Der Journalist Reiner Burger und bisher unveröffentlichte Fotos erzählen von Marlene Dietrich an der Front.
Reiner BurgerNeuer Bildband über „Marlene Dietrich an der Front“

Autor Reiner Burger
Copyright: Meret Burger
Sie ist blond und blendend und glamourös, „Miss Lovely Legs“ „Der Blaue Engel“ und „Die fesche Lola“. Aber auch ein „Kumpel“, ein „Pfundskerl“ und „GI Dietrich“. Diese ganz andere (kaum bekannte) Seite der Hollywoodgöttin und Stilikone zeigt beeindruckend und detailreich der Bildband „Marlene Dietrich an der Front“.
Ernest Hemingway war der Auslöser
An die 100 bisher unveröffentlichte Fotos und Journalist Dr. Reiner Burger erzählen darin, die Geschichte von einer, die 1944 auszog, um die Soldaten der US-Army zu betreuen. Sie zu unterhalten, zu trösten und zum Lächeln zu bringen. Und dafür das eigene Leben zu riskieren. Etwas, das sie später „das einzig Wichtige, was ich je getan habe“ nennen wird.
Und woraus ihr, nach Ende ihrer Filmkarriere, eine berufliche Zukunft erwächst: als Sängerin und Entertainerin. „Diese neue Karriere ist auch einer der Gründe dafür, warum wir uns heute noch an sie erinnern“ sagt der Autor, der für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ als politischer Korrespondent in NRW arbeitet, „dadurch war sie Jahrzehnte lang präsent.“
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Als die Ära der Konzerte und Shows jäh endet, 1975 mit einem gebrochenen Oberschenkelhals bei einem Auftritt in Sidney, ist die „ewig junge Marlene“ 74 Jahre alt. „Ich bin überzeugt, Marlene ist eine Jahrhundertfigur“, sagt der Autor, „sie war radikal, in jeder Hinsicht. Sehr, sehr konsequent und unglaublich diszipliniert, auch sich selbst gegenüber. Für mich macht es einen Teil ihrer Faszination aus, wie bewusst, aber teils auch unbewusst, sie Vorstellungen erfüllt hat, die in sie hinein projiziert wurden. Und wie sie sich gleichzeitig immer wieder selbst in Bildern inszeniert hat.“
Panzer und Paillettenkleid
So zeigt sie das Titelbild mit sinnlich halb geschlossenen Augenlidern und leicht geöffnetem Mund. Sehr aufrecht, Brust raus, Schultern zurück, auf einer Wiese. Gekleidet in eine dunkle, zweiteilige Drillich-Uniform. Unterm Käppi quellen kinnlange blonde Locken hervor. Lederhandschuhe, Feldtasche, Kampfstiefel komplettieren ihr Outfit. Aufgenommen aus der Froschperspektive strahlt die Dietrich die Erhabenheit einer Göttin aus, ihr Gesicht leuchtet. Im Hintergrund Hunderte Fallschirme, die vom Himmel herabschweben, so wie dunkle Blüten.
Innen im Buch zeigt ein weiteres Foto aus der Serie, wie „GI Dietrich“ einen vom Wind aufgeblähten Fallschirm als Kulisse nutzt. Um wenig später zu einem Fallschirmspringer zu eilen, der nach einem Unfall verletzt am Boden liegt: „Sie konnte auch sehr spontan sein und sehr hilfsbereit.“
Wie kommt man dazu, ein solches Buch zu schreiben? „Hemingway hat mich auf Marlene gebracht. Er war im Zweiten Weltkrieg Kriegsberichterstatter in Europa für eine amerikanische Zeitschrift und 1944 auch in der Eifel. Als ich an dieser Geschichte gearbeitet habe, 2019, ist mir Marlene quasi ins Bild gelaufen. Die beiden kannten sich schon vorher, aus Paris, sie haben sich da immer im Ritz getroffen – und nach den ersten Rechercheschüben konnte man es schon spüren: Marlene ist viel spannender als Ernest. Was sich später noch vertieft hat: sie ist intensiver, mutiger und interessanter.“
Die Bilder zeigen sie Anfang 1945 im Paillettenkleid auf einem Panzer neben einem lächelnden GI, November 1944 behelmt vor einer Hausruine in Aachen oder umringt von Marines bei einem 1942 in Illinois veranstalteten Konzert. Der Glamour ist Bestandteil der Shows: „Das Paillettenkleid war für Marlene auch eine Art Uniform.“
Essen aus dem Feldgeschirr
Die aus Drillich trägt sie, wenn sie nicht auftritt, wenn sie Suppe aus dem Feldgeschirr löffelt, Ratten, Kälte und der Ruhr trotzt oder in der Feldkantine mit anpackt. Mehrfach ist Reiner Burger nach Berlin in die Deutsche Kinemathek gefahren, die den Nachlass von Dietrich verwaltet, darunter auch mehrere 100 Bilder, die Marlene Dietrich an der Front zeigen. Er hat in Archiven recherchiert, Biografien, Briefe und Artikel gelesen, sich mehr und mehr seiner Titelheldin angenähert: „Und plötzlich war ich ganz nah dran an dieser Frau.“
Was Reiner Burger frappiert hat: „Wie das Buch auf seine Weise in unsere Zeit hineingewachsen ist. Es erzählt von dem ,guten„ Amerika, davon was Demokratie und Freiheit damals bedeutet haben, und dass man dafür kämpfen muss. Auch Marlene hat für die Freiheit und gegen den Nationalsozialismus gekämpft. Und jetzt sind wir aufgerufen, dafür zu kämpfen. Es gibt keine Freiheit umsonst – dafür muss man was tun.“
Reiner Burger: Marlene Dietrich an der Front. Greven Verlag, 160 S., 38 Euro.