, dass 15 000 Passagiere von kurzfristigen Änderungen betroffen seien. Sowohl Easyjet als auch British Airways und Tui strichen etliche Flüge. Die britische Regierung warf der Branche vor, sich nicht vorbereitet zu haben.
Die niederländische Fluggesellschaft KLM hatte am Pfingstsonntag damit begonnen, zahlreiche ihrer am Vortag in europäischen Ländern gestrandeten Passagiere nach Amsterdam zu bringen. Wegen erheblicher Verzögerungen bei der Abfertigung am Airport Schiphol hatte sich KLM entschieden, etliche Linienflüge ausfallen zu lassen. (mit dpa)