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„Nicht nur zugucken“Das will Lindenthals erste grüne Bezirksbürgermeisterin verändern

Lesezeit 5 Minuten
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Cornelia Weitekamp an den Lindenthaler Kanälen

Cornelia Weitekamp ist die erste grüne Bezirksbürgermeisterin in Lindenthal. Sie löst nach 21 Jahren Helga Blömer-Frerker (CDU) im Amt ab. Wir haben uns mit ihr zu einem Spaziergang durch den Stadtbezirk getroffen.

Sie haben Ihr Büro im Bezirksrathaus nun bezogen. Was war Ihre erste Amtshandlung?

Weitekamp: Ich hatte ziemlich schnell Kontakt mit den Bürgern. Sie schreiben sehr viele E-Mails.

Macht es einen großen Teil der Arbeit einer Bezirksbürgermeisterin aus, diese zu lesen und zu beantworten?

Das nimmt viel Zeit in Anspruch. Es ist allerdings natürlich nicht meine Hauptbeschäftigung. Das ist eher die politische Arbeit. Ich sehe mich als Verbindung zwischen der Politik im Bezirk und der Verwaltung und versuche, das Scharnier zu sein, um die Zusammenarbeit möglichst gut zu gestalten.

Sie sind ja neu in der Politik. Wann sind Sie Mitglied bei den Grünen geworden und warum bei dieser Partei?

Ich bin ungefähr vor einem Jahr Mitglied geworden bei den Grünen, weil ich sie schon, seitdem es sie gibt, mit Sympathie betrachtet und fast immer auch gewählt habe.

Gibt es etwas, das Ihre politische Sicht der Dinge geprägt hat?

In den 1980er Jahren war es bereits ein Thema, dass die Ressourcen auf der Erde endlich sind und wir nicht einfach so weiter machen können. Es gab darüber den Bericht „Global 2000“. Wenn man dann über Jahrzehnte hinweg beobachtet, dass gar nichts passiert, macht einen das wütend und hilflos oder man sagt sich: Ich möchte nicht die ganze Zeit nur zugucken. Ich hätte die Energie neben meinem Job als Anwältin nicht gehabt, politisch aktiv zu sein, aber mit Renteneintritt ergab sich der zeitliche Freiraum.

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Was sind denn die wichtigsten Themen im Stadtbezirk Lindenthal?

Das Verkehrsthema ist für uns wichtig. Das ist wohl das, was auch den Bürgern am meisten auf der Seele brennt. Die Frage ist, wie können wir das Geschehen so verändern, dass wir nicht immer mehr klimaschädliche Gase in die Luft pusten und wie können wir bewirken, dass mehr Menschen darüber nachdenken, ob und wann sie ein Auto brauchen? Ich lasse meines so oft wie möglich stehen, weil es viele Gelegenheiten gibt, bei denen man es nicht unbedingt benötigt.

Es ist ja allerdings so, dass die Autos, die nur herumstehen, viel öffentlichen Raum blockieren. Wäre Car-Sharing da nicht besser?

Eigentlich wollte ich mein Auto mit Eintritt in den Ruhestand verkaufen, aber dann kam Corona, und da war ich teilweise froh, wenn ich einfach nur ins Auto einsteigen und die Bahn, in der viele Menschen unterwegs sind, meiden konnte. Aber ich habe nach wie vor die Absicht, es zu verkaufen.

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Am Ausbau des FC-Trainingsgeländes scheiden sich die Geister.

Die Grünen haben im Stadtbezirk Lindenthal auch deswegen sehr stark an Sitzen gewonnen, weil viele Bürger die Pläne des FC, ihr Trainingsgelände im Äußeren Grüngürtel auszubauen, ablehnen. Glauben Sie, dass die Grünen im Stadtbezirk dagegen etwas ausrichten können?

Das ist natürlich eher Aufgabe des Stadtrats. Dort haben wir immer noch nicht die Mehrheit, auch wenn die CDU meint, die Grünen kämen daher, als wenn sie 62 und nicht 26 Personen dort sitzen hätten. Es ist aber fraglich, ob sich die Parteien, die sich vor der Wahl so stark dafür gemacht haben, dass der FC seine Pläne verwirklichen kann, jetzt zu der Einsicht kommen, dass die meisten Wähler das nicht wollen und sie dafür abgestraft worden sind.

Es ist auch vielleicht politisch nicht ganz sauber, wenn man den Beschluss eines Parlaments, das in einer anderen Legislaturperiode durch die Wählerstimme legitimiert war, ihn so zu treffen, nun wieder zurücknimmt?

Ich bin ja Juristin. Nach meiner bisher nicht sehr vertieften Prüfung, wäre es so, dass man in dem Fall tatsächlich ein erneutes Verfahren anstoßen könnte, was aber bedeuten würde, dass das gesamte Planverfahren noch einmal durchgeführt werden muss. Man kann also nicht das einmal abgeschlossene Verfahren einfach kippen. Man könnte aber, ein weiteres zum selben Thema machen und einen anderen Flächenplan beschließen. Das wäre natürlich ein großer Aufwand. Die Bürgerinitiative und die Naturschutzverbände werden aber auch gegen den Flächennutzungsplan klagen und falls eine entsprechende Baugenehmigung erteilt wird, auch gegen diese.

Cornelia Weitekamps Steckbrief

Hund oder Hennes? Da muss ich ja Hennes sagen. Ich habe aber nichts gegen Hunde.

Burger oder Halver Hahn? Halver Hahn

Gondel oder Bimmelbahn? Gondel

KVB oder Carsharing? KVB, Carsharing besteht ja auch aus Autos

Beatles oder BAP? Beides

Veedel oder Vorort? Veedel

Reihenhaus oder Altbauwohnung? Altbauwohnung

Holz oder Beton? Holz

Stadtwald oder Dürener Straße? Stadtwald

Kölsch oder Wein? Wein

Oper oder Loss mer singe? Alles zu seiner Zeit

Sneaker oder Budapester? Weder noch

Stunksitzung oder Prinzenproklamation? Stunksitzung

Was sind denn neue Pläne für den Stadtbezirk?

Wir streben an, Klima-orientierte Mittel für den Bezirk zu bekommen, weil wir denken, dass wir hier vor Ort durch die große Nähe zu den Bürgern im Kleinen einiges bewirken könnten. Wir stellen uns auch vor, dass es Klimabeiräte gibt, so dass die Bürger vor Ort von sich aus auf uns zukommen und bei uns Anträge stellen, beispielsweise um Dächer zu begrünen.

Bei unserem letzten Gespräch haben Sie gesagt, Sie möchten sich nicht immer darüber ärgern müssen, dass die Verwaltung die Beschlüsse der Bezirksvertretung nicht umsetzt. Jetzt hat die Stadtverwaltung den zweimal von der BV beschlossenen Kreisverkehr an der Berrenrather Straße, Ecke Weyertal in ihrer Planung durch eine Ampelanlage ersetzt und das der Politik nur mitgeteilt. Ärgern Sie sich jetzt?

Das erste, was man als Jura-Studentin lernt, ist die Allzuständigkeit des Rates. Sie steht an oberster Stelle, und wir sind ja so etwas, wie der kleine Rat. Wenn der Rat oder wir etwas beschließen, dann ist das in der Stadt Gesetz. Und die Verwaltung hat die Aufgabe, es umzusetzen. Sie ist befugt, die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse zu kontrollieren. Sie ist aber nicht befugt, ihr eigenes Urteil oder ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der politischen Entscheidungsgremien zu setzen.

Was können Sie dagegen unternehmen?

Zunächst werde ich auf die Verwaltung zugehen. Ich möchte jedenfalls, dass das künftig so gelebt wird, wie die Gemeindeordnung es vorsieht.