In einem aufsehenerregenden Verfahren wird über die umstrittene Videobeobachtung in Köln verhandelt. Kläger wehren sich gegen die Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit und die Verletzung ihrer Privatsphäre.
„Ich fühle mich eingeschränkt“Bürger klagen gegen ausufernde Videoüberwachung in Köln
Für die einen Frust, für die anderen Segen: Die Videobeobachtung der Kölner Polizei wird seit längerem in der Stadt kontrovers diskutiert. Für die Ermittler ist es eine große Hilfe bei der Fahndung nach Straftätern, anderen fühlen sich durch die Kameras in ihren Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt. Nun werden die Kameras ein großes Thema im Kölner Verwaltungsgericht. Am 28. November 2024 kommt es zu einem Prozess. Der Kläger wehrt sich gegen die polizeiliche Videoüberwachung am Dom/Hauptbahnhof, Hohenzollernring, Breslauer Platz, Ebertplatz, Neumarkt und Wiener Platz. „Die Beteiligten streiten um polizeiliche Videobeobachtung in Köln“, heißt es in einer Ankündigung. Beginn der Verhandlung ist um 10 Uhr im Saal 101.
Frühere Beschwerden und neue Klagen zur Videoüberwachung
Die erste Eingabe des Klägers zu dem Thema ging im Jahr 2018 beim Verwaltungsgericht am Appellhofplatz ein. Sechs Jahre später entscheiden nun die Richter in dem Gesamtkomplex. In einem weiteren neuen Klageverfahren wehrt sich eine Klägerin auch gegen die Kameras in Kalk. Diese Eingabe wurde im Jahr 2024 der Kammer übersandt.
Ob es am 28. November 2024 in dem aufsehenerregenden Verfahren zu einem Ergebnis kommt, sei noch nicht abzusehen, sagte eine Sprecherin der Verwaltungsgerichtes auf Anfrage der Rundschau. Der Kläger gegen die Videoüberwachung in Köln sagte in einem Interview mit der Rundschau: „Ich fühle mich unwohl und eingeschränkt, wenn ich durch die Stadt gehe“. Sein Ziel ist: Die „Videoüberwachung“ „komplett wegzubekommen“. Deswegen engagiert sich der Mann seit Jahren in Sachen Überwachung auf Kölns Straßen.
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Befürchtung einer ausufernden Überwachung
„Es könnte in Köln bald Ausmaße wie in London annehmen“, befürchtet der Kläger. Seiner Meinung nach verhindere „Videoüberwachung“ keine Straftaten. „Ich bin dafür, an Brennpunkten mehr Sozialarbeiter einzusetzen und nicht immer mehr Kameras anzubringen“, erklärt er. Eine Überwachung verdränge die Szene, so wie etwa am Ebertplatz in Richtung Eigelstein-Viertel, betont der Kläger.
Die Klägerin aus Kalk fühlt sich durch Kameras in ihrer Privatsphäre verletzt. „Die Eingangstür im Haus in dem sie lebt, wird rund um die Uhr überwacht. Sie hat bereits überlegt wegzuziehen“, sagte Rechtsanwältin Sabine Schölermann für ihre Mandantin bei einer Protestaktion im Mai 2024. Die ständige Überwachung finde die Klägerin als sehr unangenehm. Die Frau habe sich in ihrer Not an die Anwältin gewandt und wehre sich gegen die Kameras.
Videobeobachtung als Hilfsmittel der Polizei
Für die Polizei ist die Videobeobachtung ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Kriminalität. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Polizeieinsätze, die durch die Videobeobachtung im Stadtgebiet ausgelöst worden sind, nahezu verdoppelt. Insgesamt rückten die Streifenwagenbesatzungen zu 8114 Einsätzen aus, Spitzenreiter waren die Ringe mit 1753 Fällen. „Unser Personal sieht und entdeckt deutlich mehr und hat sich an die Technik gewöhnt“, stellt Martin Lotz, Leitender Polizeidirektor und Leiter der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz fest. Gleich mehrfach konnten tätliche Angriffe live beobachtet und sofort Streifenwagen und Rettungsdienst alarmiert werden. 106 Kameras filmen an sieben Kölner Kriminalitätsschwerpunkten rund um die Uhr das Geschehen. Die Bilder werden automatisch nach zwei Wochen gelöscht, sollten die Aufnahmen nicht als Beweismittel in Strafverfahren benötigt werden, sagte ein Polizeisprecher. Einzig bei Versammlungen und Demonstrationen werden die Kameras ausgeschaltet.
Ausbau der Videotechnik nach der Silvesternacht
Nach der Silvesternacht mit den massenhaft sexuellen Übergriffen ist im Hauptbahnhof die Videotechnik massiv erweitert werden. Aufgrund des Ausbaus von Videotechnik an Bahnhöfen klärte die Bundespolizei bundesweit nach eigenen Angaben schätzungsweise rund dreimal so viele Straftaten auf wie noch 2019. Demnach wurden hierfür seit 2020 deutschlandweit 143 Bahnhöfe mit moderner Videotechnik ausgestattet. Vor etwa vier Jahren wurden mit Hilfe der Videoaufzeichnungen pro Jahr rund 3500 Straftaten aufgeklärt - 2023 seien es schon über 8000 gewesen.
Laut der Polizei bieten die Kameras die Möglichkeit, die Sicherheit an besonderen Orten wie Bahnhöfen zu erhöhen, indem Straftaten überführt oder Gefahrensituationen erkannt und verhindert würden. Zur Realisierung des Technikausbaus verlegte die Deutsche Bahn mehr als 1000 Kilometer neue Kabel. Rund 900 neu angebrachte Server sollen die Aufzeichnung von mehr als 22 Millionen Videostunden gewährleisten.