Und plötzlich waren es vierVierlinge an der Uniklinik Köln geboren
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Köln – Die Wahrscheinlichkeit, vier Richtige im Lotto zu haben, liegt bei 1 zu 1032. Die Chance auf eine spontane Schwangerschaft mit Vierlingen ist um ein Vielfaches geringer. Sie liegt bei 1 zu 600.000. Für Sara und Alex E. sind ihre vier Neugeborenen einfach nur ein Wunder. Theo, Frieda, Carla und Lotta kamen am 14. Mai in der Uniklinik Köln auf die Welt. Das erste Mal nach 15 Jahren wurden dort wieder Vierlinge geboren.
Vor sechs Wochen haben die vier Geschwister die Intensiv- und dann die Frühchenstation verlassen. Jetzt schlafen sie in der Frauenklinik zu viert in einem Bett, manchmal berühren sich dabei ihre Hände oder Füße, die immer noch ganz winzig sind. Heute wiegen sie alle jeweils um die 2300 Gramm.
16 Helfer waren bei der Geburt dabei
Vor elf Wochen hat Sara E. sie in der 30. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt entbunden. 16 Helfer waren dabei, als drei Mädchen und ein Junge auf die Welt kamen, allein vier Kinderärzte sowie Gynäkologen, Anästhesisten, Hebammen und Pflegepersonal. Bei der Geburt waren die Vierlinge zwischen 39 und 42 Zentimeter groß und 1200 bis 1300 Gramm schwer.
„Die Größe und das Gewicht der Kinder war für die Schwangerschaftswoche ganz normal“, sagt Dr. Angela Kribs, Leiterin Schwerpunkt Neonatologie und Pädiatrische Intensivstation. „Alle Kinder sind gesund. Das ist für mich auch ein kleines Wunder.“ Mehrlingsschwangerschaften sind oft mit Komplikationen verbunden.
Mehrlinge
Mehrlingsschwangerschaften nehmen zu. Das liegt auch an künstlicher Befruchtung und am höheren Alter der Mütter. Ab 35 steigt die Wahrscheinlichkeit für Mehrlinge.
2016 wurden in Deutschland 14 371 Zwillinge und 258 Drillinge geboren. Vier-, Fünf- oder Sechslinge kommen oft in der ersten Anlage vor, dass sie ausgetragen werden, ist aber selten.
In der Uniklinik Köln gab es in diesem Jahr bereits vier Mal Drillinge. (wes)
Für Sara und Alex E. hat die Geschichte viel früher angefangen. „Unser Sohn Oscar ist jetzt zweieinhalb. Für uns war das ein guter Zeitpunkt für ein zweites Kind“, erzählt die 35-Jährige. „Und dann waren es auf einmal Kind zwei, drei, vier und fünf.“ In der siebten Schwangerschaftswoche erfuhr sie bei ihrer Frauenärztin, dass da mehr als ein Herz schlägt. „Die Ärztin wäre fast vom Stuhl gefallen.“ Und sie selbst? „Ich habe an ,Versteckte Kamera’ gedacht. Es hat eine Weile gedauert, bis uns klar war, was das bedeutet.“
Die Schwangerschaft sei bis zur 20. Woche relativ komplikationsfrei gewesen, sagt die Ergotherapeutin und psychologische Beraterin. Dann wurde es beschwerlich, vor der Geburt war die Mutter bereits fünf Wochen lang stationär in der Uniklinik. „Es ging vor allem darum, dass sie so lange im Bauch bleiben wie möglich“, sagt Sara E. „In dieser Zeit kamen auch Ängste und die Unsicherheit, ob alles gut geht.“
Geburt auch für die Ärzte etwas ganz besonderes
Dr. Ingo Gottschalk untersuchte die Kinder regelmäßig im Ultraschall. Keine leichte Aufgabe bei Vierlingen: „Ich habe mir sogar einen Spickzettel geschrieben, wie sie beim letzten Mal lagen, damit ich wusste, wie sie sich bewegt haben“, sagt der erfahrene Mediziner. Für ihn und seine Kollegen ist die Geburt der Vierlinge etwas ganz besonderes, für viele war es die erste. Klinikdirektor Professor Dr. Peter Mallmann kann sich noch an die letzte Vierlingsgeburt in der Uniklinik 2003 erinnern – auch damals ging alles gut.
Noch ist Familie E. nicht zu Hause. Vier Monitore messen nachts die Herzfrequenz und die Sauerstoffsättigung im Blut der Babys. Immer noch gibt es kleine Aussetzer in der Atmung. Ganz normal bei Frühchen, sagt Dr. Kribs. Ohne die Monitore darf die Familie aber erst nach Hause, wenn sie eine Woche ohne Aussetzer sind.
Jetzt muss der Alltag organisiert werden. „Wir haben von Anfang an viel Unterstützung, von den Großeltern, Verwandten und Freunden“, sagt der 32 Jahre alte Vater. Immer ist jemand da, der den fünffachen Eltern eines der Kinder abnimmt. „Wichtig war vor allem die erste Zeit, in der das Bonding stattfindet“, sagt die Vierlings-Mama. Ein Schichtplan wurde ausgetüftelt, damit jedes Kind gleich oft Körperkontakt bekommt. Auch beim Stillen: Abwechselnd werden zwei gestillt, zwei mit der Flasche gefüttert. Das klappe bisher wunderbar. „Wir haben die Herausforderung angenommen. Man sagt doch: Man wächst mit seinen Aufgaben.“
Logistik für die Zeit zu Hause schon geklärt
Vor der ersten Zeit zu Hause haben sie aber Respekt. „Beim ersten Kind kamen wir im ersten Jahr schon an unsere Belastungsgrenzen“, sagt Sara E. Unterstützung bekommt die Familie nun für 25 Stunden pro Woche auch vom Jugendamt.
Die Logistik ist schon geklärt: „Wir haben einen Bus gekauft, in dem alle Platz haben“, sagt Alex E. Der Umweltingenieur hat ein Jahr Elternzeit genommen – Elterngeld gibt es aber trotz der vier Kinder nur einmal. Die Familie hat sich einen Drillingskinderwagen und einen Geschwister-Kinderwagen angeschafft, in dem auch Oscar mitfahren kann. Bald muss eine größere, bezahlbare Wohnung her: Familie E. wohnt in der Südstadt momentan auf knappen 70 Quadratmetern.