Paul McCartney wird 80Der strebsame Perfektionist feiert runden Geburtstag
Mehr als einmal wurde John Lennon in Restaurants von Stehgeigern mit „Yesterday“ begrüßt. Er habe zwar immer darauf hingewiesen, dass er dies Lied nicht geschrieben habe, erzählte Lennon später – um hinzuzufügen: „Aber ein Geiger hätte auch schlecht von Tisch zu Tisch gehen und ,I am the walrus’ spielen können.“
Denn auch wenn die überwiegende Mehrzahl der Beatles-Songs den Autorenvermerk „Lennon/McCartney“ trägt, weiß man mittlerweile sehr gut, welcher Song auf wessen Konto geht. Und „Yesterday“, das mit Abstand populärste, weil am häufigsten nachgesungene Lied der Fab Four, stammt aus der Feder von Paul McCartney, der am 18. Juni vor 80 Jahren in Liverpool geboren wurde.
McCartney seit Auflösung der Beatles am erfolgreichsten
Kann man sich nicht so recht vorstellen, denn nach wie vor wirkt Sir Paul, wie er sich seit 1997 nennen darf, jugendfrisch.Keine Frage, McCartney ist der Produktivste in der Zeit nach der Auflösung der Band. Und auch der kommerziell erfolgreichste, sei es solo oder mit den Wings: „Band on the run“, „Jet“, „Silly love songs“, den Bond-Song „Live and let die“, „Ebony and ivory“ mit Stevie Wonder oder „Say say say“ mit Michael Jackson.
Er schreckte aber auch nicht vor handfestem Kitsch zurück, oder als was sollte man das Dudelsack-getränkte „Mull of Kintyre“ bezeichnen, wenn man kein Schotte ist? Aber so wie er auch ein Händchen und Ohr für eingängige Melodien sein eigen nennt, sind auch seine Stimmbänder massenkompatibel.
Flotte Pop-Nummern und sanfte Balladen
Nicht so rotzig wie die von Mick Jagger, nicht leicht nasal wie John Lennon, aber auch nicht so einschmeichelnd wie ein Frank Sinatra. Jedoch flexibel genug für flotte Pop-Nummern, sanft genug, wenn es für Balladen gebraucht wird, und mit genügend Druck für den einen oder anderen rockigeren Kracher, ohne aber groß anzuecken.
Und so wie ihn Marianne Rosenberg einst singend um ein Autogramm anflehte (selbstredend erfolglos), gab es immer wieder Stress in Sachen weibliches Geschlecht auch jenseits der hysterisch, ja ohrenbetäubend laut kreischenden Teenagerfans.
Machte immer wieder mit Trennungen Schlagzeilen
Die privaten Beziehungen McCartneys machten immer wieder Schlagzeilen, sei es die Trennung von Schauspielerin Jane Asher Ende der 60er oder der spektakuläre Rosenkrieg mit Heather Mills zu Beginn des neuen Millenniums. Seit 2011 ist er mit Nancy Shevell verheiratet, einer Kusine von US-TV-Legende Barbara Walters.
Als große Liebe gilt nach wie vor Linda McCartney. Sie heirateten 1969, gründete die Wings, zogen zusammen vier Kinder groß, darunter die Designerin Stella McCartney. Nach Lindas Krebstod 1998 im Alter von nur 56 Jahren suchte sich McCartney Hilfe bei einem Therapeuten, wie er später erzählte: Dieser habe ihm geholfen, sich von der Schuld zu befreien, immer perfekt sein zu wollen.
Vergleich mit anderen Beatles-Mitgliedern
Ach ja, die Perfektion – oder auch die perfekte Hülle: Sie gehört zu McCartney seit der Gründung der Beatles, deren unterschiedliche Charaktere auf dem Reißbrett eines Boygroup-Produzenten erdacht geworden sein könnten: Neben George, dem introvertierten Schönen, Ringo, dem Clown, und John, dem nerdigen Zyniker, wirkte Paul immer ein wenig wie der strebsame Motor, vielleicht auch der notorische Streber, der es allen recht machen will.
Aber ganz falsch lag er damit ja nicht, wenn man bedenkt, dass man heute nicht nur sein „Yesterday“ summt.