Machtkampf in Kölner CDUThomas Breuer will Bernd Petelkau als Parteichef ablösen
Lesezeit 4 Minuten
Köln – Das Namensschild vor Thomas Breuers Platz im Konferenzsaal des Lindner-Hotels ist an diesem Donnerstagmittag eingeklappt – ganz so, als wisse jeder, wer sich gleich zum ersten offiziellen Gegenspieler des langjährigen CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau aufschwingt. Dabei sagt ein Kenner des politischen Betriebs: „Wo kommt der denn plötzlich her?“
Tatsächlich ist Breuer (67) seit 2014 Rentner, so ist es auch im Lebenslauf notiert, den Breuer an die Kölner Medien verteilt. Dann sagt er Richtung Petelkau: „Eine andere Meinung muss wieder willkommen geheißen werden und nicht als Störung des Friedens gelten.“
Breuer will Partei- und Fraktionsvorsitz trennen
Seit Donnerstag ist also klar: In der CDU gibt es mal wieder eine Alternative zu Bernd Petelkau, der seit 2012 im Amt ist. Breuer will Partei- und Fraktionsvorsitz trennen, der neue Vorstand soll keine Mandate haben und das Profil herausarbeiten, die CDU wieder wählbarer machen. Die Botschaft: Geld ist mir egal, es geht um die Sache.
Bei Petelkau ist das anders, peu à peu hat er sich zum Berufspolitiker entwickelt, sitzt im Landtag, häuft Ämter – und steht vor allem aufgrund der miesen Wahlergebnisse unter seiner Leitung in der Kritik. Bei der Europawahl 2019 holte die Kölner CDU nur 19,79 Prozent, bei der Kommunalwahl im Jahr darauf 21,49 Prozent, das schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Auf der anderen Seite hat Petelkau der Partei im Stadtvorstand Posten gesichert und in Henriette Reker eine – wenn auch – parteilose Oberbürgermeisterin auf seiner Seite. Nur: Um welchen Preis, wenn immer weniger die CDU wählen?
Für Petelkau bedeutet die Machtfülle eine Absicherung gegen innerparteiliche Kritik, seine Gegner hingegen befürchten, dass die tagesaktuelle Arbeit der Fraktion im Stadtrat immer von Kompromissen mit den Grünen geprägt ist und auf lange Sicht das Profil der CDU verloren geht.
Alt-Oberbürgermeister Schramma fungiert als Sprecher
Seit 28. Oktober 2020 ist die interne Opposition namens „Lust auf CDU“ aktiv, jetzt legt sie offiziell los. Alt-Oberbürgermeister Schramma (73) als ihr Sprecher hatte am 22. Juni seinen Ehrenvorsitz niedergelegt, als bekannt wurde, dass CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz neuer Wirtschaftsdezernent werden soll – obwohl er den Deal zur Stadtwerke-Affäre 2018 unterzeichnet hatte.
Laut Schramma hat Petelkau jedes Gesprächsangebot abgelehnt – und auch die Frist bis zum 4. Juli ignoriert. Der OB außer Dienst keilt kräftig: „Dass man von dieser Struktur nur lebt, dass man macht- und geldgierig ist, aber wenig mit Kommunikation und Diskurs zu tun hat, das ist schon schlimm.“ Petelkau erhält für sein Landtagsmandat monatlich 9330,22 Euro, und unter anderem hat er 2020 als Aufsichtsratschef der Rheinenergie laut seiner Internet-Seite 67 640 Euro bekommen. Und: „Er verteilt zum Teil Bonbons ganz geschickt, damit begibt man sich in Abhängigkeiten.“
Petelkau schweigt zu den Vorwürfen
Petelkau sagte zu diesen Vorwürfen auf Nachfrage: nichts. Es ist seit Jahren seine Taktik, auf diese verbalen Kämpfe gar nicht erst einzugehen, um sie dadurch nicht aufzuwerten. Er sagt: „Ich werde mich dem Wettbewerb um den Parteivorsitz und dem sachlichen Diskurs selbstbewusst stellen. Das ist gelebte innerparteiliche Demokratie.“
Das ist Thomas Breuer
1954 ist Thomas Breuer in Köln geboren worden. Er ist seit 1976 verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Mit seiner Frau lebt der 67-Jährige die Hälfte des Jahres in Istanbul, falls er neuer CDU-Parteichef wird, will er aber öfter in Köln sein. Er hat Betriebswirtschaftslehre studiert , 34 Jahre bei der früheren städtischen GEW gearbeitet, die in der Rheinenergie aufgegangen ist. Elf Jahre davon war er Arbeitsdirektor und verantwortlich für das Personal.
Letztlich läuft es darauf heraus, wer bei der Versammlung mehr Mitglieder für sich mobilisiert, zuletzt waren die Treffen der Kölner CDU eher so unterhaltsam wie ein 0:0 ohne Torchancen. Hört man sich am Donnerstag in der Partei um, ist es wie in einer Gummibärentüte: Irgendwie ist für jeden etwas dabei. Beispielsweise sagt Thomas Richter, Chefs des Stadtbezirks Kalk: „Ich unterstütze die Kandidatur, weil Thomas Breuer jemand ist, der etwas von Menschenführung versteht.“ Auch der Chef der Kölner Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) als wirtschaftspolitische CDU-Flügel, Karl Alexander Mandl, sagt: „Thomas Breuer ist ein kluger Kopf, der der Kölner CDU gut zu Gesicht stünde.“
Andere hingegen wie Bernd Ensmann, Vorsitzender der Senioren-Union, sagen: „Davon halte ich gar nichts. Bernd Petelkau hat alle seine Funktionen durch demokratische Wahlen geholt.“ Der Porzer Stadtbezirkschef Werner Marx sagt: „Ich weiß nicht, ob jemand mit 67 Jahren noch für einen Aufbruch steht.“ Bedient sind die Kandidaten für die Bundestagswahl am 26. September. Karsten Möring: „Solche Diskussionen sollten nicht während eines wichtigen Wahlkampfes geführt werden.“
Wann die Wahl stattfindet, ist offen, eigentlich ist sie längst überfällig. Petelkau und Co. sind nur bis 2020 gewählt, doch durch die Pandemie ist die Wahl verschoben, nach der Sommerpause gibt es einen neuen Anlauf – ein torloses Remis ohne Aufreger ist sicher nicht zu erwarten.