Es sind magisch-mystische Welten, in die die Frau mit den rotgoldenen Haaren ihre Zuhörerinnen und Zuhörer am Tanzbrunnen entführt.
„Ich bin sehr glücklich, wieder zurück zu sein“Loreena McKennitt tritt nach fünf Jahren Pause in Köln auf
Es geht nicht um eine Druckbetankung mit Kölsch. Auch nicht darum, sich mit Cocktails die Rübe abzuschrauben. Oder einen Weißwein nach dem anderen zu kippen. Es geht, nur, um einen Becher Mineralwasser. Um den zu bekommen, muss man im Rheinpark Donnerstagabend 41 Minuten anstehen. Daran, dass am Tanzbrunnen von zehn Getränkeständen mit nicht-alkoholischem Angebot nur einer (!) auf hat, trägt Loreena McKennitt keine Schuld. Aber es ändert nichts an den Tatsachen. Es ist ein heißer Sommerabend. 2.000 Menschen haben Durst. Und, über lange Zeit hinweg, kein Wasser.
Das ist nicht nur lästig, sondern auch gefährlich. Pro Tag empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als Richtwert 1,5 Liter Flüssigkeit. Bei Hitze kann das Drei- bis Vierfache nötig sein. Bei ganz großer Hitze sogar 0,5 bis 1 Liter pro Stunde. Bei fast drei Stunden, von Einlass bis Ende des Konzerts, kommt da schon Einiges zusammen. Clevere Fans lassen an der Stelle das Rechnen sein, erinnern sich an den alten Bläck Fööss-Song „Dat Wasser vun Kölle (is jot“) und suchen umgehend die sanitären Anlagen auf. Das rettende Nass aus dem Hahn hat nicht nur Trinkwasserqualität, es ist obendrein gratis.
Fünf Jahre Pause
Irgendwer scheint Loreena McKennitt die bedrohliche Lage gesteckt zu haben. Die kanadische Bardin mit den irisch-schottischen Wurzeln fängt kostbare elf Minuten später an, was einigen noch die letzte Etappe bis zur Theke sichert und obendrein das rechtzeitige Erreichen des bestuhlten Areals vor der Bühne. „Ich bin sehr glücklich, wieder zurück zu sein“, begrüßt die 67-jährige ihr Publikum, „nach diesen seltsamen fünf Jahren, die hinter uns liegen.“
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Fünf Jahre, in denen McKennitt und ihre Band pausierten: „Wir hatten schon letzten Sommer die Chance wieder aufzutreten, uns aber entschieden, damit noch zu warten, um mehr Zeit für neue Arrangements zu haben.“ Dadurch gewinnen Klassiker wie „The Lady of Shalott“, „The Bonny Swans“ oder „The Mummers´s Dance“ neue, frische Farben, ohne ihres alten Zaubers verlustig zu gehen. Wobei das Wort Zauber unabdingbar in einem Artikel über McKennitt vorkommen muss.
Es sind magisch-mystische Welten, in die die Frau mit den rotgoldenen Haaren ihre Zuhörerinnen und Zuhörer entführt. In einen berückenden Klang-Kosmos, der teils keltisch, teils hispanisch, teils orientalisch inspiriert ist. Auf ihrer Landkarte der Sehnsuchtsorte hat McKennitt Avalon, Santiago de Compostela und Marrakesch verzeichnet. Und ihr Publikum ist da voll bei ihr. Nicht nur Frauen wiegen sich in den Hüften und formen mit ihren Armen beschwörende Arabesken, auch Männer tun das.
Musik hat etwas Spirituelles
Ihre Musik hat etwas sehr Spirituelles, stark Dramatisches, ist stellenweise sehr schwermütig, sehr melancholisch, sehr „mollig“. McKennitt erzählt von den unzähligen Bäumen, auf die sie als Mädchen geklettert ist, von den uralten Wäldern, die sie früher von ihrem Fenster aus sah, von Völkern, denen die Bäume heilig sind und die sie mit den Geistern der Vorfahrern beseelen. Mit „Ages Past, Ages Hence“ hat sie daraus ein Stück gemacht.
Am Flügel, am Keyboard, an der Harfe oder mit Akkordeon, begleitet von ihren fünf „wundervollen Reisegefährten“, die Multiinstrumentalisten und ganz, ganz großartig sind, lässt die Sängerin und Komponistin ihre Stimme leuchten. Ihre Strahlkraft ist ungebrochen, das Sehnsuchtstimbre ungetrübt. Die Zeit kann ihr nichts anhaben.
Im zweiten Teil nach der Pause gibt es dann keine Ansagen. Das Album „The Mask and Mirror“, das in diesem Jahr sein 30. Jubiläum feiert, was der Tour vorangestellt ist, wird komplett durchgespielt. Auch diese Zeitreise, zurück ins Jahr 1994, gerät absolut zauberisch: die Arabeskentänzerinnen und –tänzer laufen zur Hochform auf. Auch sonst ist im Feenreich der Loreena McKennit alles vom Feinsten. Und die Schlange vorm Getränkestand Geschichte.