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Mammutprozess neu aufgerolltFreisprüche nach Stadtarchiv-Einsturz aufgehoben

Lesezeit 3 Minuten
waidmarkt_dpa

Das Stadtarchiv stürzte 2009 in die obere Etage der KVB-Baugrube am Waidmarkt. 

Köln – Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat nach monatelangen Untersuchungen die Freisprüche von zwei Bauleitern im Zusammenhang mit dem Einsturz des Stadtarchives aufgehoben. Damit wird mehr als zwölf Jahre nach der Katastrophe der Mammutprozess teilweise noch einmal aufgerollt. Eine andere Kammer des Landgerichts Köln muss nun entscheiden. Wann es zu einer neuen Verhandlung kommen könnte, war am Mittwoch noch nicht abzusehen.

Die beiden Bauleiter waren im Oktober 2018 vom Landgericht Köln vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Die Richter hatten festgestellt, dass die Bauleiter der ausführenden Firmen gegen die Sorgfaltspflicht bei der Betreuung der Baugrube am Waidmarkt verstoßen hatten. Dies sei aber nicht die Ursache für den Einsturz gewesen. Deshalb hatte das Gericht die zwei Männer freigesprochen. Die Kölner Staatsanwaltschaft legte dagegen Beschwerde ein und erzielte nun einen juristischen Erfolg vor dem obersten Gericht.

Urteil in allen Bereichen aufgehoben

Die Urteile des Landgerichts Köln vom Oktober 2018 seien in allen Bereichen aufzuheben, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Franke und findet deutliche Worte. Das Kölner Landgericht habe seinerzeit die fehlenden Abstimmungen auf der Baustelle nicht berücksichtigt, das Fehlen engmaschiger Kontrollen und die „gehäufte Anzahl von Zwischenfällen außer Betracht gelassen“, moniert er. „Darin liegt der Rechtsfehler.“ Außerdem habe es während der Bauphase keine Übergabe zwischen den Bauleitern gegeben. Dass das Verfahren in Teilen neu aufgerollt wird, war nach dem ersten Verhandlungstag im Juli 2021 fast zu erwarten. Die Vertreterin der Generalbundesanwaltschaft betonte, dass das Urteil der Kölner Richter „durchgehend fehlerhaft“ sei. Die Freisprüche müssten zurückgenommen werden.

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Bei dem Unglück am 3. März 2009 waren zwei Menschen gestorben, es entstand ein Sachschaden in dreistelliger Millionenhöhe. Ursache war eine 27 Meter tiefe Baugrube in unmittelbarer Nähe des Stadtarchivs für den Bau einer unterirdischen Stadtbahn. Nach den Feststellungen des Landgerichts Köln war eine seitliche Wand gegen das Eindringen von Grundwasser nicht fachgerecht gebaut worden, so dass sie dem Wasserdruck nicht standhielt. Das eindringende Wasser spülte auch Sand und Erdreich in die Baugrube, wodurch unter den anliegenden Gebäuden ein Hohlraum entstand, der dann zu deren Einsturz führte.

In dem Fall laufen noch Revisionen zu den Urteilen des KVB-Bauüberwachers und eines Oberbauleiters. Sie sind vom Landgericht wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Dagegen hatten sie Revision eingelegt. Wann der BGH in diesen Fällen entscheidet, ist nicht bekannt. An der Verkündung nahm am Mittwoch auch der Halbbruder eines Getöteten teil. Er sagte: „Es ist für mich und meinen Vater belastend, dass der Prozess so lange kein Ende findet.“