Daniel Pongratz alias Danger Dan schafft beim Konzert im Kölner Tanzbrunnen einen musikalischen Spagat: Klavierspielender Traum-Schwiegersohn trifft bissigen Gesellschaftskritiker.
Konzert in KölnHip-Hop-Star Danger Dan begeistert im Tanzbrunnen
Da sitzt ein Fan des heutigen Hauptprotagonisten im Theater am Tanzbrunnen. Einen Pullover trägt er. Auf dem steht „Fuck Winter“. Draußen stürmt und regnet es. Da rennen ein paar Kinder durch die Stuhlreihen und zeigen ihren Eltern die richtige Platznummer. Und: Da ist eine junge Zuschauerin, die flüstert ihrer Freundin ins Ohr: „Ich sag, er fängt mit ‚Eine gute Nachricht‘ an“.
Danger Dan geht durch die Decke
Daniel Pongratz alias Danger Dan – Mitglied der bekannten Hip-Hop-Band „Antilopen Gang“ – fängt sein Konzert heute Abend nicht mit „Eine gute Nachricht an“. Das wäre für den Auftakt des Konzertes wahrscheinlich zu vorschnell. Und so singt der gebürtige Aachener die ersten Verse seiner Nummer „Lauf davon“: „Da war ein Job, einer mit flexibler Arbeitszeit / In einer hippen Agentur, die sich sehr gut zu vermarkten weiß“.
Sie ist auch die erste Nummer auf seinem 2021 veröffentlichten Album mit dem Titel „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“. Das ist seitdem durch die Decke gegangen. Pongratz kann sich vor Konzert-Anfragen kaum noch retten. Damit gerechnet habe er nicht, als er im Lockdown einfach mal wieder sein E-Piano aus dem Keller holte und vor Langeweile anfing, zu spielen, erzählt er zwischen seinen Liedern. Und: Eigentlich möge er solche „Alter Mann sitzt hinter dem Klavier und singt traurige Lieder“-Dinger überhaupt nicht, merkt er noch an.
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Von Zynismus durchtränkte Lieder
Die Zuschauer nehmen ihm das ab. Sie lachen herzlich. Aber Pongratz macht es einem auch schwer, ihm Geschichten nicht abnehmen zu können. Sitzt er doch in seiner bordeauxfarbenen Jacke einfach nur so da hinter seinem Piano, schiebt seine Augenbrauen ein ums andere Mal unschuldig in Richtung Stirn und sagt dann schließlich auch noch: „Ich heiße Daniel. Ab einem gewissen Alter wird es peinlich, sich mit Danger Dan vorzustellen.“
Knuddeln möchte man ihn beinahe, Schwiegersöhnchen Daniel, vor allem die weiblichen Fans können sich im Verlaufe des Abends so manchen Seufzer nicht verkneifen. Pongratz’ sarkastische Antwort folgt prompt bei dem Lied „Topf und Deckel“: „Und (Petra) sucht sich dann immer 'nen Mann / Dem sie schön eine reinboxen kann“. Seine Geschichten, von denen er singt, sind durchtränkt von makabrem Zynismus, sind Geschichten, die tagtäglich an dir und mir schleichend vorüberziehen, sind das gesellschaftskritische Korrektiv, das wir so dringend benötigen, das jedoch manchmal gerne zuhause in den Ritzen unseres gemütlichen Sofas unbemerkt verschwindet.
Das, und dass Pongratz einer ist, der die Sachen beim Namen benennt, wissen die Zuschauer. Deshalb sind sie heute Abend hier. Bei „Mein Vater wird gesucht“, einem Arbeiterlied aus dem Jahre 1935, läuft einem ein eiskalter Schauer über den Rücken. Das Streicher-Quartett unter der Leitung von Jonathan Heck schafft es durch tonale und rhythmische Raffinesse, dem Vater, der vergeblich versuchte, der SA zu entkommen, neues Leben einzuhauchen. Das ist beeindruckend. Danach: Stille. Kein Nieser, kein Räuspern, kein Atmen.
Mit Liedern wie „Ölsardinenindustrie“, „Eine aufs Maul“ oder „Trotzdem“ geht das fast zweistündige Konzert mit hohem therapeutischem Potenzial für Danger Dan selbst und die Zuschauer zu Ende. Und: Ganz zum Schluss ist da eine junge Zuschauerin, die hält bei „Eine gute Nachricht“ die Hand ihrer Freundin. Schön war’s.