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Silvesternacht in KölnRauswurf von Ex-Polizeichef Albers wird zur Grundsatzfrage

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Klagt gegen seine Absetzung: Kölns ehemaliger Polizeipräsident Wolfgang Albers.

Köln/Münster – Sechs Jahre nach den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln beschäftigte sich das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) am Mittwoch mit den Folgen. Der ehemalige Polizeipräsident der Domstadt wehrt sich seit Jahren gegen seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Dabei kam der Senat zu der Erkenntnis, dass Albers' Versetzung in den Ruhestand rechtlich nicht zu beanstanden sei. Wegen des Einsatzgeschehens in der Silvesternacht sei das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei „beschädigt“ gewesen. Es sei nachvollziehbar, dass das verloren gegangene Vertrauen mit demselben Polizeipräsidenten nicht wiederhergestellt werden konnte, erklärte das Gericht.

Albers nach Silvesternacht 2015/16 von Aufgaben entbunden

Albers war von 2011 bis Anfang 2016 Polizeipräsident in Köln. Nach massiven sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht von 2015 rund um den Kölner Dom und im Bereich des Hauptbahnhofs geriet die Polizei für ihre Einsatzplanung und ihre Kommunikationsstrategie in die Kritik. Am 12. Januar 2016 zog die rot-grüne Landesregierung personelle Konsequenzen und entband Albers von seinen Aufgaben. Da es sich bei den Tatverdächtigen überwiegend um zugewanderte Männer aus dem nordafrikanischen Raum handelte, lösten die Geschehnisse eine Debatte über den Umgang mit straffälligen Flüchtlingen aus.

Fall geht nun vor das Bundesverfassungsgericht

Doch das Gesamtverfahren ist noch nicht beendet – im Gegenteil. Der Fall wird nun das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beschäftigen. Denn neben dem Geschehen um die Versetzung in den Ruhestand gibt es noch einen zweiten Aspekt. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster sieht bei der durch ein Landesgesetz geregelten Besetzung der Polizeipräsidenten als politische Beamte in Nordrhein-Westfalen einen möglichen Verstoß gegen das Grundgesetz. Deshalb setzte das OVG am Mittwoch das Berufungsverfahren um die Klage gegen die Versetzung Albers in den einstweiligen Ruhestand bis zu einer Entscheidung der Bundesrichter aus (Az.: 6 A 739/18).

Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt 2018 betont, dass politische Beamte zum engsten Beraterkreis der Regierung zählen müssen. Nur dann dürfe das sogenannte Lebenszeitprinzip bei Beamten durchbrochen werden. In Nordrhein-Westfalen gibt es 18 Polizeipräsidenten. Das OVG äußerte in der mündlichen Verhandlung anhand dieser großen Zahl Zweifel, dass die Leiter der Polizeibehörden zu diesem engen Kreis zählen.

Albers: Nicht in beratender Funktion im Ministerium

Das OVG betonte, dass ein Polizeipräsident eben nicht die Aufgabe habe, politische Ziele an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung umzusetzen. Das würde schon daraus deutlich, dass in den kreisfreien Städten Polizeipräsidenten für die Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr und die Verkehrspolizei zuständig sei, während diese Aufgabe in den Kreisen von den gewählten Landräten übernommen werden. Diese seien zum Teil Vertreter von Parteien, die nicht in der Landesregierung seien.

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Albers hatte bereits in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht Köln darauf verwiesen, dass er in seiner Rolle als Polizeipräsident kein einziges Mal in beratender Funktion in einem Ministerium war. In Düsseldorf sei er höchsten zu Treffen der Ämterkollegen gewesen.

Albers, Jahrgang 1955, hat das Ruhestandsalter inzwischen erreicht, arbeitet aber nach eigener Aussage noch als Anwalt in einer Kanzlei. (mit dpa)