Köln – Als in der fast ausverkauften Lanxess-Arena das Licht ausgeht, ertönen ein paar Takte des „Paten“-Titelsongs, in dem es beziehungsreich heißt: „Wir sind in einer Welt, unserer ganz eigenen.“ Dann kommt Udo aus dem auf eine riesige Leinwand hinter der Bühne projizierten All zu seiner „Panikfamilie“. Zuerst entsteigen ein Dutzend „kleine“ Udos dem landenden Jumbo-Jet , ehe der Meister persönlich von der Hallen-Decke hinunter schwebt. Eine Ohren und Augen betäubende Show nimmt ihren Anfang, in der Lindenberg zwei Stunden genau das macht, was er singt: „Mein Ding“.
Der Konzert-Lockdown scheint keine Spuren bei dem mittlerweile 76jährigen hinterlassen zu haben: fit, wie eh und je, tänzelt er, das Mikro herumschlenkernd, über den ins Publikum ragenden Laufsteg, die Stimme nach einer Eierlikör-Gurgel-Einlage auf gewohntem Niveau. „Wir sind wieder zusammen mit der Panik-Gemeinschaft, da wo wir hingehören, wo unser Zuhause ist“, wickelt er seine „Familie“ gleich um den Finger, besingt mit „Schwere Zeiten“ gewissermaßen auch die seinen als in Pandemie-Zeiten einziger Gast im Hamburger Atlantic-Hotel: „Da trifft man auf Geister, gute Geister, böse Geister, Flaschengeister. Very spooky.“, nuschelt er. „Aber dann kamen von euch ganz viele Briefe, Brieftauben, Briefmöwen und Rauchzeichen. die mir gezeigt haben, wie intensiv unsere Verbindung ist.“„Jetzt ist das „Udopium“ endlich wieder da, der Stoff, den wir alle brauchen.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Und los geht eine schier atemlose Tour de Force über 27 Stationen durch sein musikalisches Leben von der „Honky Tonky Show“ bis in den „Sonderzug nach Pankow“ und nach „Eldorado“. Dazwischen bricht er die „Herzen der stolzesten Frauen“, geht mit seinen Evergreens auf „Sternenreise“, auf die „Andrea Doria“ und die „Reeperbahn“ - trifft sich in einem neuen Song („Wieder genauso“) aber auch mit dem Tod zu einem Plauderstündchen und versucht ihm noch ein paar Jahre abzuringen: „Wir haben gequatscht bis in den Morgen, so über dies und das…“. Was sich im ersten Moment allzu kitschig anhört, entwickelt sich aber zu einem besinnlich-berührenden, musikalischen Monolog.
Der Altrocker wäre nicht Lindenberg, wenn er sich nicht ins politische Zeitgeschehen einmischen würde: So lästert er über den Zustand der katholischen Kirche, was beim Kölner Publikum natürlich besonders auf fruchtbaren Boden fällt. Und während auf der Leinwand ein animierter Bischof selbstzufrieden in einer Hängematte liegt, gibt Udo auf der Bühne zwei lesbischen Nonnen und zwei schwulen Priester seinen Segen, worauf diese ihre Roben fallen lassen und ins Ehe-Paradies entschwinden. Auch seine Hommage auf die LGBTQ-Bewegung wird zu einer fulminanten Show in der Show, während es bei dem bewegenden Auftritt des Kinderchor „Kids on Stage“ etwas ernster zugeht: Gemeinsam mit Udo singen sie seine fast 40 Jahre alte Hymne „Wozu sind Kriege da?“ und „Wir ziehen in den Frieden“. Immer noch ein Appell für eine bessere Welt, der Lindenberg seine unvergleichliche Stimme und Austrahlung gibt: „Wir brauchen Utopien!“