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Interview

Kölner Uni-Rektor
„Die Situation in Köln ist extrem angespannt“

Lesezeit 5 Minuten
Prof Joybrato Mukherjee, Rektor Uni Köln

Prof Joybrato Mukherjee, Rektor Uni Köln

Am 7. Oktober startet das Wintersemester. Über aktuelle Entwicklungen an der Universität zu Köln sprach Rektor Professor Joybrato Mukherjee beim Besuch in der Rundschau.

Die Zahl der Studierenden an der Uni Köln geht zurück. Wie beurteilen Sie das?

Zunächst zu den Begriffen: Wir sehen eine „Normalisierung“, keinen „Rückgang“ der Studierendenzahlen. Das betone ich bewusst, weil es eine ganze Reihe von Stimmen aus der Politik gibt, die mit der Entwicklung der Zahlen die Frage verbinden: Können wir nicht auch bei den Ressourcen einsparen? Deshalb: Nein, wir haben keinen Rückgang. Für das, was die Universität zu Köln in den vergangenen fünf bis zehn Jahren geleistet hat mit zum Teil deutlich über 50.000 Studierenden, ist sie gar nicht ausgelegt.

Wie ist derzeit die Betreuungsrelation?

In NRW ist die Relation von Professuren zu Studierenden aktuell im Durchschnitt eins zu 83. Natürlich ist das von Fach zu Fach unterschiedlich. Andere Bundesländer haben eine Betreuungsrelation von eins zu 60 oder eins zu 70. Es gibt einzelne Bundesländer, die liegen auch darunter. Von einem internationalen Vergleich will ich gar nicht sprechen; da ist das Verhältnis von Professuren zu Studierenden wesentlich besser. Deswegen sind wir für eine Konsolidierung der Zahlen durchaus dankbar und wollen dies für mehr Fokus auf die Qualität nutzen.

Ändert sich die Nachfrage der Studierenden?

Ja. Deswegen bin ich ausgesprochen froh, dass unsere Universität 2023 systemakkreditiert wurde. Damit kann sie schneller neue Studiengänge selbst einrichten. Das nutzen wir bereits und werden es noch intensivieren, um systematisch neue Studiengänge zu entwickeln, auch zu unserem Forschungsprofil passende und interdisziplinär ausgelegte Angebote. Wir denken auch in Richtung „Micro-Credentials“, also kleinere Zertifikatskurse unterhalb ganzer Studiengänge. Denn es gibt den Bedarf, den einen oder anderen Kurs zu belegen und damit ein zusätzliches Zertifikat zu erlangen, ohne direkt einen Bachelor- oder Masterabschluss anzustreben.

Erstsemester haben gerade in Köln enorme Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden.

Die Frage des Wohnungsmarktes bereitet uns große Sorgen. Wir haben vor kurzem gemeinsam mit dem Kölner Studierendenwerk, mit dem Deutschen Studierendenwerk und mit dem DAAD an der Universität zu Köln eine gemeinsame Veranstaltung zum Mangel an Wohnraum für internationale Studierende durchgeführt. Die internationalen Studierenden haben es ja noch einmal schwerer. Sie müssen vom Ausland den Wohnungsmarkt vor Ort erkunden. Sie haben nicht die Möglichkeit, mal für ein paar Monate einzupendeln, wie es Studierende aus der Region notdürftig noch machen könnten und auch oftmals tun. Und wir haben nicht die Wohnheimkapazitäten, die die Nachfrage abdecken. Wir wissen, dass es auch internationale Studierende gibt, die eine Förderzusage haben und dieses Stipendium nicht antreten, weil sie keine Wohnung finden.

Welche Pläne gibt es, um Studierenden auf dem Wohnungsmarkt zu helfen?

Es geht darum, auch den privaten Wohnungsmarkt umfassend zu mobilisieren in dem Sinne, dass wir auch Personen mit zum Teil innovativen Modellen darauf ansprechen, ob sie nicht Wohnraum zur Verfügung stellen. Es gibt Modelle, bei denen Studierende Wohnraum erhalten, wenn sie zum Beispiel bei älteren Bürgerinnen und Bürgern im Haushalt, im Garten oder bei anderen Dingen mithelfen. Aber natürlich ist der Dreh- und Angelpunkt der generelle Mangel an Wohnraum. Also: Ohne massive Investitionen wird es nicht gehen.

Würden Sie sagen, das Thema wird unterschätzt?

Nein, ich glaube, dass das Thema sehr präsent ist. Und die Politik, soweit ich das sehe - auch im Bund -, ist sich der Problemlage sehr bewusst. Wohnen insgesamt ist die neue soziale Frage.

Wer eine Wohnung findet, muss dafür viel zahlen – und dementsprechend dazuverdienen. Gerät dadurch das Studieren in Schieflage?

Immer mehr Studierende brauchen Nebenjobs. Und der Anteil derjenigen, die Bafög beziehen, stagniert bestenfalls. Das sind große Hürden, vor allen Dingen natürlich in den Metropolen. Auch in Köln ist die Situation extrem angespannt.

Wie ist die Uni Köln baulich aufgestellt?

Wir haben einerseits eine ganze Reihe von Neubauten. Wir hatten in den vergangenen 12 Monaten eine Reihe von Einweihungsfeiern. Wir haben aber auch eine große Zahl an Gebäuden, die erneuerungs- und/oder sanierungsbedürftig sind. Das betrifft mehr als die Hälfte unserer Flächen. Dies trifft auf sehr viele Hochschulen zu. Wir haben in Köln allerdings besondere Herausforderungen etwa wegen des hohen Anteils an denkmalgeschützten Gebäuden, gerade im Zentralbereich.

Wo drückt es denn am meisten? Wo, sagen Sie, muss als nächstes etwas passieren?

Unser Hauptproblem ist die Limitation bei Laborflächen in den Naturwissenschaften. Büroraum lässt sich irgendwie immer finden, wenn auch nicht in unmittelbarer Nähe. Das ist dann ein anderes Manko. Aber bei uns an der UzK sind Laborflächen extrem kostbar, auch weil wir in den Laborfächern in den Natur- und Lebenswissenschaften seit vielen Jahren besonders erfolgreich und drittmittelstark sind.

Sie sagen, der Erfolg verschärfe die bauliche Situation?

Die Uni Köln hat sich wahnsinnig erfolgreich entwickelt, wenn man auf die Forschungsparameter schaut. So sind ein Viertel unseres Gesamthaushaltes Drittmittel. Wir brauchen dann dafür auch die zusätzlichen Flächen. Die Forschungsflächen müssen ja mitwachsen können. Also wird hier und da auch ad hoc angemietet. Diese angemieteten Flächen wollen wir mittel- und langfristig durch eigene Flächen ablösen. Kurzum: Ja, je größer der wissenschaftliche Erfolg, desto größer die baulichen Herausforderungen.

Wie wichtig ist für Sie, dass für den Albertus-Magnus-Platz eine neue Gestaltung kommt und ein richtiges Entree für das Hauptgebäude der Universität?

Wir sprechen vom Albertus-Magnus-Platz mit guten Gründen als „Visitenkarte“ der Universität. Dort haben wir jetzt eine temporäre Gestaltung umgesetzt. Dafür bin ich allen Beteiligten sehr dankbar. Der Platz mit seiner neuen Aufenthaltsqualität wird gut angenommen. Wir werden nun schauen, dass die Kioske dort auch bespielt werden. Wir werden den Albertus-Magnus-Platz in Abstimmung mit der Stadt zeitnah grundsätzlich umgestalten. Das wird in den nächsten zwei bis drei Jahren angepackt werden. Zu dem ganzen Unternehmen Albertus-Magnus-Platz gehört auch ein Teil, der in der Umsetzung besonders herausfordernd sein wird: Damit meine ich die Sanierung der Unterführung unter dem Platz.

Schauen Sie da mit großer Sorge drauf?

Es muss ja sein. Wir sehen ja auch an anderen Stellen, dass Infrastruktur unterhalten werden muss. Deswegen ist es gut, dass die Stadt dort aktiv wird. Aber das ist natürlich keine Arbeit, die uns während der Durchführung nur Glücksmomente bereiten wird. Aber wir sollten uns immer mit Folgendem trösten: Baulärm ist Zukunftslärm.