NRW-GesundheitsministerLaumann erwägt Rückkehr zur Maskenpflicht
Düsseldorf – Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will die neuen Corona-Regeln der Ampel-Bundesregierung möglicherweise für die Wiedereinführung einer umfassenden Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in NRW nutzen. „Für mich als Gesundheitsminister ist im Herbst und Winter je nach Infektionslage eine Maskenpflicht in Innenräumen durchaus denkbar. Das wird durch diesen Vorschlag ermöglicht“, sagte Laumann unserer Redaktion am Donnerstag.
Der Vorschlag des Bundes für ein neues Infektionsschutzgesetz ab 1. Oktober mit weitreichenden Regelungskompetenzen für die Länder gehe „in die richtige Richtung“, lobte Laumann. Bei einer erheblichen Gefährdung der medizinischen Versorgung könne man künftig per Parlamentsbeschluss noch schärfere Maßnahme verhängen. „Damit werden wir bei den aktuellen Virusvarianten auskommen“, so der Minister.
Beim Auftreten neuer Corona-Varianten müsse der Bund den Ländern schnell mit der Erklärung der epidemischen Lage weitere Instrumente zur Bekämpfung an die Hand geben, forderte Laumann: „Dieser Verantwortung muss er dann aber auch ohne langen politischen Streit gerecht werden.“
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Lob von den Landes-Grünen
Der Grünen-Gesundheitsexperte Mehrdad Mostofizadeh hält es für richtig, „dass bisherigen Erkenntnissen zur Wirksamkeit von Masken beispielsweise im öffentlichen Verkehr Rechnung getragen wird und besonders gefährdete Menschen in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen besser geschützt werden“. Gemeinsam mit den anderen Ländern berate die schwarz-grüne Landesregierung die vorgelegten Eckpunkte und ihre Praxistauglichkeit bei der Gesundheitsministerkonferenz in der kommenden Woche. „Fest steht: Am Ende des Beratungsprozesses müssen die Länder ausreichend Instrumente zum Infektionsschutz zur Verfügung haben“, so Mostofizadeh.
SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty appellierte, die Möglichkeiten der neuen Corona-Regeln sinnvoll zu nutzen: „Gemeinsam können Bund und Länder es mit diesem Instrumentenkoffer schaffen, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten und den Alltag dabei vernünftig weiterzuführen. So wenig Eingriffe wie nötig, so viel Schutz wie möglich – dafür hat die Ampel jetzt gesorgt.“
Warnung vor Konflikten
Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hat bereits angekündigt, noch vor den Herbstferien die Erfahrungen aus den Schulen auszuwerten und neue rechtliche Möglichkeiten gegebenenfalls zu nutzen. Aktuell fehlt der bundesgesetzliche Rahmen, um flächendeckend Masken- und Testpflicht anzuordnen. Schul- und Kita-Schließung soll es hingegen nicht mehr geben.
Mit der Neufassung der ab 8. August gültigen Schutzverordnung werden auch verbindlich die Voraussetzungen für Coronatests und die Betreuung in Kitas und Schulen im Land geregelt. Grundsätzlich sollen Eltern über Kitas und Schulen Corona-Schnelltests gestellt bekommen, um ihre Kinder anlassbezogen zu Hause testen zu können.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) fürchtet jedoch, dass Konflikte in Schulen und Kitas getragen werden, wenn die Entscheidung über Präsenzbetrieb, Tests und Masken den Akteuren vor Ort überlassen werde. „Es muss für Schule und Kita klar, realistisch umsetzbar und planbar sein, was genau passiert, wenn welche Kriterien vorliegen – das ist weiterhin nicht der Fall“, teilte der VBE mit.
Neues Corona-Konzept sorgt auch bundesweit für Debatten
Auch außerhalb von NRW ist der Entwurf der Bundesregierung für das Infektionsschutzgesetz auf geteiltes Echo gestoßen. Zwar sei die Möglichkeit der Maskenpflicht im Fall hoher Infektionszahlen an weiterführenden Schulen zu begrüßen, sagte der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger. „Warum im gleichen Fall, also zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebs, eine Maskenpflicht an Grundschulen nicht angeordnet werden kann, ist allerdings absolut nicht nachvollziehbar.“
Die Bundesärztekammer hielt der Regierung zugute, dass sie Schulschließungen eine Absage erteilt. Ärztepräsident Klaus Reinhardt bemängelte aber zugleich, dass sich das Schutzkonzept an einigen Stellen „leider noch im Vagen“ halte. Unklar sei etwa, was passieren solle, wenn eine Überlastung der medizinischen Infrastruktur drohe. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft vermisst Grenzwerte, anhand derer sich die Überlastung des Gesundheitswesens beurteilen lassen würde.
Der Deutsche Städtetag sieht noch mehrere offene Fragen. „Wird im Herbst wieder der kostenlose Bürgertest für alle eingeführt? Wie geht es mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht weiter?“ Dazu erwarten wir sehr bald Antworten der Bundesregierung“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.
Es gibt auch den Vorwurf an die Regierung, dass einige vorgeschlagene Maßnahmen nicht alltagstauglich seien. „Wenn bei der Maskenpflicht beispielsweise danach differenziert werden soll, ob die letzte Impfung drei oder vier Monate zurückliegt, dann frage ich mich, wie das im Alltag funktionieren soll“, sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt. „Dass solche Regelungen nicht zur Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen werden, ist offensichtlich. Im Zweifel muss man auch nicht alles gesetzlich haarklein regeln.“
Der Virologe Hendrik Streeck warnte, dass Deutschland sich angesichts unterschiedlicher Maßnahmen je nach Bundesland in einen Flickenteppich verwandeln könnte. Um das zu vermeiden, brauche es klare Vorgaben für die Länder, wann diese Maßnahmen wie die Maskenpflicht an Schulen ergreifen sollten, so Streeck. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte dazu: „Dass da ein Flickenteppich kommt, hoffe ich nicht. Wir arbeiten mit den Ländern zusammen, dass sie das Maximum nutzen, das wir anbieten.“ (dpa)