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GeneraldebatteBundeskanzler Scholz ruft zum Deutschland-Pakt auf

Lesezeit 3 Minuten
„Deutschland muss schneller werden“, ist eine der Forderungen von Olaf Scholz.

„Deutschland muss schneller werden“, ist eine der Forderungen von Olaf Scholz.

Kanzler Scholz holt in der Generaldebatte mächtig aus, doch die plakative Formel muss mit Inhalt gefüllt werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat eine „nationale Kraftanstrengung“ gefordert, um Deutschland moderner, schneller und sicherer zu machen. In der Generaldebatte des Bundestags schlug er Ländern, Kommunen und der Opposition mit Ausnahme der AfD am Mittwoch einen „Deutschland-Pakt“ zur Modernisierung des Landes vor. „Tempo statt Stillstand, Handeln statt Aussitzen, Kooperation statt Streiterei. Das ist das Gebot der Stunde“, betonte Scholz. „Nur gemeinsam werden wir den Mehltau aus Bürokratismus, Risikoscheu und Verzagtheit abschütteln, der sich über Jahre, Jahrzehnte hinweg auf unser Land gelegt hat.“

Für die CDU/CSU-Fraktion nahm CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt das Angebot des Kanzlers an. Er forderte Scholz aber auch auf, zunächst für Einigkeit in der Ampel-Koalition mit Grünen und FDP zu sorgen.

Zwei Drittel unzufrieden

In den vergangenen Wochen war es in der Koalition von SPD, Grünen und FDP zu massivem Streit vor allem über das Heizungsgesetz und die Kindergrundsicherung gekommen. Mehr als zwei Drittel der Deutschen zeigen sich in Umfragen inzwischen unzufrieden mit der Arbeit der Ampel-Regierung.

Mit dem „Deutschland-Pakt“ versucht Scholz aus der Defensive kommen. Er reagiert damit auf stagnierendes Wirtschaftswachstum, Inflation, schleppende Digitalisierung, teils marode Infrastruktur und ausufernde Bürokratie im Land.

Mit Maßnahmen in vier Bereichen will der Kanzler nun gegensteuern: Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden, damit zum Beispiel Baugenehmigungen einfacher erteilt oder Masten fürs schnelle mobile Internet problemlos errichtet werden können.

Daneben sollen Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gestärkt werden. Unter anderem sollen dazu die bereits vom Kabinett beschlossenen Steuererleichterungen für Unternehmen im Umfang von 32 Milliarden Euro umgesetzt, aber auch die Gründung von Start-up-Unternehmen erleichtert werden.

Die Verwaltung soll weiter digitalisiert werden. Bis Ende 2024 sollen wichtige Dienstleistungen wie Anträge auf einen neuen Führerschein oder Personalausweis oder das Eltern- und Bürgergeld „durchgängig“ online möglich sein.

Die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland soll weiter vorangetrieben werden, unter anderem durch beschleunigte Verfahren. Gleichzeitig soll „irreguläre“ Einwanderung besser gesteuert und Abschiebungen sollen schneller durchgeführt werden.

Die Ziele sind nicht neu. Neu ist aber, dass Scholz nun ein breites Bündnis zur Umsetzung sucht. Sein Angebot richtet sich an die 16 Regierungschefs der Länder, an die Landräte und Bürgermeister. Es richtet sich auch an die „demokratische Opposition“. Damit meint er alle Oppositionsparteien außer der AfD.

Ausdrücklich richtete Scholz sein Angebot an Friedrich Merz, den Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion. Bevor er ihm die Avancen machte, zoffte sich der Kanzler im Bundestag aber erst einmal mit Merz über die Finanzierung der Bundeswehr. Auf den Vorwurf des CDU-Chefs, Scholz werde seinen in der „Zeitenwende“-Rede formulierten Ansprüchen nicht gerecht, erwiederte der Kanzler: „Es funktioniert nicht mit den Popanzen in dieser Republik.“

Kommt nun der Ruck?

In der folgenden Debatte zündete der Vorschlag des Kanzlers dann allerdings auch nicht so richtig. Die Fraktionschefs von SPD und FDP, Rolf Mützenich und Christian Dürr, stellten sich hinter die Initiative. Eine echte Auseinandersetzung über den Vorstoß entwickelte sich aber nicht.

Unklar ist, wie es nun weitergeht. Wie wird der Pakt organisiert? Ist der nächste Schritt ein Deutschland-Gipfel mit Ministerpräsidenten, Bürgermeistern, Landräten und Oppositionsvertretern? Was ist mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften?

So manchen mag der Auftritt des Kanzlers an die „Ruck-Rede“ von Bundespräsident Roman Herzog erinnert haben, der 1997 forderte: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen. Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen.“ (dpa)