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KVB | Kölner Verkehrs-Betriebe AG - Köln

Streit bei der KVBVorstandsmitglied überlässt Dienstwagen seiner Ehefrau

Lesezeit 6 Minuten
Ein Auto steht in einer Garage

Wie viel private Nutzung ist bei einem Dienstwagen zugelassen?

Wird ein Dienstwagen, der überwiegend rund 200 Kilometer entfernt vom Dienstsitz steht und dort von der Ehefrau genutzt wird, wirklich noch als Dienstwagen genutzt? Eine Frage, die gerade im Vorstand der KVB die Gemüter erhitzt.

Bahnfahren ist eigentlich Ehrensache für die Vorstandsmitglieder der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Doch weil ihre Kalender randvoll mit Terminen sind, die oftmals bis in den späten Abend hineinreichen, gehört zu den Leistungsbezügen der vier KVB-Vorstände jeweils ein Dienstwagen. Vier Oberklasse-Limousinen also. Im Allgemeinen hat das noch nicht zu Kritik geführt. Werden die doch gemeinhin so genutzt, wie man sich das bei Dienstwagen denkt. Alle vier? Nein, einer anscheinend nicht.

„Auto steht nicht zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung“

Konkret geht es dabei um Finanzvorstand Thomas Schaffer. Weil das Klima im Vorstand seit längerem unterkühlt ist (siehe Infos am Ende des Textes), wurde unter anderem zu dessen Dienstwagennutzung sogleich eine Rechtseinschätzung eingeholt – über eine Anwaltskanzlei in Diensten des Stadtwerkekonzerns, zu dem die KVB gehören. Die private Nutzung des zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung gestellten Dienstwagens sei erlaubt, schicken die Anwälte von „Heuking, Kühn, Lüer und Wojtek ihrem Bericht voraus, der der Rundschau vorliegt. Jedoch: „Im Falle von Herrn Dr. Schaffer steht das überlassene Fahrzeug für dienstliche Zwecke nicht zur Verfügung, da nach Aussage von Herrn Dr. Schaffer das Fahrzeug nahezu ausnahmslos von der Ehefrau als Familienauto genutzt wird und sich somit grundsätzlich in Frankfurt befindet.“

Rückendeckung vom Aufsichtsratsvorsitzenden

Der Bericht der Kanzlei ist nunmehr zwei Jahre alt. Ganz neu ist der Konflikt also nicht. Im November 2021 berichtete die Rundschau bereits, dass ein Streit zwischen den vier Vorstandsmitgliedern der KVB ausgebrochen ist, so heftig, dass ein Mediationsverfahren eingeleitet wurde. Ein Aspekt dieser Auseinandersetzung war auch die Nutzung des Dienstwagens durch Finanzvorstand Schaffer. Doch damals winkte Aufsichtsratsvorsitzender Lino Hammer (Grüne) auf Nachfrage der Rundschau ab: „Die Nutzung des Dienstwagens entsprach zu jedem Zeitpunkt der üblichen und eigentlichen vertraglichen Regelung“, so seine Stellungnahme in dem Rundschau-Artikel. Zum Zeitpunkt seiner Stellungnahme lag ihm der Bericht der Kanzlei bereits vor.

Nur zu Reparaturen in Köln

Wie kommt es zu der Diskrepanz, zwischen seiner Einschätzung und des Berichts der Kanzlei für den Stadtwerkekonzern, zu dem die KVB gehört? Der Vermerk der Kanzlei enthalte kein Rechtsgutachten, sondern – ganz ausdrücklich – eine erste Sachverhaltsdarstellung, sagt dazu Hammer. „Die Einschätzung der Kanzlei, dass das überlassene Fahrzeug für dienstliche Zwecke nicht zur Verfügung stehe, ist nicht zutreffend“, erwidert der Grünen-Politiker. Hält diese Aussage Hammers der Realität stand? Gleich mehrere KVB-interne Quellen bestätigen der Rundschau: Auch nach dem Bericht der Kanzlei vor zwei Jahren hat sich an der Nutzung des Dienstwagens durch Schaffer nichts geändert. Der Dienstwagen des Finanzvorstands komme nur dann in die Scheidtweilerstraße, wenn eine Reparatur oder eine gründliche Reinigung anstehe. Für den Zeitraum einer Reparatur werde dann zumeist ein Ersatzwagen geordert. Auch der werde dann nahezu ausschließlich in Frankfurt genutzt. Oftmals würden sich die Nutzung des Ersatzwagens und des Dienstwagens nach der Reparatur noch bis zu einer Woche überlappen.

Private Nutzung durch Vertrag gedeckt?

Anders als Hammer, behauptet Schaffer nicht ausdrücklich, die Darstellung der Kanzlei zur Nutzung seines Dienstwagens sei unzutreffend: „Die private Nutzung ist vertraglich gedeckt. Die Pkw-Nutzung ist in jeder Hinsicht rechtlich korrekt und vertragskonform erfolgt. Die private Nutzung ist Bestandteil des Gehaltes und wird entsprechend von mir auch versteuert“, antwortet er auf Nachfrage der Rundschau. Wichtig ist Schaffer dabei: „Es ist zu keinerlei Einschränkung von dienstlichen Belangen gekommen.“ Wo immer möglich nutze er öffentliche Verkehrsmittel oder bilde Fahrgemeinschaften mit den Vorstandskollegen.

Allerdings: Die Kanzlei berichtete vor zwei Jahren, Schaffer habe einen Termin ausgerechnet beim Stadtwerkekonzern nicht wahrnehmen können, weil seinerzeit die KVB streikte und sein Dienstwagen nicht zur Verfügung stand. Aus dem Bericht der Anwälte geht weiter hervor, dass die Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks Schaffer bereits gewarnt habe. Ein vergleichbarer Fall habe bei der Rheinbahn in Düsseldorf dazu geführt, dass eine Vorständin abberufen wurde (siehe Infos am Textende). Schaffer änderte sein Verhalten jedoch nicht. Im Gegenteil. Laut des Kanzleiberichts ließ er seinen Umgang mit dem Dienstwagen auf eigene Faust rechtlich prüfen, argumentierte, demnach sei seine Vorgehensweise vom Vertrag abgedeckt.

Auf der Suche nach Mitfahrgelegenheiten

Aussage gegen Aussage. Die „Dienstwagenaffäre“ schwelt seit dem weiter und belastet das anhaltend schlechte Klima im KVB-Vorstand. Die Vorstandsmitglieder Haaks, Schwarze und Densborn teilen dem Vernehmen nach ausdrücklich nicht die Auffassung Schaffers über die Nutzung seines Dienstwagens. Dass Schaffer stetig nach Mitfahrgelegenheiten sucht, wird bei den Vorstandskollegen deshalb ungern gesehen. Hoffnung, Schaffer gleiche seine Dienstwagennutzung, der im Vorstand üblichen Praxis an, besteht offenbar nicht mehr. Die Wallbox (Stromladestation) in der Tiefgarage der KVB-Hauptzentrale für Schaffers Hybrid-Dienstfahrzeug wird mittlerweile anderweitig genutzt.


Das Klima im Vorstand

Der Konflikt um Vorstandsmitglied Thomas Schaffer war so gravierend, dass sich der Stadtwerkekonzern einschaltete. Schaffer wurde nebst seiner Dienstwagennutzung eigenmächtiges Handeln, vorbei am Vorstand und der Vorstandsvorsitzenden Stefanie Haaks, vorgeworfen. Im Beisein eines Anwalts wurde dem Aufsichtsratsvorsitzenden Lino Hammer (Grüne) mitgeteilt: „Dass der Stadtwerkekonzern zur Lösung des Konflikts innerhalb des Vorstandes möglicherweise bereit ist, Herrn Dr. Schaffer im Rahmen einer Hauptversammlung das Vertrauen zu entziehen.“

Doch vor allem die Grünen stellten sich schützend vor Schaffer. Der Posten des Finanz-Vorstands gilt als ihr „Hoheitsbereich“. Schaffers Vorgänger, Peter Hofmann, bekam wegen Konflikten mit dem Betriebsrat keine Vertragsverlängerung. Nach Hofmanns nicht erfolgten Wiederwahl wollten die Grünen Schaffers Abwahl auf keinen Fall zulassen. Der Vorstand unterzog sich daraufhin eines Mediationsverfahrens. Nach rund anderthalb Jahren wurde vermeldet, dieses sei erfolgreich abgeschlossen.

Sowohl Schaffer als auch Hammer betonen auf Nachfrage, der Konflikt schwele nicht mehr, das Verfahren sei erfolgreich beendet, der Vorstand arbeite gut zusammen. Dem stehen Berichte aus dem KVB-Haupthaus entgegen, wonach Vorstandssitzungen endeten, indem alle Vorstandsmitglieder wutschnaubend und türknallend den Raum verließen. Das Mediationsverfahren sei mehr abgebrochen als erfolgreich abgeschlossen worden. Die Stimmung im Vorstand wird allenthalben als angespannt beschrieben. (ngo)


Rückblick: Die Rheinbahn-Affäre

2019 stolperte die Finanzvorständin der Düsseldorfer Rheinbahn, Sylvia Lier, unter anderem über eine Dienstwagenaffäre. Erst wenige Monate im Amt,wartete sie auf einen bestellten Dienstagen. Bis zur Auslieferung bezahlte die Rheinbahn ihr Mietwagen. Die überließ sie ihrem Mann. Ein Rechtsgutachten wurde vom damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden in Auftrag gegeben. Demnach sei die Nutzung der angemieteten „Dienstwagen“ durch den Ehemann der Vorständin vertraglich nicht abgedeckt. Bei den Fahrten handle es sich nämlich um Privatfahrten. Der Aufsichtsrat zog Konsequenzen und beschloss im November 2019 die Trennung von Sylvia Lier. (ngo)


Hintergrund: Vergütung

2021 bezog Thomas Schaffer 589 200 Euro im Dienste der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) , das geht aus dem Vergütungsberichts dieses Jahres hervor, den die Stadt Köln veröffentlicht. Die Summe setzt sich zusammen aus 251 100 Euro Gehalt, 23 200 Euro Bonus, einer Altersvorsorge in Höhe von 307 000 Euro und Schabezügen von 7800 Euro für den Finanzvorstand. Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks kam in 2021 in Summe auf 660 400 Euro. Technik-Vorstand Jörn Schwarze kostete der KVB für Gehalt, Bonus, Sachbezügen und Altersvorsorge 888 400 Euro. Personalvorstand Peter Densborn bringt es auf 867 700 Euro in 2021. (ngo)