Köln – Es soll eine neue grüne Lunge im Kölner Süden werden. Der geplante Grüngürtel des neuen Quartiers „Parkstadt Süd“ soll von der Luxemburger Straße bis zum Rheinufer reichen – aber es gibt zwei Probleme für die Stadt und ihr größtes Stadtentwicklungsprojekt: Das Bonntorcenter am Kreisel der Bonner Straße und ein großes Bürohaus am Rheinufer. Beide Eigentümer wollen nicht verkaufen, seit Jahren kommen die Verhandlungen nicht voran – mittlerweile hat der Besitzer des Bonntorcenters sogar einen Antrag auf Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster eingereicht. Er wehrt sich gegen den Regionalplan – dieser ist die Grundlage.
Muss die Stadt ihren Grünzug verkleinern, die Verwaltung spricht sogar davon, „zu gegebener Zeit andere Maßnahmen bis zur Enteignung zu prüfen“? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist die „Parkstadt Süd“ überhaupt?
150 Fußballfelder groß ist die Fläche der „Parkstadt Süd“ zwischen Rhein und Universität. Das Ziel ist es, den Inneren Grüngürtel zu vollenden und bis zum Rhein zu ziehen. Zusätzlich sollen neue Häuser 3000 bis 4000 Wohnungen beherbergen, Platz für 4000 bis 5000 Arbeitsplätze bieten. Die Verwaltung bezeichnet das Quartier „als beispiellos und unverzichtbar für die wachsende Stadt“. Grün- und Freiflächen sollen 63 Prozent ausmachen, Bauten 37 Prozent. Rund zehn bis 15 Jahre hat die Stadt veranschlagt. 2023 soll es richtig los gehen, die ersten Abbrucharbeiten laufen seit Oktober.
Was ist ein Regionalplan, und was regelt er?
In den Regionalplänen wird die Entwicklung einer Stadt erarbeitet, die Bezirksregierung Köln entscheidet darüber. Die Behörde hat den neuen Grüngürtel genehmigt, er ist am 18. April 2019 in Kraft getreten – doch der Besitzer des Bonntorcenters wehrt sich dagegen. Tut er das nicht, hat er ein Problem, denn eine Sprecherin der Bezirksregierung sagt: „Sofern die Stadt Köln auf diesem Gebiet Bauleitplanung betreibt, muss sie (...) ihre Planung an das damit wirksam gewordene Ziel anpassen.“ Meint: Die Stadt ist verpflichtet, den Grünzug umzusetzen – das verbessert ihre Chancen und setzt die Hausbesitzer unter Druck.
Was machen die Hausbesitzer dagegen?
Der Besitzer des Bonntorcenters wehrt sich gegen die Regionalplanänderung vor dem OVG, sein Anwalt Lars Diederichsen sagt: „Das ist eine gezielte Strategie der Stadt Köln. Mit dem Regionalplan versucht die Stadt, über diesen Weg an der Stelle die ’Parkstadt Süd’ wie geplant zu realisieren. Die Stadt Köln ist an die Zielvorgaben gebunden, wenn der Plan rechtskräftig wird.“ Laut OVG-Sprecherin gilt der Plan nun erstmal, trotz der Klage. Erst ein Urteil würde ihn aufheben. Zu den Verkaufsverhandlungen sagt Diederichsen: „Die Stadt Köln hat bis heute kein verhandelbares Kaufangebot vorgelegt.“ Sein Mandant wolle aktuell nicht verkaufen.
Ist der Besitzer des Bonntorcenters allein damit?
Nein, ist er nicht. Am Rheinufer vor der Straße soll der neue Park enden, doch dort steht ein Bürohaus der Polis Immobilien AG aus Berlin, ein Mieter ist unter anderem die Technische Hochschule Köln. Ein Polis-Sprecher sagt: „Jedenfalls gibt es keine Verkaufsgedanken oder -bestrebungen.“ Zu Gerüchten äußere die Firma sich nicht. Auf die Frage, ob die Polis vor dem OVG klage, sagte der Sprecher: „Dazu äußern wir uns nicht.“ Zuletzt hatte die Stadt sich aber vom Land das große Schlüsselgrundstück der Domgärten für 70 Millionen Euro gesichert, es liegt zwischen Bonntorcenter und dem Bürohaus am Rhein. Für die „Parkstadt Süd“ ist das ein wichtiger Schritt.
Welche Optionen hat die Stadt Köln?
Die Frage ist: Wollen die Besitzer tatsächlich nicht verkaufen oder nur den Preis hochtreiben? Nur: Die Grundstücke gehören nun mal nicht der Stadt, sie ist demnach in der Bringschuld. Die Verwaltung teilt zu den Gesprächen mit: „Eine Einigung konnte jedoch bisher nicht erzielt werden. Die Verhandlungen ruhen derzeit, können aber jederzeit wieder aufgenommen werden.“ Die Verwaltung sehe weiter gute Chancen für einen „freihändigen Erwerb“ der Häuser – die Aussagen der Hausbesitzer widersprechen dieser Einschätzung massiv. Muss die Stadt am Ende sogar versuchen, die Besitzer zu enteignen? Die Verwaltung teilt dazu mit: „Sollten die Gespräche wider Erwarten erfolglos verlaufen, würde die Stadt zu gegebener Zeit andere Maßnahme bis hin zur Enteignung prüfen.“
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Es ist eine bemerkenswerte offensive Aussage. Schon 2018 hatte Anwalt Diederichsen gesagt: „Wenn die Stadt wirklich eine Enteignung plant, würden wir uns mit Händen und Füßen dagegen wehren. So ein Verfahren kann Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern.“ Und: „Dann soll die Stadt eben ihren Grüngürtel um das Bonntor-Center herumlegen.“
Gibt es eine Vorgeschichte in dem Streit?
Ja, und die ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (wir berichteten). Denn die Stadt hatte eine fehlerhafte Sanierungssatzung für die „Parkstadt“ erstellt. Die Satzung hätte ihr Zugriff auf Grundstücksverkäufe oder die Verlängerung von Mietverträgen verschafft, Hausbesitzer müssen sie in diesem Fall von der Stadt genehmigen lassen. Ein gutes Instrument für die Stadt, um Flächen zu kaufen und die „Parkstadt Süd“ voranzutreiben. Doch das Gericht kassierte die Satzung, unter anderem der Bonntorcenter-Besitzer hatte geklagt. Seinerzeit musste der Stadtrat wegen des Fehlers ein besonderes Vorkaufsrecht beschließen lassen, um sich den Zugriff sichern zu können.
Wie geht es jetzt weiter?
Vor dem OVG kann es dauern, die Sprecherin sagt: „Ein konkreter Entscheidungstermin ist derzeit noch nicht absehbar.“ Das passt gut zur „Parkstadt Süd“, auch der Umzug des Lebensmittel-Großmarkts an der Bonner Straße kommt nicht voran.