Köln – Kaum 200 Leihräder der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) waren zuletzt noch auf den Kölner Straßen unterwegs. Der Großteil der Flotte ist noch immer aus dem Verkehr gezogen, nachdem junge Täter einem Aufruf im sozialen Netzwerk TikTok gefolgt sind und die Schlösser in großem Stile zerstört hatten. Jetzt sind die ersten zurück, ausgestattet mit einem neuen Schloss anderer Bauart. Still und heimlich hat das sogenannte „Rollout“ begonnen. 100 Räder mit der neuen Technik sollen schon zur Leihe bereitstehen, ist aus KVB-Kreisen zur hören.
Offiziell äußert sich aus der Geschäftsstelle niemand mehr zu den neuen Schlössern. Nur so viel: es sei ein Testlauf. Der Grund für die Zurückhaltung liegt auf der Hand. Erregt die jüngste Auslieferung der neuen Schlösser zu viel Aufmerksamkeit, könnte das Wiederholungstäter oder Nachahmer auf den Plan rufen.
Probelauf für die neue Technik
Auf den ersten Blick scheint das neue Schloss deutlich robuster zu sein als das Vorgängermodell. Das macht sich auch im Gesamtgewicht bemerkbar. Etwa ein Kilogramm schwerer soll die neue Variante jedes Rad machen. Der seitliche Bereich, der bei den Vorfällen der vergangenen Wochen etwa mit einem Stein eingeschlagen wurde, ist nun beidseitig mit Metallschienen verstärkt. Bisher bestand die Verkleidung nur aus Kunststoff. „Idiotensicher“ solle das neue Modell nun sein. Um es zu knacken, sei mindestens ein Brecheisen nötig.
Der Probelauf muss nun zeigen, ob die neu eingebaute Technik hält, was sie verspricht. Oder ob die laut Polizei oft jugendlichen Täter die Entwicklung als neue Herausforderung sehen. Dazu sollte man wissen: Trends und sogenannte Challenges, die über soziale Netzwerke verbreitet werden, verschwinden oft so schnell wie sie gekommen sind. Was nicht automatisch heißt, dass die KVB und ihre Räder nun wieder sicher sind. Sicherheit ist dazu nur ein Aspekt, Funktionalität ein anderer.
Wenn die Schlösser zwar sicher sind, der Schließmechanismus bei häufiger Nutzung wie vereinzelt bei der alten Variante klemmt, ist niemandem geholfen. Erst wenn der Test zeigt, dass die veränderten Eigenschaften der Räder ebenso sicher wie praxistauglich sind, dürfte die ursprünglich 3000 Räder umfassende Flotte wieder auf die alte Größe aufgestockt werden.
Deutsche Bahn
Auch die Deutsche Bahn, die unter dem Namen „Call a Bike“ eine Leihrad-Flotte in Köln betreibt, kämpft mit ähnlichen Problemen wie die Kölner Verkehrsbetriebe. „Leider sind Leihräder in Berlin und Köln derzeit vermehrt Ziel von Vandalismus“, sagt eine Bahnsprecherin auf Anfrage.
Die Deutsche Bahn stünde hierzu in engem Austausch mit den zuständigen Sicherheitsbehörden und weiteren Leihrad-Anbietern. „Jeden nachgewiesenen Fall von Vandalismus bringen wir konsequent zur Anzeige.“
Zum Ausmaß und zur Art der Vorfälle äußert sich die Bahn nicht. Auch die Frage, ob es einen Zusammenhang mit der TikTok-Challenge stehen, von denen die KVB-Räder betroffen waren, lässt die Bahn unbeantwortet.
Die „Call a Bike“-Räder hat die Bahn bereits 2004 in Köln eingeführt. Zwischenzeitlich war Autobauer Ford bis 2020 als Partner mit dabei. (sim)
Der Schwerpunkt der Vorfälle hatte sich seit Ende März laut Polizei in der Nähe von Schulen ereignet. 30 tatverdächtige Jugendliche konnte die Polizei bereits ausfindig machen. Der Betreiber der KVB-Räder, Nextbike, hatte die die Plattform TikTok nach den ersten Fällen aufgefordert, die Video zu löschen, TikTok musste die Daten der Video-Ersteller rausrücken. Nach der ersten Welle der Zerstörung beschränkten die KVB das Angebot auf die linke Rheinseite. Dies bleibt vorerst weiter so.