In den 1960er und 1970er Jahren wurden sie von vielen noch misstrauisch beäugt. Doch die Zeiten, in denen Wohngemeinschaften als etwas Ausgefallenes galten, sind vorbei. Inzwischen ist die WG eine attraktive Option für Studenten, Senioren und Berufstätige, die häufig den Arbeitsort wechseln.
In der klassischen Wohngemeinschaft leben mindestens drei Menschen, die nicht miteinander verwandt sind, in einer Wohnung zusammen. Der Vorteil dieser Konstruktion liegt auf der Hand: Sie spart Geld und hilft, mit BaföG und Rente besser über die Runden zu kommen. Sie kann auch ein Mittel gegen Einsamkeit sein.
Das Mietrecht kennt die Form des Zusammenwohnens in einer WG nicht. Deshalb leiten sich Regeln zum Mietvertrag aus der Rechtsprechung ab, sagt Mietrechtsanwalt Marcus Reidel aus München. Fachleute unterscheiden drei Varianten von WG-Mietverträgen.
Variante 1
Hier sind alle Mitglieder der WG-Hauptmieter. Sie stehen namentlich im Mietvertrag, den jeder unterschreibt. Gegenüber dem Vermieter besitzen alle die gleichen Rechte und Pflichten. Bleibt in dieser sogenannten echten WG ein Bewohner die Miete oder die Nebenkosten schuldig, haftet jeder voll. „Der Vermieter kann sich das Geld von jedem anderen holen“, erläutert Reidel.
Mehr als den Zahlungsrückstand darf der Eigentümer bei dieser gesamtschuldnerischen Haftung nicht abkassieren. Beim Auszug muss er die WG-Leute einzeln anschreiben und nachfragen, wie er die zur Rückzahlung anstehende Kaution verteilen soll. Das muss die Gruppe untereinander klären. Ohne Einigung wird die Kaution zunächst bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts deponiert.
Ein Vertrag mit gleichberechtigten Hauptmietern hat nach Ansicht von Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB) einen Haken: „Es müssen alle gemeinsam kündigen.“ In der Konsequenz kann ein Bewohner nicht einfach ausziehen; er braucht grundsätzlich die Zustimmung der Mitbewohner und des Vermieters. Das Problem lässt sich lösen, indem im Mietvertrag zusätzlich zu den Namen ausdrücklich die Überlassung an die Wohngemeinschaft festgeschrieben wird.
Variante 2
Möglich ist auch, einen Untermietvertrag mit einigen Mitgliedern abzuschließen. Dabei ist der Hauptmieter der Wohnung der einzige Vertragspartner des Wohnungseigentümers und wird anschließend selbst zum Vermieter. „Einer hat das Sagen, die anderen sind abhängig“, beschreibt Ropertz die starke Stellung des Hauptmieters in dieser WG. Das geht soweit, dass dessen WG-Mitbewohner ebenfalls rausfliegen, wenn der Hauptmieter vor die Tür gesetzt wird.
Er trägt im Gegenzug das gesamte wirtschaftliche Risiko: Er zahlt die Kaution, steht allein ein für die pünktliche Zahlung der vollen Miete, haftet für Schäden oder Schönheitsreparaturen und verantwortet das Einhalten der Hausordnung. Wie Kosten und Aufgaben innerhalb der WG verteilt werden und was passiert, wenn die Mitglieder ihre Pflichten nicht erfüllen, regelt die Wohngemeinschaft intern.
Bei Kündigung könnte der Vermieter das Mietverhältnis mit einem oder mehreren Untermietern fortsetzen. „Der Eigentümer kann nicht gezwungen werden, einen neuen Hauptmieter zu akzeptieren, aber es ist die Regel, dass übernommen wird“, sagt die Miet- und Immobilienrechtsreferentin des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland, Inka-Marie Storm. Weitsichtige Untermiet-WG's lassen so eine Option von Anfang an in den Hauptmietvertrag aufnehmen.
Generell brauchen Vermieter gute Gründe, um den nachträglichen Einzug von Untermietern zu verhindern. Einer wäre, dass der Zuzug bereits im Haus unangenehm aufgefallen ist. Generell sind Mieter verpflichtet, den Hausbesitzer über Untermieter zu informieren. Zur Untermiete wohnende WG-Mitglieder können ihren Vertrag in der Regel mit einer Frist von höchstens drei Monaten kündigen.
Variante 3
Der Hauseigentümer kann die Wohnung zimmerweise per Einzelmietvertrag vermieten. „Drei Zimmer, drei Verträge“, sagt Storm. In dem Fall bestimmt praktisch der Vermieter die WG-Mitglieder. Das kann ein Nachteil sein, muss aber nicht: Jeder Mieter kann jederzeit ohne Rücksicht auf die Mitbewohner raus dem Vertrag. Es gibt auch keinen dominierenden Hauptmieter, dafür hat jeder die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber dem Vermieter.
Die WG-Bewohner kommen ausschließlich für ihren eigenen Mietzins auf; Zahlungsrückstände oder Mietstreitigkeiten eines Einzelnen beeinflussen dessen Mitbewohner nicht. Dieses relativ unkomplizierte Teilen einer Wohnung entspricht einem normalen Mietverhältnis mit einer ebensolchen Kündigungsfrist: Drei Monate sind Standard.
Wohngemeinschaften sollten sich vor Abschluss eines Mietvertrags beraten lassen, um von vornherein möglichst viele konfliktträchtige Punkte auszuräumen. Zu den Knackpunkten gehören Kündigungsfristen, die Nebenkosten-Abrechnung oder die Übernahme von Schönheitsreparaturen nach der Auflösung der WG. (dpa)
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