Köln-Lindenthal – Sie ist ein Ungetüm, das einfach nur die Sicht von der Dürener Straße aus auf den Äußeren Grüngürtel verstellt, auf den ersten Blick. Um den architektonischen Charme der RWE-Verwaltungszentrale am Stüttgenhofweg 2 zu entdecken, müssen Betrachter schon genauer hinschauen. Ulrich Krings vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege erklärt bei einer Führung, was es mit dem Gebäude auf sich hat: Sein besonderer Reiz liege in der Tablarstruktur, die sich aus den aufeinander gestapelten Geschossen ergibt, die durch mit dunkelbraunen Metallpaneelen verkleidete Balkon-Brüstungen betont wird.
Gebäude mit sprödem Charme in Köln-Lindenthal
Vier Versorgungstürme, in denen sich Aufzüge und Treppenhäuser befinden, rahmen das blockartige Gebäude, sorgen mit ihrer helleren Farbe, ihren unterschiedlichen Höhen und ihren abgerundeten Ecken für Kontrast, verleihen ihm Lebendigkeit. Etwas spröde sei der Charme, gibt Krings zu, aber an den weiten Grünflächen der Parkanlage entfalte der Bau eine besondere Wirkung, wie ein Kastell. Er ist Teil der Kölner Stadt- und Wirtschaftsgeschichte, ein Industriedenkmal – und vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege nun zum „Denkmal des Monats“ erhoben.
Mit diesem Titel würdigt der Verein regelmäßig Bauten, die nicht unbedingt in die Denkmalliste eingetragen sind. Es handelt sich vielmehr um solche, die unbekannt, nicht ausreichend beachtet oder vom Abriss bedroht sind. So ist die Zukunft des Verwaltungsgebäudes aus den 70er-Jahren ungewiss, denn RWE wird Ende 2024 ausziehen.
Das Unternehmen hat das Gebäude bereits an ein Konsortium zweier Immobilienfirmen in Hamburg und Berlin verkauft. Es will das im Kölner Stadtwald gelegene Bürogebäude in Seniorenwohnungen umbauen. 400 Wohnungen könnten im Grünen entstehen. Konkrete Pläne gibt es aber noch nicht – dafür Stimmen in der Politik und aus den Reihen der Bürgervereine, die sich wünschen, dass das Gebäude anders genutzt wird.
Rat lässt Schulstandort prüfen
Der Stadtrat hat die Verwaltung beauftragt, zu prüfen, ob für eine neue Gesamtschule eignet. Die Stadt könnte die Baugenehmigung mit Auflagen versehen, welche die Art und Weise der Nutzung beschränken. Eine deutliche Beschränkung ergebe sich, wenn das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wird. Genau das aber streben die Denkmalpfleger nun an. Der Umbau in ein Seniorenwohnhaus setzt nämlich Veränderungen an dem Bau voraus, den der Rheinische Verein für Denkmalpflege kritisch sieht: So müssten die für die 70er-Jahre-Architektur typischen Balkone entfernt werden, damit es mit bodentiefen Fenstern ausgestattet werden kann.
Rheinischer Verein für Denkmalpflege
Der Rheinische Verein für Denkmalpflege würdigt regelmäßig Bauten, die nicht unbedingt in die Denkmalliste eingetragen sind. Es handelt sich vielmehr um solche Objekte, die unbekannt, nicht ausreichend beachtet oder vom Abriss bedroht sind.
Auch Alexander Kierdorf, Vorstandsmitglied des Vereins Rheinische Industriekultur, kritisiert das Vorhaben: „Das wäre nicht im Sinne der ästhetischen Bedeutung des Gebäudes für Nachkriegsarchitektur, die Stadtgeschichte und als Industriedenkmal“, so Kierdorf. „Sicher hat sich die RWE Power, die damals noch Rheinbraun hieß, hier selbstbewusst an eine Stelle begeben, an der sonst wohl kein Bürger hätte bauen dürfen“, sagte Kierdorf, aber nun stünde das Gebäude nun einmal dort. Es abzureißen, bedeute nicht nur die Vernichtung eines erhaltenswerten Baus, sondern sei auch deutlich unwirtschaftlicher als es anders zu nutzen.
Bürgerverein kritisiert Umwandlung in Seniorenwohnungen
Vertreter der Bürgervereine im Westen sehen die von dem Investor anvisierte Umwandlung in Seniorenwohnungen ebenfalls kritisch: „Es gab schon beim Bau der Verwaltungszentrale große Proteste“, sagt Hildegard Jahn-Schnelle vom Bürgerverein Müngersdorf. „Wir glauben nicht, dass eine Umnutzung möglich ist. Jeder neue Eigentümer wird versuchen, sich hier noch weiter breit zu machen. Wir denken, es wäre besser, wenn es niedergelegt wird.“
Astrid Franzen von der Bürgerinteressengemeinschaft Junkersdorf teilt diese Befürchtung: „Wenn das Gebäude einem privaten Investor überlassen wird, hat man keine Kontrolle mehr darüber, was dort geplant wird. Dann werden weitere Gebäude errichtet, weil sich das Vorhaben sonst nicht rentiert.“ Sie verweist auf bestehende Pläne in der Politik, an dieser Stelle den neuen Landschaftspark Grünzug-West zu schaffen. Friedmund Skorzenski von der Bürgerinitiative Grüngürtel für Alle! hat hingegen Nutzungsvorschläge: „Wenn das Gebäude erhalten bleibt, möchten wir, dass es der Öffentlichkeit zur Verfügung steht“, so Skorzenski. „Das tut es nicht, wenn dort, wie vorgesehen, hochpreisige Wohnungen geschaffen werden. Es solle eher als Studentenwohnheim, Schule oder als Museum dienen – beispielsweise für fossile Energien.“