Die Kölner SPD wird erstmals in ihrer Geschichte von einer Doppelspitze geführt. Bei einem Parteitag am Samstag wurden Claudia Walther (59) und Florian Schuster (28) zu neuen Co-Parteivorsitzenden gewählt. Sie folgen auf Christiane Jäger (58), die seit 16. März 2019 als erste Frau an der Spitze der Köln-SPD gestanden hatte und mit Verweis auf berufliche Gründe nicht mehr angetreten war.
Die 267 Delegierten im Gürzenich wählten Schuster in geheimer Wahl mit deutlicher Mehrheit. Er war bei der Landtagswahl im Mai im Wahlkreis Innenstadt/Kalk für die SPD angetreten, den erstmals die Grünen direkt holten. Bei der Wahl zum Parteivorsitz setzte sich Schuster mit 187 von 265 gültigen Stimmen (70,6 Prozent) klar gegen den Chef des SPD-Ortsvereins Nippes, Hans-Dietmar Eisele (68), durch, der 66 Stimmen (24,9 Prozent) bekam.
Knappes Rennen zwischen Walther und Snelting
Deutlich knapper verlief das Rennen zwischen Walther, die 2019 bei der Europawahl für die SPD kandidiert hatte, und der früheren Kölner Juso-Vorsitzenden Lena-Marie Snelting (29). Walther erhielt 137 von 266 gültigen Stimmen (51,5 Prozent). Snelting kam auf 126 Stimmen (47,4 Prozent). Ihre kämpferische Bewerbungsrede hatte der Parteitag mit donnerndem Applaus quittiert, während Walthers Auftritt verhaltener aufgenommen wurde. Am Ende überwog aber wohl der Wunsch vieler Delegierter, dass das Duo Walther/Schuster am ehesten geeignet sei, die Kölner SPD neu aufzustellen und die tiefen innerparteilichen Gräben zuzuschütten. Beide hatten im Vorfeld und auf dem Parteitag ausdrücklich betont, als Team für die Doppelspitze anzutreten.
„Tausend Dank für diesen Vertrauensbeweis. Wir sind ab heute mit euch zusammen das Team der Köln-SPD“, rief Walther nach der Wahl den Delegierten zu und betonte. „Das ist nicht der Sieg eines Lagers.“ Gemeinsam mit allen in der Partei wolle man für einen Neustart der Köln-SPD arbeiten.
Schuster hatte in seiner Rede betont, die SPD habe sich zu viel mit sich selbst beschäftigt, sie müsse aber für die Nöte der Menschen da sein. Es sei klar, dass es „kein Weiter so geben kann“. Er wünsche sich mehr Respekt und mehr Miteinander in der Partei und verfolge gemeinsam mit Walther das Ziel, „in Zukunft einiges besser zu machen als bisher“.
Abstimmung über die Möglichkeit zur Doppelspitze
Zu Beginn hatten die 267 Delegierten im Gürzenich in geheimer Wahl mit klarer Mehrheit von 78,5 Prozent dafür gestimmt, die Satzung der Kölner SPD zu ändern, um den bisher in einer Hand liegenden Parteivorsitz überhaupt an eine Doppelspitze aus einer Frau und einem Mann vergeben zu können. Hierfür war eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.
Lena-Marie Snelting entschied sich nach ihrer Niederlage bei der Vorstandswahl spontan dafür, als stellvertretende Vorsitzende zu kandidieren. Dabei setzte sie sich mit 63,6 Prozent klar gegen Friedhelm Hilgers (33,2 Prozent) durch. Kathi Letzelter (29) wurde in ihrem Amt als stellvertretende Vorsitzende bestätigt, sie ist die einzige, die auch dem alten Vorstand angehörte. Neu in den Kreis der Stellvertreter rückte Andre Schirmer (55) auf, neuer Schatzmeister wurde Ralf Heinen (59).
Es war der erste SPD-Parteitag seit mehr als dreieinhalb Jahren. In ihrer Abschiedsrede sagte Ex-Parteichefin Christiane Jäger, in ihrer Amtszeit habe es in der SPD "heftigste Zerreißproben" in Partei und Fraktion gegeben, "die meine ganze Energie brauchten, damit ich diesen Laden zusammenhalten konnte." Niemand wähle eine Partei, die sich dauernd streite, "wenn offensichtlich ist, dass es um nicht um die Sache und um beste politische Ideen geht, sondern um innerparteiliches Gezänk und das auch noch ohne Wertschätzung und ohne Respekt." Und niemand wähle Politiker, "die sich überwiegend und hauptsächlich mit sich selber beschäftigen", erklärte Jäger.
Auch die Kölner Bundestagsabgeordneten Rolf Mützenich und Karl Lauterbach mahnten die Genossen zu Beginn des Parteitags zu einem respektvolleren Umgang miteinander. "Solidarität ist Voraussetzung, um Erfolg zu haben", sagte Mützenich, Chef der SPD-Bundestagsfraktion. Gesundheitsminister Lauterbach betonte, die SPD stehe wie keine andere Partei für soziale Gerechtigkeit, gerade in Krisenzeiten wie heute. Beide bekamen stehenden Applaus von den Genossen.