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Studierende auf Wohnungssuche in Köln„750 Euro würde ich zahlen - aber ich finde nichts“

Lesezeit 5 Minuten
Klingelschilder in einem großen Mehrfamilienhaus.

Klingelschilder in einem großen Mehrfamilienhaus.

Wohnungen sind dramatisch knapp in Köln. Studierende vor dem Semesterstart sind oft verzweifelt.

1495 warten. So viele Studierende stehen aktuell auf der Warteliste für einen Wohnheimplatz des Kölner Studierendenwerks. Einer von ihnen ist Florian Spohr. Auf welchem Platz er steht, weiß er nicht. Aber er weiß, dass in knapp einer Woche, am Montag 7. Oktober, das Wintersemester startet. Der 20-Jährige aus Düren beginnt dann sein Studium der Sozialwissenschaften an der Universität Köln. Nur eine Wohnung hat er nicht.

Köln: Wohnungsmarkt für Studierende besonders hart umkämpft

Seit mehreren Monaten ist Spohr auf der Suche, bislang erfolglos. Ich habe 30 Anfragen gestellt. „Geklappt hat nichts, ich bleibe erstmal bei meinen Eltern.“ Die Lage auf dem Kölner Wohnungsmarkt ist für Studierende besonders schwer - horrende Mieten, kleiner Wohnraum und schwierige Kontaktaufnahme zu Vermietenden. Personen, die aus dem Ausland nach Köln kommen müssen sich mittlerweile überlegen, ob sie überhaupt anfangen.

Die meisten Studierenden suchen einen Wohnort in Hochschulnähe: Sülz, Lindenthal, Ehrenfeld und die Innenstadt sind sehr beliebt. Vor allem in den „In-Veedeln“ ist die Lage angespannt, die Angebote sind für Studierende teilweise kaum zu bezahlen. Einige Beispiele aus dem Wohnungsportal „WG-gesucht“: Eine 26 Quadratmeter große Ein-Zimmer-Wohnung, möbliert und an der Universitätsstraße in Lindenthal kostet 990 Euro Warmmiete. Eine andere 24 Quadratmeter große Wohnung in Sülz liegt bei 620 Euro. Und rechtsrheinisch sieht es nicht besser aus. In Deutz wird ein Apartment mit 25 Quadratmetern für 640 Euro angeboten. In Kalk gibt es immerhin eine 37 Quadratmeter große Wohnung für 610 Euro.

Finanzen der Studierenden: Oft müssen die Eltern bürgen

Um sich Wohnraum leisten zu können, müssen Studierende entweder neben dem zeitaufwendigen Studium arbeiten gehen oder sie haben das Glück finanzielle Unterstützung von den Eltern zu bekommen. Das ist bei Spohr der Fall. Seine Eltern sind verbeamtet und würden für eine Wohnung die Bürgschaft sowie einen Teil der Miete übernehmen. Spohrs Schmerzgrenze liegt bei 700 Euro. „Theoretisch würde ich auch bis 750 Euro gehen, wenn es richtig gut wäre“, erklärt er. Aber auch das hat ihm bislang keine Wohnung gebracht. In drei Monaten hat er nur fünf Wohnungen besichtigen dürfen. Häufig bekam er gar keine Antwort.

Wohngemeinschaften sind selten günstiger. An der Dürener Straße in Lindenthal gibt es ein Zimmer in einer 2er-WG (20 Quadratmeter) im gängigen Portal für 610 Euro. In Sülz müsste man für 15 Quadratmeter 850 Euro auf den Tisch legen. Und in Mülheim ist es ein vergleichbares Angebot für 700 Euro inseriert. Geboten werden 18 Quadratmeter. Bei all diesen Mieten ist aber noch kein Kühlschrank gefüllt oder eine Sportaktivität bezahlt. Vom sozialen Leben, welches neben dem Studium stattfinden sollte, ganz zu schweigen.

Menschen unter 20 haben es noch schwerer

Viele Studierende kommen inzwischen nicht mehr in die Nähe der Wohnungsschwelle. Das Studierendenwerk schreibt auf Anfrage, dass sich vor allem internationalen Studierende bei ihnen melden, die keine Wohnung finden. Und nicht nur hohe Mieten und ausbleibende Antworten von Vermietenden sind ein Problem. Studierende, die nicht 20 Jahre alt sind, haben es noch schwerer bei der Wohnungssuche. Insbesondere Wohngemeinschaften suchen meist Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, die schon Mitte 20 sind. Da können die jungen Suchenden noch so überzeugende Bewerbungen schreiben - eine Antwort erhalten sie in der Regel nicht.

Eine Option sind für viele dann noch die Wohnheime des Studierendenwerks. Laut MLP-Studentenwohnreport bekommt aber nur jeder 20. Studierende einen Platz. In Köln stehen aktuell 4650 Wohnheimplätze zur Verfügung. 350 fallen aktuell wegen der Sanierung des Wohnheims in Müngersdorf weg. Das Studierendenwerk würde gerne noch mehr für die jungen Menschen tun. Baumaßnahmen seien in Planung, sowohl bei Neubau als auch bei Sanierungen. Aktuell seien zwei neue Projekte mit rund 400 neuen Plätzen geplant. Ein Zeitplan könne aber noch nicht bekannt gegeben werden. Ansonsten fehle es dem Studierendenwerk an bezahlbaren Grundstücken in Hochschulnähe.

„WG-gesucht“ als täglicher Begleiter

Spohr guckt mittlerweile morgens, mittags und abends in das Wohnungsportal „WG-gesucht“ rein. Ihm sei bewusst, dass er mit hohen Ansprüchen in die Suche geht. Ihm ist eine gute Anbindung an die Universität wichtig. Und es sollte eine langfristige Miete sein, die mindestens ein Jahr läuft. Kürzere Zeiträume seien ihm den Umzug nicht wert. Ebenfalls eine Hürde bei der Suche- Viele Wohnungen oder Zimmer werden nur für einen kurzen Zeitraum zur Untermiete angeboten.

Florian Spohr ist seit drei Monaten auf Wohnungssuche. Bislang laufen die Anfragen ins Leere.

Neben dem Wohnungsportal sucht er auch über private Kontakte. Bei seinen fünf Besichtigungen hatte er mal mehr, mal weniger Konkurrenz. Eine Wohnung nahe des Hansarings schien zum Greifen nah, nur ein anderer Bewerber war bei der Besichtigung mit dem Vormieter vor Ort. Doch Spohr erhielt keine Rückmeldung mehr und bekam nur auf Nachfrage mitgeteilt, dass er nicht ausgewählt wurde. Ein anderes Mal hatte er einige Zeit in eine WG-Besichtigung investiert, die ihm auch gefallen hat. Doch auch dort die negative Rückmeldung- Sie möchten keinen männlichen Mitbewohner.

Der Studienvertretung (AStA) in Köln sind die Probleme schon lange bekannt. In der Vergangenheit haben sie schon mit verschiedenen Aktionen auf die Wohnungsnot der Studierenden hingewiesen. Für Personen, die zum Semesterstart ohne Dach über dem Kopf dastehen, haben sie sogar eine Notschlafstelle eingerichtet. Ein Angebot, das überwiegend von internationalen Studierenden genutzt wird. „Will die Stadt Köln weiter ein attraktiver Hochschulstandort bleiben, muss sie endlich handeln, sonst werden immer mehr Studierende sich aus finanziellen Gründen gegen ein Studium in Köln entscheiden“, sagt der AStA Referent für Soziales und Internationales, Jan Behrendt-Emden. Er fordert mehr sozialen Wohnungsbau und bezahlbaren Wohnraum für einkommensschwache Personengruppen wie Studierende.

Spohr hat immerhin die Möglichkeit, bei seinen Eltern wohnen zu bleiben. Er wird erstmal von Düren in die Domstadt pendeln. Für ihn ist das aber nicht nur wegen der Lage des öffentlichen Nahverkehrs ein Ärgernis. An ihm geht teils das soziale Leben mit Kommilitoninnen und Kommilitonen vorbei. Bei Treffen später am Abend kann er nicht entspannt dabei sitzen, er hat immer ein Auge auf sein Smartphone - die letzte Bahn darf er nicht verpassen.