AboAbonnieren

Starke KölnerinnenFrauengeschichtsverein zeigt weibliche Seite der Stadt

Lesezeit 4 Minuten
Frauen1

Ina Hoerner und Marlene Tyrakowski (r.)

Köln-Zollstock – „Früher galten wir als alternative Randerscheinung. Heute sind wir eine feste und bekannte Institution in der Stadt“, sagt Ina Hoerner, Gründungsmitglied des Kölner Frauengeschichtsvereins e.V.. Das zeige sich unter anderem daran, dass der Verein von Bezirksvertretungen und Verwaltung zurate gezogen werde, wenn es darum geht, neue Straßen zu benennen – nach Frauen, erklärt sie. Die Benennung von Straßen ist eines der wichtigen Themen des Vereins.

Keine Frauen im Geschichtsstudium

Sein Ziel: Die Frauen in der Kölner Stadtgeschichte und der Stadtgesellschaft sichtbar machen. 1986 gründeten acht Frauen, Studentinnen und Historikerinnen, den Verein aus Unmut darüber, dass im Geschichtsstudium an der Kölner Universität keine Frauen vorkamen. „Wenn man damals etwas zu Frauen machen wollte, konnte man allenfalls etwas zur Kaiserin Theophanu machen“, erzählt die Historikerin Marlene Tyrakowski. Sie stieß 1987 zum Verein, zu dem die Historikerin Irene Franken und die Diplom-Pädagogin Edith Kiesewalter den Anstoß gegeben hatten.

Rundgängen zu starken Kölnerinnen

Los ging es mit Rundgängen mit Informationen über starke Kölnerinnen – die weibliche Seite der Stadt wurde erstmals bei Führungen präsentiert. Damit wurde der Frauengeschichtsverein zum Vorreiter für feministische Geschichte. „Es war zwar die Zeit der Bewegung «Geschichte von unten», es sollte nicht mehr nur um die Großen gehen, sondern auch um den kleinen Mann. Aber die kleine Frau blieb nach wie vor unsichtbar“, beschreibt Hoerner. Dies zu ändern war und ist das erklärte Anliegen des Vereins.

Alles zum Thema Universität zu Köln

30 verschiedene Führungen durch Köln

Die Führungen wurden feste Bestandteile im Programm. Heute bietet der Verein über 30 verschiedene Rundgänge, in Stadtvierteln, Museen und Kirchen oder auf dem Melaten-Friedhof mit verschiedenen Schwerpunkten unter anderem zur NS-Geschichte oder zur kölschen Geschichte. Dabei geht es weniger darum, große Ereignisse oder Heldinnen vorzustellen, sondern zu zeigen, wie Frauen früher gelebt und gearbeitet haben. „Führungen sind eine wunderbare Sache, um Geschichte zu vermitteln“, meint Tyrakowski.

Frauen2

Die vereinseigene Bibliothek

Ein großer Erfolg in den Anfangsjahren des Vereins war die Umbenennung des ehemaligen Gässchens „Unter Seidmacher“ in „Seidmacherinnengässchen“ im Jahr 1987. Das Seidamt war eine den Frauen vorbehaltene Zunft, dennoch tauchten die Frauen sprachlich – wie so oft – nicht auf.

Altstadt-Gässchen wurde umbenannt

Der Frauengeschichtsverein machte sich dafür stark, dass das Gässchen in der Altstadt umbenannt wurde. Dieser Erfolg zeigte Wirkung. Im Laufe der Zeit wurden an verschiedenen Orten in der Stadt Straßen und Plätze neu- oder umbenannt nach Kölnerinnen, über die der Verein Informationen zusammengetragen hatte. So zum Beispiel wurden 2009 auf gemeinsame Initiative mit den Grünen sechs neue Straßen und Plätze im Rheinauhafen nach Frauen benannt. Eine weitere große Errungenschaft des Vereins kann man jeden Tag am Rathausturm sehen. Der Turm aus dem 15. Jahrhundert war bestückt mit Steinfiguren, Gestalten aus Kölner Geschichte und Legenden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk zerstört.

Der Frauengeschichtsverein

Frauen3

Der Verein sammelt auch Plakate, die die Frauenbewegung in Köln dokumentieren. 

Der Frauengeschichtsverein Köln wurde 1986 gegründet, um weiblichen Figuren der Kölner Historie gebührende Aufmerksamkeit zu widmen. Frauengeschichtsverein, Höninger Weg 100a, 50969 Köln (gegenüber der KVB-Haltestelle Pohligstraße), Kontakt: Tel.: 0221 / 24 82 65, Bürozeiten: Dienstag und Donnerstag 10 – 13 Uhr und nach Absprache.

Als es Jahre nach dem Wiederaufbau in den 1980er Jahren daran ging, den Turm wieder mit Figuren zu versehen, enthielt die Liste für die geplanten Skulpturen 119 Männer- und nur fünf Frauennamen. Dem Frauengeschichtsverein, allen voran Irene Franken, gelang es, die Zahl der weiblichen Figuren auf 18 zu erhöhen. Eine Figur spendete der Verein selbst, die von Anna Maria van Schürmann. 1607 in Köln geboren, zog van Schürmann als Kind nach Utrecht. Sie gilt als eine der gelehrtesten und begabtesten Frauen des 17. Jahrhunderts.

130 Mitglieder hat der Verein

Auch kritisierte sie schon, dass in den Geschichtsbüchern „von den Spuren der Frauen nicht mehr erscheint als von den Spuren eines Schiffes im Meer“. Neben Führungen halten die Mitglieder des Vereins – rund 30 aktive und um die 130 Fördermitglieder – Vorträge, organisieren zahlreiche Ausstellungen, Film-Matinéen und Exkursionen. Einen Großteil der Arbeit macht die Recherche aus. „Zu Beginn war das Suchen nach Informationen über Frauen wie nach Gold graben – unglaublich schwierig“, schildert Hoerner. Mittlerweile hat der Verein zahlreiche Bücher und Publikationen herausgebracht, er hat eine eigene Bibliothek, jede Menge Dossiers und ein Archiv, in dem er Schriftgut, Flugblätter, Plakate sammelt zur Kölner Frauenbewegung nach 1968 und Lesben- und Migrantinnengeschichte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ein aktuelles Projekt, das der Frauengeschichtsverein mit der Stiftung Frauenleben und dem städtischen Amt für Gleichstellung bearbeitet, ist der digitale Frauen-Stadtplan. „Hundert Einträge gibt es schon, aber das Projekt ist noch im Prozess“, informiert Hoerner. Im März ist der Verein von der Innenstadt nach Zollstock gezogen. „Wir brauchten mehr Platz, unser Archiv ist in den ganzen Jahren stetig gewachsen“, so Hoerner. Sie und ihre Mitstreiterinnen sind stolz auf ihre Erfolge. „Bei einem Empfang nannte uns Oberbürgermeisterin Reker das Frauengedächtnis der Stadt. Das ist eine tolle Anerkennung“, freut sich Hoerner.